Leupoldsgrün - Ihr Erwerbsberuf, sagt Maria Hammerich-Maier, sei Übersetzerin und Dolmetscherin. Er lasse ihr genug Zeit und Freiraum für das, was ihr am Herzen liegt: Gedichte und andere eigene Texte schreiben. Dabei schöpft sie aus den Quellen dreier Länder und Kulturkreise: dem österreichischen, in den sie geboren wurde, dem böhmischen, dem sie sich seit Langem verbunden fühlt, und dem deutschen, dem sie seit ihrer Heirat und dem Umzug nach Leupoldsgrün im Kreis Hof angehört.

Maria Hammerich-Maier kam 1961 in Korneuburg in Niederösterreich zur Welt, etwa 50 Kilometer von der Grenze zur Tschechoslowakei entfernt. "Ähnlich wie hier in Oberfranken war das Gebiet durch den Eisernen Vorhang geprägt", erzählt sie. Schon als Kind sei sie sehr neugierig und wissbegierig gewesen und habe wissen wollen, was sich hinter dieser Grenze befinde. Obwohl in eine sehr bodenständige Familie geboren, habe sie sich immer für andere Länder interessiert. Nach der Matura an einer Handelsakademie studierte sie Slawistik und Germanistik und arbeitete anschließend als Dozentin in Wien.

Als sich der Eiserne Vorhang hob und das faszinierende Land dahinter immer mehr in den Blickpunkt rückte, ging die junge Wissenschaftlerin mit einem österreichischen Stipendium an die Technische Universität in Prag. "Diese Hochschule war relativ unpolitisch gewesen", erzählt die Schriftstellerin. Mit Freude erkundete sie Prag - jene Stadt, die als Teil des Habsburgerreiches seit jeher enge Verbindungen nach Österreich und Deutschland hatte und lange Zeit ein Zentrum des multikulturellen Mitteleuropas war.

"Was die drei Länder zugleich verbindet und trennt, ist die Geschichte", erzählt Hammerich-Maier. "Es gibt viele gemeinsame Spuren, andererseits auch das 20. Jahrhundert, das trennend wirkte."

Für sich selbst empfindet sie die verschiedenen Traditionen als bereichernd - von der Lyrik bis zum Kochen. Sie bezeichnet sich als Mitteleuropäerin und steht dabei in der Tradition zahlreicher Intellektueller, die durch die Jahrhunderte ganz selbstverständlich in Böhmen, Österreich und Deutschland daheim waren.

Als Beispiel nennt sie den Lyriker Rainer Maria Rilke, der in Prag zur Welt kam, in München studierte und unter anderem in Berlin und in der Schweiz lebte, die Pazifistin Bertha von Suttner, ebenfalls in Prag geboren, die Zeit ihres Lebens in Europa unterwegs war und ihre letzte Ruhe im thüringischen Gotha fand, und Wolfgang Amadeus Mozart, dessen familiäre Wurzeln in Augsburg sind, der in Salzburg lebte und sich häufig in Prag aufhielt. "Es gibt viele Künstler, die in allen drei Ländern daheim waren", sagt Hammerich-Maier. Auch in der Wirtschaft habe es vielfältige Verbindungen gegeben, etwa bei den Porzellinern, die zwischen Böhmen, Bayern und Thüringen regen Austausch betrieben.

Leider sei in der kommunistischen Zeit die Geschichte von den gemeinsamen Wurzeln mit Österreich und Ungarn und auch mit dem Judentum ein Tabu gewesen, erzählt die Schriftstellerin weiter. Momentan breche einiges auf: "Viele junge Menschen entdecken jetzt, dass die tschechische Nation gar nicht so monolithisch war, wie sie es immer gehört hatten, sondern dass sie in ihrer Familie Verbindungen nach Österreich oder Deutschland oder auch in die Ukraine haben. Wenn sie die Vermischung in ihrer Familie entdecken, entsteht eine neue Offenheit."

