Da nach derzeitigem Stand zwischen 160 und 190 Zuhörer in die Kulmbacher Petrikirche dürfen, plant Christian Reitenspieß für den 8. November eine Aufführung der frühen Bachkantate "Gottes Zeit ist die allerbeste Zeit" (BWV 106) in kleiner Besetzung und mit noch kleinerer instrumentalen Begleitung. Für den ersten Advent ist eine Aufführung von Benjamin Brittens Weihnachtskomposition "A Ceremony of carols" angesetzt. Dazu benötige man nur eine Harfenbegleitung, außerdem dauere das Stück gerade mal eine halbe Stunde. Bachs Markuspassion und Mendelssohns Lobgesang sollen dann im kommenden Jahr nachgeholt werden.
Was während der zurückliegenden Monate geblieben sei, war das Spiel der Orgel. "Das war das einzige Lebenszeichen der Kirche nach dem Lockdown", so Reitenspieß. Bis zu sechs Mal habe er pro Woche bei offener Kirchentür gespielt. Meist eher als öffentliches Üben. Mittlerweile hätten sich der Mittwochabend, 18.30 Uhr, in der Spitalkirche und der Sonntagmittag (11 Uhr) in der Petrikirche als "Musikalische Gebetszeiten" etabliert, auch während der Ferienzeit. Nicht nur die Kulmbacher selbst, auch viele Besucher der Stadt treten ein, lauschen ein wenig den Klängen und gehen wieder. Genauso sei das auch gewollt. "Man muss halt Fantasie mitbringen", stellt der Kantor fest.
Christian Reitenspieß wurde im mittelfränkischen Diespeck, bei Neustadt an der Aisch geboren. Im nahen Markt Erlbach spielte er zum ersten Mal die Orgel. Schon vorher, im Alter von neun Jahren, begann er mit dem Klavierspiel, mit zehn Jahren folgte die Posaune, ehe er sich mit elf für die Orgel entschied. Reitenspieß hat in Bayreuth Kirchenmusik studiert und in Hof sein Berufspraktikum absolviert. Nach 16 Jahren Tätigkeit wurde er im Oktober 2019 an seiner vorherigen Stelle in Melsungen, südlich von Kassel, in Nordhessen verabschiedet. Zuvor war er sechs Jahre lang im südhessischen Gelnhausen tätig. In Kulmbach ist er offiziell seit Anfang Dezember vergangenen Jahres tätig.