Biologe Mario Ludwig sagte dazu gegenüber Deutschlandfunk Nova, dass die Überlebenschancen der anderen Jungen erhöht werden, wenn das schwächste Glied – dessen Chance zu überleben sowieso gering wären – getötet wird.
Störche eigentlich fürsorgliche Eltern
In der Regel sind Störche fürsorgliche Eltern. Sie kümmern sich abwechselnd um den Nachwuchs, indem sie ihr Gelege aus drei bis fünf Eiern wärmen und den Jungtieren regelmäßig Futter bringen.
Grund für den Vorfall in Ungarn soll gewesen sein, dass Nahrungsmangel drohte. Im Frühjahr herrschte Dürre, Fische und Frösche – die bevorzugte Nahrung von Störchen – waren knapp..
Infantizid im Tierreich
Dass Eltern ihren Nachwuchs töten, kommt im Tierreich öfters vor. Dafür gibt es den Begriff „Infantizid“. Man bezeichnet damit die Tötung von Jungtieren durch die eigenen Eltern. In einigen Fällen kann sich das auch auf den Nachwuchs fremder Artgenossen beziehen.
Ein Beispiel sind Löwen. Manche von ihnen töten die Jungen ihres Vorgängers, sobald sie die Herrschaft über das Rudel übernommen haben, sagt Biologe Ludwig. Die Löwinnen, die sich sonst um den Nachwuchs kümmern müssten, stehen den neuen Männchen dann schneller als Fortpflanzungspartner zur Verfügung.
Schnell eigenen Nachwuchs zu bekommen, sei den Anführern von Rudeln besonders wichtig, da der Abstand zwischen den Geburten zwei bis drei Jahre beträgt, so der Experte. Da ihm durchschnittlich nur drei bis fünf Jahre bleiben, bis er wieder von einem jüngeren und stärkeren Männchen als Rudelchef abgelöst wird, müsse sich der Löwe eben beeilen, sagt Ludwig.
Infantizide werden somit unter anderem als Fortpflanzungsstrategie angewendet. Sie sind außerdem weit verbreitet - so etwa bei Braunbären, Pavianen, Schimpansen und zahlreichen Nagetieren.