Der Plan für Europa
Wie viel zusätzliches Geld die EU bereitstellen sollte, um dies zu ermöglichen, sagte von der Leyen in der Rede nicht. Konkret schlug sie allerdings vor, erst einmal das bereits bestehende Programm REPowerEU weiter auszubauen. Dieses ermöglicht insbesondere Investitionen in Energieeffizienz, in erneuerbare Energie und in Infrastruktur der Energieunion. Mittelfristig sollte dann über den bereits im September von ihr vorgeschlagenen Souveränitätsfonds Geld für vorgelagerte Forschung, Innovationen und strategische Projekte bereitgestellt werden.
"Die zugrundeliegende Logik ist einfach: eine gemeinsame europäische Industriepolitik erfordert eine gemeinsame europäische Finanzierung", sagte sie.
Mit Blick auf die Zusammenarbeit mit den USA schlug von der Leyen unter anderem die Gründung eines "Clubs für kritische Rohstoffe" vor. Die Produktion und Verarbeitung von bestimmten kritischen Rohstoffe werde heute von China kontrolliert, sagte sie. Die Zusammenarbeit mit Partnern und Verbündeten in den Bereichen Beschaffung, Produktion und Verarbeitung könnte es ermöglichen, das Monopol zu überwinden.
EU will wettbewerbsfähig bleiben
Zur möglichen Anpassung von Vorschriften für öffentliche Investitionen sagte von der Leyen, das US-Investitionsprogramm sollte einen darüber nachdenken lassen, wie man den Rahmen für staatliche Beihilfen verbessern und an ein neues globales Umfeld anpassen könne. Derzeit sei man sehr darauf bedacht, Verzerrungen im EU-Binnenmarkt zu vermeiden, aber man müsse nun auf den zunehmenden weltweiten Wettbewerb um saubere Technologien reagieren.
"Wenn Sie das IRA betrachten, so fördert dieses direkt Investitionen in strategischen Sektoren entlang der ganzen Wertschöpfungskette. Dies gilt jedoch nicht immer für unsere staatlichen Beihilfen", erklärte sie. Die Kommission werde nun neu darüber nachdenken, wie man die gesamte Wertschöpfungskette bis hin zur Massenproduktion auch durch öffentliche Investitionen fördern könnte. Bislang hätten wichtigen Vorhaben von gemeinsamem europäischen Interesse insbesondere darauf abgezielt, bahnbrechenden Technologien den Weg vom Labor zum ersten industriellen Einsatz zu ebnen.
Steiniger Weg
Zur Frage, ob die EU bei einem solchen Kurswechsel nicht jede Glaubwürdigkeit in den Handelsbeziehungen zu anderen Partnern verlieren würde, äußerte sich von der Leyen in der Rede nicht direkt. Aus ihrem Umfeld hieß es am Sonntag, die Welt ändere sich gerade in vielerlei Hinsicht - so gebe es zum Beispiel deutlich mehr geopolitischen Wettbewerb. Man müsse darin sicherstellen, dass auch die Wirtschaft in der EU wettbewerbsfähig bleibe, sagte ein EU-Beamter. Das sei ein legitimes Ziel.
Mit Spannung wird nun erwartet, wie die EU-Staaten auf die Vorschläge von der Leyens reagieren. Die Bundesregierung hatte so zuletzt immer wieder betont, dass sie derzeit keine Notwendigkeit für neue gesamteuropäische Investitionsprogramme sieht. Zudem wurde von Mitgliedstaaten immer wieder argumentiert, dass Verstöße gegen WTO-Regel nicht mit einer Aufweichung der eigenen Standards beantwortet werden sollten.