Kulmbach Unterstützung ist wichtiger denn je

Das Ehrenamt, etwa bei der Aktion "Zeit haben" oder den "Schlaganfallhelfern" bei der Diakonie Kulmbach ist vielfältig und erfüllend. Das berichten einige Mitarbeiter.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Kulmbach - Die Ehrenamtlichen berichten, wie Ehrenamt in Zeiten der Corona-Krise funktioniert und wie sich offene Menschen mit und ohne Vorkenntnisse einbringen können. Zum Beispiel in der Offenen Behindertenarbeit.

Helfer werden gesucht

Auch die zwölf Schlaganfallhelfer treffen sich normalerweise einmal im Monat zum gemeinsamen Austausch. Hier hält Pia Schmitt derzeit ebenfalls den Kontakt über Telefongespräche. Interessierte können sich bei ihr unter 09221/ 60577-73 melden. Die Offene Behindertenarbeit der Diakonie Kulmbach sucht nach ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. Ob beim Bowling, Wandern oder Basteln in der Gruppe mit erwachsenen Menschen mit geistiger Behinderung - oder in der Einzelbetreuung im Rahmen einer Alpakawanderung, eines Stadtbummels oder eines Museumsbesuchs. Interessierte können sich unter der Nummer0170-1865627 oder per Mail an oba@diakonie-kulmbach.de wenden Weitere Informationen unter www.diakonie-kulmbach.de


Die Organisatorin:

"Ehrenamt ist nicht Arbeit, die nicht bezahlt wird, sondern Arbeit die nicht bezahlt werden kann." Diese Worte könnten auch von Pia Schmidt, Leiterin der Kirchlichen Allgemeinen Sozialarbeit der Diakonie Kulmbach, stammen. Sie organisiert auch die circa 50 ehrenamtlich tätigen Frauen und Männer in vielen verschiedenen Projekten. "Ohne sie würde es nicht funktionieren. Als hauptamtliche Kraft könnte man diese Aktionen gar nicht abdecken." Diese nennen sich beispielsweise "Zeit haben" oder "Schlaganfallhelfer". Durch die Corona-Krise und das derzeit wachsende Infektionsgeschehen müssen sich viele Kontakte derzeit nun wieder auf das Telefon beschränken. "Aber das umso mehr! Gerade in solchen Zeiten sind Aufmerksamkeit und Unterstützung wichtiger denn je", sagt Pia Schmidt, die stetig auf der Suche nach neuen Ehrenamtlichen ist. Für wen und warum zeigen die folgenden Erfahrungen.

Der passionierte Pfarrer:

Im Rahmen des ehrenamtlichen Besuchsdienstes "Zeit haben" hat Gerhard Herold aus Kulmbach bis vor Kurzem etwa acht Jahre lang einen älteren Mann regelmäßig besucht. Einmal in der Woche kam der pensionierte Pfarrer zu dem zuletzt 90-Jährigen nach Hause und führte viele Gespräche mit ihm oder las ihm vor. Dabei tauschten sie Persönliches aus, soweit beide dies wünschten, erzählten sich aus ihrer Vergangenheit oder verständigten sich über gemeinsame Interessen - in diesem Fall: die klassische Musik. Gerhard Herold habe im Laufe der Jahre deshalb auch immer wieder Bücher aus der Bücherei ausgeliehen und ihm Details zu bekannten Komponisten wie Ludwig van Beethoven oder Johann Sebastian Bach präsentiert. Daraufhin habe sein Gesprächspartner oft seine eigenen Berührungspunkte zu den Personen wiedergegeben. "Nicht immer waren die Gespräche einfach, aber die Aura war da."

Wegen seines Berufs war Herold Besuche von Senioren gewohnt, die sich jedoch oft abwechselten, berichtet er. In seiner neuen Aufgabe war eine größere Vielfalt gefragt. "Ich habe mich auf die Gespräche vorbereitet, das war eine Herausforderung. Denn er hat nie gesagt, was er sich von mir wünscht", erzählt der pensionierte Pfarrer in Gedanken an sein Gegenüber. Dabei zeigt er sich beeindruckt von dessen Fähigkeit, genaue Daten von Kriegsereignissen oder Personen der Geschichte rezitieren zu können. Im Frühjahr diesen Jahres ist der Mann gestorben. Gerhard Herold kam zur Trauerfeier. "Wir haben eine gute Beziehung zueinander aufgebaut", formuliert dieser. "Es geht darum, sich um jemanden zu kümmern - auch, wenn es nur kurz ist -, aber das kann sehr wertvoll sein. Man muss auch nicht viel sagen, aber immer mal nach dem anderen zu schauen, das ist wichtig."

