Kunstverein Hof Letzte Saat und letzte Ernte

Ralph Sziegoleit

Etwa 150 Menschen kommen zur Eröffnung der „Kunstsaat 26“. Es ist wahrscheinlich die letzte Ausstellung des Kunstvereins Hof. Nach der Schließung der Galerie im Theresienstein sieht der Vorstand keine Perspektive mehr.

 
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Monika Pellkofer (Mitte) vor ihrem Beitrag zur „Kunstsaat“ mit den Kolleginnen Ivana Zien (links) und Lorella Müller. Foto: /asz

Seit 26 Jahren gibt es den Kunstverein Hof. „Kunstsaat“ hieß die erste Veranstaltung im November 1996. Daraus wurde die traditionelle Mitgliederausstellung, die jetzt, am Kulturplatz Altes Landkrankenhaus in der Schleizer Straße, ihre 26. Auflage erlebt. Man muss davon ausgehen, dass es die letzte ist. Nach dem Verlust der Galerie im städtischen Haus Theresienstein aufgrund neuer Brandschutzvorschriften wird sich der amtierende Vorstand des Vereins im kommenden Jahr nicht mehr zur Wiederwahl stellen. Wie es bei der Eröffnung der aktuellen Ausstellung am Mittwochabend hieß, käme es glatt einem Wunder gleich, wenn sich in dieser Lage ein neuer Vorstand fände.

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Neue Talente

Dennoch sei es für einen Nachruf zu früh, sagte Annie Sziegoleit, die den Verein seit 15 Jahren leitet. Zunächst einmal freue man sich, wieder Kunst zeigen zu können. Auf drei Etagen des Alten Landkrankenhauses sind mehr als 130 Bilder und Objekte zu sehen, die von 53 künstlerisch aktiven Mitgliedern – unter denen Frauen eine knappe Mehrheit bilden – eingereicht wurden. Zwar haben nicht alle Früchte, die in dieser Kunstsaat aufgehen, schon die volle Reife erreicht. Erfreuliche Aspekte gibt es gleichwohl. Dass in jüngster Zeit eine Reihe talentierter junger Frauen dem Verein beitraten, ist einer davon.

Auch ein nicht mehr junger Mann, der schon ein langes Künstlerleben hinter sich hat, gibt hier sein regionales Ausstellungsdebüt. Der 1954 in den USA geborene, jetzt in Bad Steben lebende Mark Hartzheim, einst Meisterschüler an der Düsseldorfer Akademie, zeigt drei großformatige gestische Pastellzeichnungen, bei denen fernöstliche Kalligrafie eine impulsgebende, Bewegung und Zufall aber die entscheidende Rolle spielen. Die vermittelte Botschaft ist rein visuell und frei von inhaltlicher Bedeutung. Hartzheim zählt zu den vier namhaften Teilnehmern an dieser Schau, für deren Bilder man über 2000 Euro ausgeben muss.

Farborgie

Ein Fünfter, der seine Identität hinter dem Pseudonym James verbirgt, zieht als Namenloser in dieser Preisklasse mit: „Red Stripes“ nennt er seine an die Rakelbilder des Weltstars Gerhard Richter erinnernde Farborgie, und es scheint, dass er damit die Richtigkeit einer naiven Laienansicht zu beweisen versucht: „Das kann ich auch.“ Wobei aber zu bedenken ist, dass echte Kunst schon lange nicht mehr von Können kommt, von Nachmachen schon gar nicht; viel wichtiger ist das Entdecken.

Freude kann der Besucher an manch preisgünstiger, gleichwohl origineller 100-Euro-Flachware haben, an Lena Haders „Fragile Beauties“ etwa oder an Martina Schnebles Teufelchen, die einem „Raum der Sünde“ benachbart sind, in dem nicht nur Nacktheit und alkoholische „Artefakte“ locken, auch Wolfgang Müllers 14 geschändete Bibeln umfassende Installation „Der Bischof, der Priester, die Kinder und der Missbrauch“ gehört dazu. Und überhaupt weist diese „Kunstsaat“ manch Zeitkritisches auf – kein Wunder angesichts einer Weltlage zwischen Krieg und Pandemie. Dennoch fehlt es auch an Romantischem nicht, vom „weitem Land“ bis zur „Pfingstrose“, auch nicht an Innovativem wie Julia Tiefenbachs Wandarbeiten aus Glas und Blei – und nicht einmal an Humor.

Wie immer ist die „Kunstsaat“ vielfältig, auch qualitativ ist die Bandbreite groß. Den Bildtiteln „Neue Kunst“ und „Moderne Malerei“ muss man nicht trauen. Eher schon gilt: „Don’t worry, be happy.“ Trotz allem.

Die „Kunstsaat ist zu sehen bis 4. September; samstags und sonntags von 16 bis 18 Uhr.