Kulmbach Dürre bedroht den Artenschutz

Die Landwirtinnen Stefanie Kraus und Heidi Nützel zusammen mit Wildlebensraumberater Stephan Poersch (von links) auf ihrer Blühfläche im Kulmbacher Kessel.Foto: AELF Foto:  

Hitze, Trockenheit und ein kräftiger Wind lassen Pflanzen auf dem Feld verdorren. Auch die Ernte der Landwirte ist bedroht, und mit ihnen ihre Existenz. Dabei sind sie es, die in den kommenden Jahren viel Geld für den Naturschutz investieren müssen, um das Artensterben zu stoppen.

 
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Die Hitze und die Trockenheit heuer machen nicht nur der Landwirtschaft schwer zu schaffen. Auch Projekte, die dem Artenschutz dienen, kommen kaum vom Fleck. So hat auch die staatliche Wildlebensraumberatung, die am Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Coburg-Kulmbach angesiedelt ist, auf verschiedenen Versuchsflächen teilweise Totalausfall durch Vertrocknen feststellen müssen, heißt es aus dem Amt.

Auf einer mit der Durchwachsener Silphie (eine Energiepflanze) angelegten Fläche von Landwirt David Neidlein aus Altenkunstadt ist nur der gleichzeitig, aber tiefer gesäte Mais aufgegangen. Die Silphie selbst, die flacher abgelegt werden musste, ist fast vollständig vertrocknet. „So etwas ist in der Natur extrem selten“, wundert sich der für Wildlebensraumberatung zuständige Berater Stephan Poersch, „aber die Witterung heuer stellt mit der Hitze, Trockenheit und dem permanenten Wind selbst die Extremjahre 2018 und 2019 in den Schatten.“

Auch die bei Landwirt Stenglein in Mainroth (Stadt Burgkunstadt) versuchsweise angebaute Mischung Mais plus Stangenbohnen kämpft ums Überleben, ebenso wie der „normale“ Mais. Mit ihren weißen oder roten Blüten hätten die Stangenbohnen den Mais optisch und als Bienenweide aufgewertet.

Vom Zustand der mehrjährigen Blühmischung im Kulmbacher Kessel waren Stephan Poersch und Bäuerin Heidi Nützel positiv überrascht: Im Mai gesät, habe vieles – wenigstens bis jetzt – überlebt und so einiges für die Insektenwelt bewirkt.

„Wir brauchen wieder mehr Insekten in der Flur, wenn wir für Rebhuhn, Feldlerche und Kiebitz etwas tun wollen. Denn deren Küken fressen anfangs nichts anderes und überleben sonst die ersten Wochen nicht!“, beschreibt Stephan Poersch eines seiner Beratungsziele.

Er ergänzt, dass der Naturschutz in der Landwirtschaft neben dem Klimawandel noch von einer anderen Seite in die Zange genommen werde. Trockenheit bedeute Ertragsausfälle. Neben Deutschland klagen etwa auch ganz Südeuropa, Frankreich und England über außergewöhnlich geringe Niederschläge – und niedrige Ernten haben hohe Erzeugerpreise zur Folge.

Diese würden zwar die Verluste für den Landwirt wenigstens zum Teil ausgleichen, aber bei hohen Getreidepreisen nehme erfahrungsgemäß die Bereitschaft der Bauern ab, Flächen für den Naturschutz zur Verfügung zu stellen. Stephan Poersch: „Das war in diesem Frühjahr deutlich zu spüren, als es darum ging, neue Flächen für den Artenschutz zu finden. Und deshalb ein großes Kompliment und Dankeschön an die Landwirte, die trotzdem mitgemacht haben, auch wenn sich das nicht immer ‚gerechnet‘ hat.“

Die Problematik zeige, dass ökologische Leistungen der Landwirte nur mit staatlicher Hilfe funktionieren können, denn „auch Bauern sind Unternehmer und müssen langfristig natürlich betriebswirtschaftlich entscheiden.“ Die Gesellschaft wird sich also gerade unter schlechteren wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Frage stellen müssen, wie viel ihr eine intakte und nachhaltige Natur wert ist. Denn ohne ausreichende Unterstützung werde die Landwirtschaft im knallharten globalen Wettbewerb „nur“ Lebensmittel produzieren können – nicht mehr und nicht weniger, meint Poersch.

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