Kulmbacher Innenstadt Bücher gehen in Flammen auf

, aktualisiert am 25.03.2021 - 16:47 Uhr

Unbekannte sind durch die Kulmbacher Innenstadt gezogen und haben mehrere Feuer gelegt. Auch das kostenlose Leseangebot am Holzmarkt, das viele Bürger gern genutzt haben, wurde Opfer der Zerstörungswut.

 
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Kulmbach - Sie hätten um diese Zeit eigentlich draußen gar nichts suchen gehabt. Und doch zogen sie zu nächtlicher Stunde trotz Ausgangssperre nicht nur durch die Kulmbacher Innenstadt; sie haben auch ihrer Zerstörungswut freien Lauf gelassen. Unbekannte Täter haben in der Nacht zum Donnerstag in Kulmbach gleich dreimal Feuer gelegt. Dabei ist den Brandstiftern auch der Bücherschrank am Holzmarkt zum Opfer gefallen. Jetzt bittet die Polizei in Kulmbach die Bevölkerung um Mithilfe bei der Aufklärung dieses Akts sinnloser Randale.

Es war um 23.59 Uhr, als bei der  Kulmbacher Feuerwehr der erste Alarm einging. Ziel war der Schießgraben. Dort hatte jemand am Straßenrand einen gelben Sack in Brand gesteckt, in dem sich, wie die Polizei berichtet, Bücher befanden. Stadtbrandmeister Michael Weich und die neun ausgerückten  Wehrleute hatten dieses Feuer schnell abgelöscht. Aber an Schlaf sollte vorerst für die Kräfte nicht zu denken sein.

Um 0.28 Uhr ertönte schon der nächste Alarm. Diesmal war der Holzmarkt das Ziel für die Feuerwehr. Der Bücherschrank, vor Jahren vom Kulmbacher Lions Club gespendet, war das nächste Ziel der Brandstifter gewesen. Seit langem schon ist dieser öffentliche  Bücherschrank gut und regelmäßig frequentiert. Menschen bringen Bücher, die sie gerne weitergebe, dorthin und nehmen sich Literatur wieder mit, die andere hinterlassen haben. Kostenlose Lektüre wird dort geboten, ein Bildungsangebot ganz ohne Zugangsschranken. Lange Zeit hat das in Kulmbach bestens funktioniert.

Jetzt ist der Bücherschrank leer und verkohlt. Er ist in der Nacht total ausgebrannt. „Das Bücherhäusla stand lichterloh in Flammen“, berichtet Michael Weich. Die Wehr hat die schwelenden Bücher aus dem Schrank geräumt und abgelöscht. Es brannte so stark, dass der Einsatzleiter sogar noch die Besatzung eines weiteren Fahrzeugs nachforderte. Zwölf Feuerwehrleute hatten zu tun, um die Folgen einer sinnlosen Tat wenigstens halbwegs zu mindern. Mehrere hundert Bücher hatten sich in dem Schrank befunden. Sie sind nun alle zerstört. Einige wurden, wie die Polizei berichtet, aus dem Schrank gezerrt und auf die Straße geworfen, bevor das Feuer gelegt wurde. Dieses kostenlose Angebot an die Kulmbacherinnen und Kulmbacher gibt es vorerst nicht mehr. Wie es weitergeht mit diesem Bücherschrank weiß einen Tag nach dem Brand noch keiner.

Die kostenlosen Bücherschränke, die es seit den 2000-er Jahren  in vielen Städten gibt, werden immer wieder zum Ziel von sinnloser Zerstörungswut. Vor einigen Jahren beispielsweise  hat es den Schrank in Bayreuth erwischt. Er war 2007 der erste seiner Art in ganz Nordbayern und hat seinen Platz vor dem Rathaus. Schon mehrfach ist er demoliert worden.

Der Kulmbacher Bücherschrank ist das erste Mal Randalierern zum Opfer gefallen. Sie haben gründliche Arbeit geleistet. Es wird wohl nun einige Zeit vergehen, bis die Bürgerinnen und Bürger dieses Angebot wieder nutzen können. „Absolut unreifen Verhalten“, schimpft der Pressesprecher der Stadt Kulmbach, „Einen öffentlichen Bücherschrank in Brand zu setzen ist anstandslos.  Wir sind froh, dass keine Personen zu Schaden gekommen sind und dass sich das Feuer dank des zügigen Eingreifens der Feuerwehr nicht ausgebreitet hat. Ein großer Brand in der Innenstadt hätte katastrophale Folgen haben können, was die Täter scheinbar geistesabwesend in Kauf genommen haben. Wir hoffen, dass der oder die Brandstifter zur Rechenschaft gezogen werden können.“

Für die Feuerwehr sollte der Einsatz am Holzmarkt aber in dieser Nacht noch nicht der letzte gewesen sein. Die Wehrleute fanden am Holzmarkt nicht nur den brennenden Bücherschrank vor. Gleich nebenan, gegenüber der Apotheke, sind auch noch gelbe Säcke und Altpapier angezündet worden, die die Anwohner dort für die Müllabfuhr am nächsten Tag bereitgestellt hatten.  Auch dort schlugen Flamen in die Höhe. nicht auszudenken, was da in der eng bebauten Innenstadt alles hätte passieren können, fragt sich auch Jonas Gleich.

Der Vorstand des Lions Club Kulmbach-Plassenburg, der seinerzeit den Schank gespendet hat, ist über den Vorfall auch verärgert. Lions-Präsident Dr. Ralf Kneitz sagt, sein Club sei entsetzt über diesen Vandalismus. Der Bücherschrank sei aus Spenden bezahlt  und von Ehrenamtlichen regelmäßig betreut worden. „Erst im vergangenen Jahr haben wir den Schrank gründlich gesäubert und renoviert. auch eine scheibe war schon mal kaputtgegangen, die wir ersetzt haben.“ Kneitz ist traurig darüber, dass es dieses Angebot vorerst nun nicht mehr gibt. „Es wurde von den Kulmbachern sehr gern und intensiv genutzt.“ Dem Lions Club sei sehr daran gelegen, dass diese Tat aufgeklärt wird, betont der Präsident und verspricht: „Wir lassen natürlich nicht locker. Wir werden Schrank wieder herrichten und den Kulmbachern dieses kostenlose Lesevergnügen wieder ermöglichen.“
Die Polizei in Kulmbach, sagt stellvertretender Inspektionsleiter  Klaus-Peter Lang, hat derzeit leider noch keine Hinweise auf den oder die Täter. Auf rund 3000 Euro schätzen die Ermittler den Sachschaden. Der Schaden, den all diejenigen erlitten haben, die dieses Leseangebot nun schon seit Jahren gerne nutzen, lässt sich nicht beziffern.

Die Polizei bittet nun die Bevölkerung um Mithilfe: Wer hat verdächtige Personen gesehen, die in der Nacht zum Donnerstag in der  Innenstadt im Bereich des Schießgrabens, des Holzmarkts und der Fußgängerzone in der Langgasse unterwegs gewesen sind? Wer kann sonstige Hinweise auf den oder die Täter geben? 

Zeugen werden gebeten, sich mit der Polizei in Kulmbach unter der Telefonnummer 09221/6090 in Verbindung zu setzen.

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