Kritik am Lockdown Der „Urschrei“ der Unternehmer

Öffnungen fordern jetzt über 2000 Mittelständler in einem Brandbrief. Dr. Josef Hingerl möchte am Sonntag im Golfhotel Fahrenbach noch mehr Mitstreiter gewinnen.

 
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Kritisiert die Lockdown-Politik, will seine unternehmerische Freiheit zurück, und wirbt für die Initiative „Wir stehen zusammen“: Rechtsanwalt, Hotelier­ und Golfplatz-Betreiber Josef Hingerl. Foto: /Archiv pr

Tröstau - Rechtsanwalt Josef Hingerl, Geschäftsführer des Golfhotels Fahrenbach, ist ein Freund deutlicher Worte: „Wenn wir nicht sofort aufmachen, gehen wir zugrunde.“ Der Inzidenzwert als Maßstab solle für die Öffnungen in allen Bereichen entfallen, fordert Hingerl. Denn wenn dieser bleibe, müssten allein in der Gastronomie und Hotellerie 70 Prozent Insolvenz anmelden.

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„Wir stehen zusammen“

Der in der Pandemie eingeschlagene politische Weg bringe Unternehmer in große Notlagen. Deshalb schloss sich der Wolfratshausener Hingerl, der in seiner Heimatstadt neben einer Kanzlei einen zweiten Golfplatz betreibt, der Mittelstands-Initiative „Wir stehen zusammen“ an.

Hier haben sich anfangs hauptsächlich namhafte oberbayerische Geschäftsleute zusammengetan, die nicht mehr weitermachen wollen wie bisher. Doch inzwischen schließen sich bayernweit immer mehr Firmeninhaber der Initiative an. Den Brandbrief unterschrieben allein bis Donnerstagabend 2102 Unternehmer, die 28  855 Arbeitsplätze bieten. Sie sehen durch den Lockdown ihre Zukunft, ihre unternehmerische Freiheit und die Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter bedroht.

Bayernweit Veranstaltungen

Derzeit laden Geschäftsleute bayernweit zu Informationsveranstaltungen ein, um weitere Mitstreiter zu gewinnen. Auch Josef Hingerl engagiert sich: Am Samstag spricht er in Wolfratshausen, am Sonntag um 17 Uhr im Golfhotel in Fahrenbach. Ziel der Veranstaltung in Tröstau ist, auch Unternehmer aus Oberfranken und der Oberpfalz ins Boot zu holen.

„Mit reicht es, es geht nicht mehr“, macht Hingerl deutlich. Alle Versuche, über Abgeordnete und Verbände Einfluss auf die Politik zu nehmen, hätten keinen Erfolg gebracht. Aus dieser Notlage heraus sei der „Urschrei der Unternehmer“ entstanden. Wie die derzeitigen Situation der Klein- und mittelständischen Unternehmer, insbesondere im touristischen und gastronomischen Bereich aussehe, will Hingerl am Sonntag am Beispiel Golfhotel Fahrenbach veranschaulichen. Seit Monaten wehe nun auch über dieses Golfhotel „still und leise der Wind“. Wenn sich nicht bald etwas ändere, könne er in Fahrenbach zusperren, sagt der Unternehmer. „Wir haben einen Umsatzeinbruch von einer halben Million Euro. Die Hilfen gleichen den Verlust nicht aus.“

Hygienesystem ist vorhanden

Schon im vergangenen Jahr arbeiteten seine Mitarbeiter mit viel Mühe ein „exzellentes Hygienesystem“ für das Golfhotel aus, das dem Gast trotz aller Einschränkungen „ein einigermaßen freudiges Aufenthaltserlebnis“ ermögliche. Doch nun gebe es keine Chance, dies einzusetzen.

„Wir sind alle am Ende“, meint Hingerl. 80 Prozent der Bevölkerung seien der Meinung, man könne nicht so weitermachen. Doch viele wagten es nicht, dies auszusprechen. „Wer traut sich denn noch, was zu sagen?“ Die Arbeitnehmer stünden mit dem Rücken zur Wand, die Gewerkschaften seien abgetaucht und die Beamten müssten loyal sein. Deshalb will Hingerl das Wort ergreifen. „Ich tue mir leicht, ich bin Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter.“ Sein Thema: Grundrechte, Grundrechte und nochmals Grundrechte.

Forderung nach Wende

Wichtig sei nun, eine Wende herbeizuführen und für gute Stimmung zu sorgen.„Denn es ist fünf nach zwölf – nein, eigentlich schon schon zehn nach zwölf“, sagt Hingerl.

Der offene Brief der Mittelständler:

„Wir stehen zusammen“ machen freie Unternehmer in dem offenen Brief deutlich. Sie fordern:

  • „Rückgabe der persönlichen und unternehmerischen Freiheit.
  • Eigenverantwortung und Selbstbestimmung im Umgang mit gesundheitlichen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Risiken.
  • Umgehende Wiedereröffnung der Betriebe.
  • Reduzierung von staatlicher Regulierung und Rückkehr zur freien sozialen Marktwirtschaft.“

Sie könnten nicht länger schweigen zu der politischen Grundrichtung, die parteiübergreifend seit längerer Zeit erkennbar sei, heißt es in dem Brief. „Wir wehren uns gegen die bestehende und zunehmende Bevormundung und Überregulierung der Wirtschaft und explizit des unternehmerischen Mittelstands. In der Corona-Krise wurden durch zwanghafte Eingriffe, einseitige Darstellungen und offensichtliche Hinhalte-Strategien, unter Ausblendung von gesellschaftlichen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgeschäden, Vertrauen und Glaubwürdigkeit vollständig verspielt.“

Die Unternehmer fordern, dass die Politik in Bayern, Deutschland und Europa eine positiv gestimmte Grundhaltung annehme. Freiheit und Selbstbestimmung müssten vor Regulierung und Zwang stehen.

„Unsere Freiheit und unser Wohlstand stehen auf dem Spiel. Wirtschaft und Gesellschaft florieren nur dann, wenn die Gesellschaft frei in ihren Gedanken und Handlungen ist. Sie gehen zugrunde, wenn Vorschriften und Bürokratie die Überhand gewinnen“, steht in dem offenen Brief.

Nur Politiker, die sich als Diener einer freien Gesellschaft verstünden, verdienten Unterstützung, da die Politik kein Selbstzweck sein könne. Weiter heißt es: „Wir werden nicht aufhören, für unsere Selbstbestimmung und Eigenverantwortung zu kämpfen und werden unsere Mitarbeiter und Mitbürger auffordern und motivieren, es uns gleich zu tun. Wir befinden uns an einem kritischen Punkt der gesellschaftlichen Entwicklung und bekennen uns dazu, unsere Wahlentscheidung in Abhängigkeit eines Einsatzes für echte Freiheit und eine positiv gestimmte Zukunft zu treffen.“