Geöffnete Geschäfte Fichtelgebirge: Getrübtes Shopping-Glück

Was gilt jetzt wo? Bei Kunden herrscht sehr viel Verunsicherung, weiß Petra Dierck. Deshalb informiert die Managerin sowohl im Selber Outlet-Center als auch auf der Homepage über die aktuell gültige Einkaufs-Regeln für jedes Geschäft. Foto: /Florian Miedl

Nach vier Monaten dürfen erstmals alle Geschäfte im Fichtelgebirge öffnen. Trotz Test- und Termin-Hürden befürworten die Händler diesen Schritt. Doch schon drohen erneut Schließungen.

 
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Selb/Marktredwitz - Was für ein Gefühl: Endlich wieder direkt in Geschäften bummeln gehen: Seit Montag können Kunden im Landkreis Wunsiedel Kleidungsstücke, Sportartikel, Einrichtungsgegenstände und vieles mehr anschauen, anfassen und auswählen. Ein Probe-Shopping zeigt: Es funktioniert – wenn auch anders als gewohnt. Denn vor dem Einkauf steht der Test. Mit Anmeldung bei einer der vielen Stellen ist ein Schnelltest in fünf Minuten erledigt, eine Viertelstunde später ploppt das Ergebnis auf dem Handy auf, und los geht’s. In etlichen größeren Läden wie dem Modehaus Frey sowie C&A in Marktredwitz oder dem Nobasics Fashion Outlet in Selb brauchen Kunden keine Termine, sondern können einfach vorbeikommen. Am Eingang müssen sie das negative Testergebnis vorzeigen, die Kontaktdaten samt der Uhrzeit hinterlegen und schon steht dem Einkauf nichts im Wege. Wer kleinere Geschäfte aufsuchen möchte, muss manchmal Termine vereinbaren, damit Einlass gewährt wird.

Nirgends Gedränge

In den Läden werden die wenigen Kunden fast überall freudig von Verkäuferinnen begrüßt und emsig umsorgt, ergab das Probe-Shopping. Wer Schnäppchen machen will, findet noch viel reduzierte Ware. Zwar gibt es etwas weniger Neues als sonst, doch die Auswahl ist groß genug. Angenehm ist die Ruhe beim Einkaufen: Gedränge gibt es nirgends.

Doch die geringe Frequenz macht den Einzelhändlern zu schaffen: „Wirtschaftlich lohnt es sich nicht“, sagt Christian Preisenhammer vom Nobasics in Selb. Am Montag, dem ersten Öffnungstag nach vier Monaten, seien nur zehn Prozent der Kunden erschienen, die sonst an einem Montag das Mode-Outlet besuchten. Am Dienstag seien es dann 20 Prozent gewesen, am Mittwoch rund 40. „Wir haben freie Kapazitäten ohne Ende, jeder kann seinen Termin direkt im Geschäft ausmachen.“ Über die Corona-Test-Pflicht seien die meisten Kunden informiert. „Die Teststation ist hier in Selb gleich nebenan. Das ist für uns von Vorteil, das wird unproblematisch genutzt.“

Outdoorkleidung gefragt

Derzeit kämen vor allem die Stammkunden, erzählt Preisenhammer, der sich ebenso wie sein Team über den Kundenkontakt freut. Die Stimmung sei sehr gut, es bestehe großer Redebedarf. Die Leute hätten Spaß daran, endlich mal rauszukommen, und wollten sich etwas gönnen. Besonders gefragt seien aktuell Outdoor- und Kinderbekleidung. Festliches gehe im Lockdown natürlich weniger. Ein Mann ließ sich zwar für seine Hochzeit ausstatten – aber das sei ein Einzelfall.

„Wir haben uns gefreut wie die kleinen Kinder, dass wir nach vier Monaten endlich wieder öffnen durften“, sagt Petra Dierk, die Managerin des neuen Selber Outlet-Centers in der ehemaligen Heinrich-Fabrik. Dennoch seien die Regelungen unbefriedigend: „Kunden müssen mit Test und Termin gleich zwei Hürden nehmen“, sagt Dierck. Für die meisten der 15 Outlet-Shops brauche es eine Anmeldung. Denn es sei nicht wirtschaftlich, in jeden Laden acht oder neun Stunden lang zwei Verkäuferinnen zu stellen.

Kosten sind zu hoch

„Wir fahren einen Kostenapparat hoch, der in keinem Verhältnis zu den Umsätzen steht“, sagt Helmut Hagner, Geschäftsführer der Frey-Gruppe. Am Montag besuchten gerade mal 60 Stammkunden das Marktredwitzer Modehaus, normalerweise zähle man 500 bis 1000 pro Tag. „Click and Meet ist nur ein kleiner Strohhalm, keine Rettung“, meint Hagner. Kunden sei das Procedere zu umständlich, zumal nicht kundenorientiert getestet werde. Denn es gebe in Marktredwitz verschiedenste Test-Stationen für unterschiedliche Tage und Zeiten. „Das verwirrt und behindert.“ Der Frey-Chef erwartet vom Stadtmarketing und dem Center-Management, dass sie direkt im KEC ein Testzentrum zu den Ladenöffnungszeiten betreiben. Das Angebot der DLRG am Mittwoch und am Samstag im Kino reiche nicht aus. „Das KEC ist tot“, urteilt Hagner. Das wirke sich auch auf die Frequenz im Frey aus.

Kritik am Regel-Wirrwarr

Nahezu alle Geschäfte im KEC seien seit Montag geöffnet - manche allerdings zu verkürzten Zeiten, sagt KEC-Center-Managerin Monika Hübner. Auch sie betrachtet die Tests als Hindernis. Denn zum einen möchte das nicht jeder und zum anderen bedeute es organisatorischen Aufwand. Verwirrend sei außerdem der Regel-Wirrwarr, kritisiert Hübner. Während in der vergangenen Woche Einkaufen in Schuh-, Buch- und Blumenläden sowie in Baumärkten ohne Hürde möglich war, benötigt man seit Montag Termin und Test. „Wie sollen Kunden da noch den Überblick behalten?“, fragt Hübner. Zwar informiere das KEC bestmöglich, aber die ständigen Änderungen machten es nicht einfach.

Angst vor Bundesnotbremse

Und die nächste Änderung droht den Einzelhändlern im Fichtelgebirge schon ab 26. April: Kommt die geplante Bundesnotbremse, müssen ab einer Inzidenz von 100 fast alle Geschäfte schließen. „Das wäre eine Katastrophe“, sagt Hagner, die übrigen Befragten pflichten ihm bei. Selbst das kleine Licht am Ende des Tunnels würde den Geschäftsleuten dann wieder genommen, findet Dierck. Studien belegten zweifelsfrei, dass im Handel nur ein sehr geringes Ansteckungsrisiko bestehe, weil die Hygienekonzepte funktionierten, argumentiert Hübner: „Es ist schwer nachzuvollziehen, wenn sich im Discounter die Kunden um die Wühltische drängen, aber weitläufige Geschäfte wie die unserer Mieter geschlossen bleiben müssen.“ Im Einzelhandel geht es laut Hübner flächendeckend um Existenzen und Arbeitsplätze. „Ich hoffe, dass die bayerischen Bundestagsabgeordneten gegen diese Notbremse stimmen: Sie sollten Farbe bekennen und den stationären Handel stützen“, fordert Hagner.

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