10.10 Uhr:
Am dritten Tag des Bayreuther Peggy-Prozesses befragt das Gericht zunächst Polizeibeamte, die in die früheren Ermittlungen eingebunden waren. Dabei ging es zunächst um den Belastungszeugen Peter H., der Ulvi K. im September 2001 im Bezirkskrankenhaus ausgeforscht hatte. H. war dort selbst wegen einer Flut eigener Eigentumsdelikte untergebracht. Wie ein Beamter der Hofer Kriminalpolizei vor Gerichts sagte, sei H. nicht von der Polizei auf Ulvi K. angesetzt worden. Er habe sich selbst angeboten. Ihm seien auch keine Hafterleichterungen oder gar eine Entlassung angeboten worden. Trotzdem habe sich H. entschlossen Ulvi K. auszuforschen. H. hatte 2010 vor einem Ermittlungsrichter eingeräumt, dass er Ulvi fälschlich des Mordes belastet habe. Dieser habe ihm die Tat gar nicht eingestanden. In der gestrigen Verhandlung wurde deutlich, dass Peter H. schon vorher als V-Mann tätig war. Ulvis Verteidiger Michael Euler legte dem Gericht das Schreiben eines Rechtsanwaltes aus Halberstadt vor. Er war Verteidiger eines Mannes, der 2002 vom Landgericht Hof wegen Totschlags und anschließender Sicherungsverwahrung verurteilt worden. Auch in diesem Fall habe das Gericht sein Urteil auf unwahre Angaben von Peter H. gestützt, der seinen Mandaten im Bayreuther Bezirkskrankenhaus ausgeforscht habe. Dieser habe immer beteuert, in Notwehr gehandelt zu haben.
Für das aktuelle Verfahren dürfte dies jedoch geringe Bedeutung haben, da das Hofer Gericht Peter H. in seinem Urteil nur wenig Bedeutung beimaß, weil es den Zeugen für unglaubwürdig hielt. Chef-Ermittler Wolfgang Geier bezeichnete ihn als „grandiosen Lügner, der selbst seine Mutter verkaufen würde“, wenn er einen Vorteil davon hätte.
12 Uhr:
Ein ehemaliger Vernehmungsbeamter hat energisch den Vorwurf von sich gewiesen, Ulvis Geständnis könnte mit psychischem oder körperlichem Duck gewonnen worden sein. Verteidiger Michael Euler hatte am ersten Verhandlungstag sogar von Folter gesprochen. Richtig sei genau das Gegenteil: „Wir waren bemüht um die angenehmste Situation, die es gibt“ sagte der Polizeihauptkommissar. „Wir wussten ja, dass er nichts mehr sagen würde, wenn wir laut werden.“ Zudem sei der Verteidiger Ulvis während der gesamten Vernehmung anwesend gewesen. Ulvi K. habe aber gesagt, dass er bei früheren Vernehmungen angeschrien worden sei. Der Zeuge räumte ein, dass auch den vernehmenden Beamten immer wieder Zweifel gekommen seien. „Der Angeschuldigte hatte die Tendenz, unsere Erwartungshaltungen zu erfüllen.“ Einige Details des gestandenen Tatablaufs beruhten auf Vorhalten der Beamten. Das Geständnis sei im übrigen nicht deshalb nicht auf Tonband aufgezeichnet, weil dieses kaputt war, sondern weil die Anlage schon abgebaut war. Schließlich sei die Vernehmung schon abgeschlossen gewesen. Vom Geständnis sei man am 2. Mai 2002 regelrecht überrascht worden.
15.30 Uhr:
Ein pensionierter Polizeihauptmeister aus Lichtenberg hat der Behauptung widersprochen, dass er Ulvi K. unter Druck gesetzt habe, ein Geständnis abzulegen. Es sei nicht richtig, dass er gesagt habe, dass Ulvi die Wahrheit sagen solle, wenn er sein Freund bleiben wolle. Das könne schon deshalb nicht so sein, weil er mit dem Wort „Freund“ sehr vorsichtig umgehe. Nach der Vernehmung am 2. Juli 2002 habe er Ulvi K. auf der Außentreppe der Polizeidirektion Bayreuth nur gefragt: „Hast du wirklich die Wahrheit gesagt?“ Da habe dieser den Kopf schräg gelegt und gesagt: "Ich habe nicht die Wahrheit gesagt.“ Darauf habe er seinen Kollegen gerufen: „Rainer, da kommt noch etwas.“ Und man sei zurück ins Vernehmungszimmer. Dort habe Ulvi dann mit ihm allein gesprochen. Die übrigen Polizeibeamten hätten das Gespräch aus dem Nebenzimmer verfolgt. Ihm sei es nur darum gegangen den Redefluss zu erhalten. Auf Nachfrage von Verteidiger Michael Euler und des Gerichts musste der Polizeihauptmeister einräumen, dass er sich nicht mehr genau erinnern könne, ob er Ulvi den Entzug der Freundschaft androhte.
Euler konfrontierte den 72-Jährigen mit einer weiteren, bizarren Episode: Er soll einem weiteren Zeugen, der im Verfahren noch nicht gehört wurde, noch vor dem Verschwinden in einem Lichtenberger Wirtshaus einmal im Rausch seine Dienstpistole an den Kopf gehalten und gesagt haben: „Wenn ich jetzt abdrücke hast du ein großes Loch im Kopf“. Dann sei noch eine Patrone aus der Waffe gefallen und der Polizist habe einen der Wirtshausbesucher aufgefordert, diese wieder aufzuheben. Der Zeuge konnte sich daran ebenfalls nicht erinnern. Offen blieb, welchen Bezug diese Episode zum Verschwinden von Peggy K.haben soll.
17.30 Uhr:
Das für den heutigen Dienstag eingeplante Gutachten über die Glaubwürdigkeit des - inzwischen widerrufenen - Geständnisses von Ulvi K. wurde wegen Zeitmangels abgesagt. Der Berliner Gerichtspsychiater Hans-Ludwig Gröber soll sein Gutachten nun am 6. Mai vortragen. Die Hauptverhandlung selbst wird am 5. Mai um 8.30 Uhr fortgesetzt.