Die Schriftstellerin hat mehrere Werke von Bohumil Hrabal übersetzt, einer der bekanntesten tschechischen Autoren des 20. Jahrhunderts. Vor einigen Tagen ist "Das verlorene Gässchen" mit frühen Gedichten Hrabals erschienen, und zwar in dem tschechischen Verlag Kaplanka in Nymburk. Wegen der ungeklärten Rechte in Deutschland kann man das Buch nicht über den deutschen Buchhandel bestellen. Die Gedichte sind nebeneinander im tschechischen Original und in der deutschen Übersetzung abgedruckt. "Der Band ist gut geeignet für Menschen, die tschechisch lernen", sagt die Übersetzerin. Der Kaplanka-Verlag hat seinen Sitz in der kleinen Stadt Nymburg an der Elbe (deutsch Nimburg oder Neuenburg), wo Hrabal aufgewachsen ist.

Vor drei Jahren hat Hammerich-Maier "Stunde der Stille" übersetzt, ein Roman von Ivan Klima, der im Transit-Verlag erschienen ist und in dem der tschechische Schriftsteller mit jüdischen Wurzeln das Leben in den Jahren des sozialistischen Aufbaus beschreibt.

Für die nächsten Wochen stehen für die Schriftstellerin zwei größere Projekte an: Sie veröffentlicht unter dem Pseudonym Ria Airam im Burg-Verlag einen Band mit eigenen Gedichten, die sie im Golf von Salerno in Süditalien geschrieben hat. Die Illustrationen stammen von ihrem in Unterfranken lebenden Schwager Gunter Schmidt. Von Ende Juli bis Anfang September begleitet Maria Hammerich-Maier mit einer Ausstellung die Wurzer Sommerkonzerte in der Oberpfalz. Gemeinsam mit dem Prager Fotograf Stanislaus Tumas zeigt sie "Prager Motive in Fotos und Poesie".

Für die Übersetzerin ist es ein Herzensanliegen, dass junge Leute andere Sprachen lernen. "Wenn man nur ein paar Sätze kann, öffnet das in einem fremden Land die Türen", sagt sie. "Man erfährt viel mehr Vertrauen, wenn man die Sprache kann - wenn auch nur ansatzweise."

Viele junge Tschechen entdecken jetzt, dass die tschechische Nation nicht so monolithisch war, wie sie es immer gehört hatten.

Maria Hammerich-Maier

Es gibt viele Künstler, die in allen drei Ländern daheim waren.

Maria Hammerich-Maier über die

Verbindungen zwischen Österreich,

Tschechien und Deutschland

Die Wurzer Sommerkonzerte

Eine besondere Rolle im Kulturaustausch zwischen Bayern und den Ländern des ehemaligen Ostblocks spielen die Wurzer Sommerkonzerte. Sie finden heuer zum 29. Mal in dem kleinen Ort Wurz, Gemeinde Püchersreuth, bei Weiden in der Oberpfalz statt.

Die Berliner Ärztin Dr. Rita Kielhorn rief die Konzertreihe im Jahr 1988 ins Leben, um "über die Musik einen Beitrag zu leisten zur Verständigung der Menschen über alle Grenzen hinweg". Kielhorn hatte mit ihrer Familie den barocken Pfarrhof gekauft, der einst zum Kloster Waldsassen gehörte, und dessen großer Innenhof eine wunderbare Akustik hat.

Heuer finden die Wurzer Sommerkonzerte vom 30. Juli bis zum 4. September im historischen Pfarrhof statt. Unter anderem ist das deutsch-estnische Schumann-Quartett zu hören.

Im Rahmen der Konzerte zeigt Maria Hammerich-Maier gemeinsam mit dem Prager Fotograf Stanislaus Tumas die Ausstellung "Prager Motive in Fotos und Poesie".

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www.wurzersommerkonzerte.de