Kulmbach Der neue "Kunsttempel" erwacht

Klaus Klaschka

Cornelia Morsch und Soojin Kang präsentieren Filigranes und Handfestes im Turbinenhaus der Spinnerei. Das Gebäude scheint für Ausstellungen und Konzerte gleichermaßen gut geeignet.

 
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Kulmbach - Wenn die Stadt Kulmbach bei der Vernissage für eine Ausstellung im Turbinenhaus der ehemaligen Spinnerei gleich mit allen drei Bürgermeistern vertreten ist, Oberbürgermeister Ingo Lehmann von einem "Kunsttempel" spricht, dem seine Stellvertreter Frank Wilzok und Dr. Ralf Hartnack nicht widersprechen, dann scheinen die Überlegungen für die künftige Verwendung der Turbinenhalle bereits auf einem guten Weg zu sein. Allemal aus der Sicht des Kunstvereins. Denn die jetzige Ausstellung von Werken von Cornelia Morsch und Soojin Kang wäre in den bislang zur Verfügung stehenden Ausstellungsräumen in der Oberen Stadtgalerie und im Badhaus so zumindest keinesfalls möglich gewesen. Landrat Klaus Peter Söllner deutete an, dass man halt verhandeln müsse, "was der Landkreis dazu beitragen kann".

Die etwa 30 peniblen Zeichnungen von Cornelia Morsch zu erfassen braucht zunächst Distanz, um das Motiv als Ganzes wahrzunehmen. Ihre Motive sind stark vergrößert: Pflanzenteile, Blüten, Fruchtstände, die sie - aus der Nähe betrachtet - in unendlich vielen Strichen ziseliert, seziert und ihnen eine dezente Farbigkeit verleiht. Anne Greim charakterisierte in ihrer Einführung in die Ausstellung die Zeichnungen von Connie Morsch denn auch dementsprechend mit den Attributen "filigran, elegant, aber manchmal auch kraftvoll; höchst präzis und energisch".

Auf eine weitere Vorstellung von Morsch konnte Anne Greim schlechterdings verzichten: Die Kulmbacher Kunstpädagogin ist weit über die Stadt hinaus bereits eine Institution und - was Kunstvereinsvorsitzender Karl-Heinz Greim über seine Stellvertreterin immer wieder betont - "der Motor des Kunstvereins Kulmbach".

Ebenfalls Kulmbacherin ist Soojin Kang. In Seoul, Korea, geboren, hat sie ihren Hauptwirkungskreis eigentlich von London aus, hat aber zusammen mit ihrem Mann, dem Dokumentarfilmer Markus Schröder, einem gebürtigen Kulmbacher, mittlerweile einen ehemaligen Bauernhof in Grafendobrach gekauft, wo sich die Familie mit ihren beiden Kindern seit Ausbruch der Corona-Pandemie dauerhaft aufhält.

Um alles Weitere kümmert sich derzeit die Londoner Galerie, die sie vertritt. Hier entdeckt Soojin Kang nun neben der Ruhe auch die fränkischen Wälder, die sie in ihrer Arbeit weiter und auch anders inspirieren als das Getümmel der Millionenstädte, in denen sie bisher wirkte, verrät sie in einem Gespräch mit der Frankenpost . Dies dokumentiert Markus Schröder im Übrigen in einem Video, das auf der unteren Ebene des Turbinenhauses zu sehen ist.

Handfester ist das Material, das Soojin Kang für ihre räumlichen Figuren und strukturierten Wandteppiche verwendet: Fäden aus Leinen, Jute, Seide, Baumwolle, die sie verwebt, verknotet, verwirkt und in der Fläche auch mit Holz und anderen natürlichen Materialien appliziert. Ihr Material bleibt grob und rauh, animiert aus der Nähe nicht zum Streicheln, wirkt aus der Distanz betrachtet dann aber zunehmend weicher und anmutiger durch die Formen, die Soojin Kang daraus gestaltet.

So unterschiedlich die Arbeiten beider Frauen auch sind, so ähnlich sind sie auch wieder. "Sie sind organisch, stofflich, haptisch, sehr sinnlich und korrespondieren bestens miteinander", beschrieb Anne Greim in ihrer Einführung zur Ausstellung die Gemeinsamkeit in der Unterschiedlichkeit beider Künstlerinnen, denn "sie beschwören eine Fülle von Assoziationen der Natur".

Die Ausstellung ist bis zum 4. Oktober jeweils donnerstags bis sonntags von 14 bis 18 Uhr im Turbinenhaus zu sehen, das sich im Übrigen auch für musikalische Aufführungen eignen dürfte. Der Raum hat auf allen drei Ebenen trotz seiner Höhe und rohen Mauern nur wenig Nachhall - selbst bei den doch eher aggressiven Klängen der Event Percussion Group von Günther Peppel und Ralf Probst, die die Vernissage musikalisch aufpeppten.

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