Während Frankreichs Justizminister Éric Dupond-Moretti verkündete, dass Femizide im vergangenen Jahr um 20 Prozent auf 94 Tötungen zurückgegangen waren, gehen Frauenrechtsorganisationen von einer bleibend höheren Zahl aus. Die Organisation "Nous Toutes" sprach von 134 Fällen 2023.
Elektronische Überwachung in der Schweiz
In Zürich läuft ein Pilotprojekt, bei dem potenzielle Täter und potenzielle Opfer elektronisch überwacht werden. Es geht um Frauen, die gerichtlich erreicht haben, dass ein Mann Abstand halten muss. Kommen sich die beiden Personen zu nahe, geht in der Überwachungszentrale ein Alarm los. Wenn das erfolgreich ist, soll es weitergeführt und auch in anderen Kantonen umgesetzt werden. Laut Statistik gab es 2023 in der Schweiz 25 Tote durch häusliche Gewalt, 20 davon waren Frauen und Mädchen. Im Juli tritt das neue Sexualstrafrecht in Kraft. Eine Vergewaltigung oder sexuelle Nötigung kann anders als bisher künftig auch vorliegen, wenn der Täter das Opfer nicht explizit bedroht hat. Im kommenden Jahr soll auch erstmals eine zentrale Telefonnummer eingerichtet werden, an die sich Gewaltbetroffene in der ganzen Schweiz rund um die Uhr wenden können.
Mehr Befugnisse für Polizeibeamte in Österreich
Männer, die Frauen bedrohen, können in Österreich ohne größere Umschweife aus dem gemeinsamen Zuhause geworfen werden. Dieses Annäherungs- und Betretungsverbot wurde voriges Jahr mehr als 15.000 Mal verhängt. Es gilt als wichtige Waffe gegen häusliche Gewalt. Im Unterschied zu vielen anderen Ländern entscheiden nicht Gerichte, sondern Polizeibeamte darüber, Gefährder für 14 Tage wegzuschicken. Diese müssen auch eine Beratung absolvieren. "Man kann damit Gewalt verhindern, die am Entstehen oder Explodieren ist", sagt Birgitt Haller vom Institut für Konfliktforschung in Wien.
Um Femizide zu verhindern, wären laut der Expertin jedoch weitere Maßnahmen nötig. Im Vorjahr wurden 26 solcher Tötungen dokumentiert. Haller hat eine Studie für mehrere Ministerien erstellt. Darin empfiehlt sie Informationskampagnen zu Hilfsangeboten von Polizei und Opferschutzeinrichtungen, die derzeit zu selten in Anspruch genommen werden. Außerdem fordert sie mehr Sozialarbeit mit männlichen Jugendlichen und bessere Gesundheitsangebote für psychisch kranke Männer.
"Code Rot" in Italien zum Schutz von Frauen
In Italien ist der Femizid seit Jahren in der Gesellschaft präsent. Im laufenden Jahr sind aktuellen Daten des Innenministeriums in Rom bereits mehr als 30 Frauenmorde begangen worden. Seit fünf Jahren gibt es den "Codice Rosso" (zu Deutsch: "Code Rot") zum Schutz von Frauen. Das Gesetz von 2019 ermöglicht etwa ein schnelleres Eingreifen der Polizei und der Gerichte zum Schutz der Frau bei häuslicher Gewalt, sodass vorläufige Festnahmen und der Einsatz von Fußfesseln bei Annäherungsverboten erleichtert werden.
Im November vergangenen Jahres hat die Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni angesichts einer Welle der Empörung in der italienischen Gesellschaft nach mehreren Femiziden weitere Maßnahmen gegen Gewalt gegen Frauen erlassen. Das Paket umfasst unter anderem eine verstärkte Überwachung von Männern, die sich häuslicher Gewalt schuldig gemacht haben. Außerdem sollten Zentren zum Frauenschutz aufgestockt werden.
In Griechenland haben Femizide und schwere häusliche Gewalt laut Innenministerium in den vergangenen Jahren zugenommen. Sie sorgen immer wieder für schreckliche Schlagzeilen und Empörung in der Bevölkerung. Zuletzt wurde eine junge Frau von ihrem Ex-Freund direkt vor einer Polizeiwache erstochen, in der sie zuvor um Hilfe gebeten hatte. Die Regierung hat nun eine Panic-Button-App entwickeln lassen, will das Bewusstsein der Menschen für häusliche Gewalt erhöhen und mehr Frauenhäuser und Anlaufstellen für Hilfe einrichten.
Die "Panikknopf-App" war zuvor als Prototyp bereits in den Großstädten Athen und Thessaloniki getestet worden und ist inzwischen landesweit sowohl für Frauen als auch für Männer verfügbar. Auf Knopfdruck mobilisiert die App die Polizei, die angehalten ist, sofort einzugreifen. Laut Innenministerium ist die Zahl der Hilferufe im Monat Mai im Vergleich zum Vorjahr um 60 Prozent gestiegen. Im selben Monat wurden 1000 Menschen wegen häuslicher Gewalt festgenommen.
Hohe Strafen für Täter in Zypern
In der EU-Inselrepublik Zypern ist Femizid seit Juli 2022 ein eigenständiges Delikt (Delictum sui generis). Dem Täter drohen hohe Strafen bis hin zu lebenslänglich. Mit dem Gesetz werde eine "gesellschaftlich beunruhigende Realität" sichtbar, hieß es im Parlament. In Zypern mit einer Bevölkerung von gut 900.000 Menschen gab es nach Angaben des Vereins zur Prävention und Behandlung von Gewalt in der Familie (SPAVO) in den vergangenen vier Jahren 22 Femizide.
Frauenrechtlerinnen in Türkei kritisieren Regierung
In der Türkei kämpfen Frauenrechtsorganisationen einen erbitterten Kampf gegen Femizide und Gewalt gegen Frauen. Als einen ihrer größten Widersacher sehen sie dabei die Regierung. Denn die ist vor gut drei Jahren aus dem internationalen Istanbul-Abkommen ausgestiegen, das Staaten dazu anhalten soll, Regeln und Gesetze zu etablieren, die Frauen besser schützen. Die Regierung unter Präsident Recep Tayyip Erdogan argumentierte, die nationalen Regeln seien bereits ausreichend.
Frauenrechtlerinnen kritisieren den Austritt als einen Gefallen an die Täter und beklagen, dass Gewalt an Frauen in der Türkei oft nicht ausreichend bestraft werde. Offizielle Zahlen zu Gewalt gegen Frauen veröffentlicht die türkische Regierung nicht. Die Plattform "Wir werden Frauenmorde stoppen" zählt Femizide und verdächtige Todesfälle von Frauen seit 2010. Allein in den ersten vier Monaten dieses Jahres sind demnach mehr als 120 Frauen in der Türkei von Männern getötet worden. 2023 waren es im gleichen Zeitraum knapp 90.