"Wieso regst du dich auf?", meinte die Freundin verständnislos. "Eineinhalb Stunden Fahrzeit, na und? Stört dich das wirklich?" Nachdem es mit dem Beamen einfach nicht klappen will, weil die technischen Innovationen den menschlichen Bedürfnissen hinterherhinken, muss man sich als Bahnreisender in anderen Städten mit dem öffentlichen Nahverkehr arrangieren. Zum Beispiel, wenn man ein Ticket für den neuen ICE von Coburg nach Berlin erstanden hat, weil Winterwetter und Lkw-Schlangen die Autofahrt wahrscheinlich spaßfrei machen und die Parkplatzfrage am Zielort ungeklärt ist. Die Hauptstadt ist groß und von meinem Schlafplatz bei der Freundin bis zum Ort der Familienfeier bin ich laut Google Maps eine volle Stunde und 24 Minuten mit S-Bahn und Bus unterwegs - selbst mit dem Auto wären es 40 Minuten. Ganz okay, meinen die Großstädter und als Bürgerin entlegener provinzieller Gegenden sollte ich mich doch lieber über das preisgünstige Bahnticket zum Sparpreis freuen. Das tue ich, obwohl die Bahn ihre rätselhafte Preispolitik wie Zuckerbrot und Peitsche handhabt. Wer sich im Internet den Zug aussucht, den trifft der Originalpreis wie ein Keulenschlag. Aber wer zahlt den schon, wenn es von undurchsichtigen Sparangeboten nur so wimmelt, statt gleich einen vernünftigen Preis anzubieten? Immerhin werde ich so ins angeblich wahre Leben katapultiert, auch wenn ich erst einmal auf eiskalten, zugigen S-Bahnhöfen herumstehe und mich von Berliner Kamikaze-Bussen mit Dreckwasser aus Bordsteinpfützen bespritzen lassen muss. Ich werde den Großstädtern nicht verraten, wie schnell man in der sogenannten Provinz auf weitgehend freien Straßen Entfernungen überwindet, wie bequem man meist parken kann und wie unproblematisch, ohne Schlange zu stehen, bei uns Erledigungen bei Behörden zu bewerkstelligen sind. Sonst kommen sie noch alle her!
Kulmbach Guten Morgen, Kulmbach!
Redaktion 16.02.2020 - 17:16 Uhr