Denn Gerhard Herold weiß: Wenn es einem Menschen schlecht geht, können die Bedürfnisse sehr unterschiedlich sein. Man sollte einen Sinn dafür entwickeln, was angemessen ist. Er selbst hat auch viel gelernt in dieser Zeit, deren Anfänge wohl rund zehn Jahre zurückliegen: "Als Pfarrer im Ruhestand wollte ich noch eine Kleinigkeit machen", blickt Gerhard Herold zurück, der den Initiator der Aktion "Zeit haben" auch persönlich kennt.

So sei Gerhard Herold auch auf das Projekt aufmerksam geworden und nach einem Kennenlernen mit eingestiegen. Das Projekt begeistert ihn. Zwar könne er sich auch eine ehrenamtliche Arbeit mit Kindern vorstellen, als Kontrast sozusagen, nur organisieren möchte er während seiner Tätigkeit nichts.

Die Schlaganfall-Patienten:

Die insgesamt zwölf Ehrenamtlichen im Projekt "Zeit haben" sind zumeist Frauen, doch finden sich auch einige Männer unter ihnen. Einmal im Monat tauschen sie sich normalerweise bei einem gemeinsamen Treffen über ihre Erfahrungen aus. Derzeit hält Pia Schmitt den Kontakt corona-bedingt über Telefongespräche. Aus eigener Erfahrung weiß sie, was hilft. Eine spezifischere Hilfe bieten die "Schlaganfallhelfer" der Diakonie Kulmbach an.

Die ehrenamtlich Mitarbeitenden bieten Hilfen im Alltag nach einer solchen Diagnose und tragen somit zur Entlastung der Angehörigen bei. Viele von ihnen besitzen eigene oder nahe Erfahrungen mit einem Schlaganfall- Patienten, so auch Gisela und Josef Günther. Vor circa zwei Jahren erlitt der Mann während eines Urlaubs einen Schlaganfall, erholte sich bis heute jedoch relativ gut, nur kleine Einschränkungen blieben. Dennoch ist den beiden die Zeit der Diagnose sowie der Zeit danach noch gut in Erinnerung.

Gisela Günther habe sich damals mit ihren Fragen zunächst alleine gefühlt: Wie soll es weitergehen? Wer hilft mir? Wen kann ich fragen? Im Verwandten- und Bekanntenkreis hatte niemand Erfahrung, da hätte sie sich eine Gruppe wie heute gewünscht. "Die Patienten werden zum Glück meist in den Kliniken und Reha-Maßnahmen gut betreut, aber für die Angehörigen müsste mehr gemacht werden."

Im Frühjahr 2019 hat das Ehepaar Günther deshalb den Kurs zum Schlaganfallhelfer bei der Diakonie Kulmbach absolviert. In diesem wurden nicht nur das Grundwissen, die Prävention und die Rettungskette rund um einen Schlaganfall behandelt, sondern vor allem auch Themen wie Sozialrecht, Rehabilitation, Nachsorge und psychische Aspekte besprochen.

"Auch die Gesprächsführung und Kommunikation bei Betroffenen und Angehörigen ist wichtig", weiß das Ehepaar Günther. Welche Themen sollte man eher vermeiden, welche eignen sich gut für einen Einstieg? Auch das seien Themen. "Oft ist die Angst vor einem Gespräch größer als das tatsächliche Gespräch selbst", sagt Josef Günther. Seine Frau hat kurz vor Beginn der Corona-Krise eine Frau kennengelernt, deren Mann sich nach einem Schlaganfall in einer Reha-Klinik erholt habe. Mit ihr telefoniert sie bis heute regelmäßig, hört ihr zu, macht ihr Mut - aus eigener Erfahrung: Sie weiß, wie wichtig kleine Schritte während der Genesung sind und wie sich etwa Berührungsängste von Freunden anfühlen. Hierfür kann sie Tipps geben und freut sich auf baldige persönliche Treffen. Auch ein gemeinsames Treffen der beiden Paare im Garten sei geplant.

Ihr Ehemann steht ebenfalls für Rat und Tat im Rahmen der Aktion "Schlaganfallhelfer" bereit. Interessierte sollten ihrer Meinung nach soziales Engagement mitbringen und die Fähigkeit, auf Menschen zuzugehen. "Dafür hat man die KASA im Rücken, die immer ein offenes Ohr für einen hat, und die einen Raum zum gemeinsamen Austausch bietet", lobt Josef Günther. red

Autor

Bilder