Länderspiegel Die vernetzte Kuh

Jürgen Umlauft

Das Landwirtschaftsministerium setzt auf moderne Technik für die individuellere Betreuung der Nutztiere. Bauern sollen dafür bis zu 25 Prozent Förderung erhalten.

 
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München - Zur Verbesserung des Tierwohls in bayerischen Ställen setzt das Landwirtschaftsministerium auf die Digitalisierung der Nutztierhaltung. Der Einsatz elektronischer Sensorik und Überwachungssysteme diene Mensch, Tier und Umwelt, erklärte der Leitende Ministerialrat Anton Dippold im Agrarausschuss des Landtags. Moderne digitale Technik mache eine individuellere Betreuung von Rindern, Schweinen und Geflügel möglich. Ziel der Staatsregierung sei es, die Chancen der Digitalisierung auch für bäuerliche Familienbetriebe nutzbar zu machen. Dafür gewähre der Freistaat eine Förderung von bis zu 25 Prozent.

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"Die moderne Technik gibt den Tieren im Stall mehr Möglichkeiten, sich frei zu bewegen", betonte Jan Harms, bei der Landesanstalt für Landwirtschaft zuständig für Fragen der Digitalisierung. Bei Kühen zum Beispiel lasse sich über transpondergesteuerte Fütterung und automatisiertes Melken eine Entkoppelung von den Arbeitszeiten des Menschen erreichen. Das komme den natürlichen Bedürfnissen der Tiere entgegen. Dank moderner Sensorik könne der Landwirt jederzeit auf aktuelle Gesundheitsdaten der Tiere zugreifen und bei sich abzeichnenden Krankheiten schneller eingreifen. Einige Leiden ließen sich so bereits erkennen, bevor diese augenfällig würden.

Harms hob auch den Nutzen kombinierbarer Daten hervor. Werde bei einem Tier durch die Sensorik eine Stoffwechselstörung festgestellt, könnten Futtermenge und -zusammensetzung automatisch angepasst werden. Auch ließen sich aus der Zusammenschau von Daten zur Futteraufnahme, zu Bewegungsabläufen und zum Gewicht Erkenntnisse zu Tierwohl und -gesundheit ableiten. Bei größeren Beständen empfahl Harms, ein Herdenmanagementprogramm zu nutzen. Dieses füge die Daten der einzelnen Tiere zu einem Überblick über den Zustand des gesamten Bestandes zusammen und ermögliche, frühzeitig auf Probleme zu reagieren. "Die Digitalisierung trägt eindeutig zur Verbesserung des Tierwohls bei", stellte Harms fest.

Aus den Reihen der Abgeordneten gab es zum Teil skeptische Töne. Gisela Sengl (Grüne) warnte davor, die Beziehung vom Bauern zum Tier durch zu viel Technikeinsatz zu gefährden. Sengl bemängelte zudem Defizite in der digitalen Ausbildung der Landwirte. Ralf Stadler (AfD) sah Anzeichen einer Industrialisierung der Landwirtschaft. Inzwischen verbringe ein Bauer ein Drittel seiner Arbeitszeit im Büro, meinte er. Es drohe, über Generationen überlieferte Erfahrung in der Tierhaltung verloren zu gehen.

Christoph Skutella (FDP) kritisierte, dass bayernweit erst rund 180 Anträge auf staatliche Förderung zur Digitalisierung in der Nutztierhaltung gestellt worden seien. Man müsse deshalb fragen, ob die Förderbedingungen passend seien. Ähnlich äußerte sich Martina Fehlner (SPD). Sie vermutete als einen Grund für die Zurückhaltung der Landwirte, dass die Förderung auf die Anschaffung des digitalen Equipments beschränkt sei, die dafür erforderliche Hardware im Stall aber nicht umfasse. Martin Schöffel (CSU) sah die Möglichkeit, durch einen umfassenden Datenaustausch mit den Aufsichtsbehörden die Zahl der Betriebskontrollen zu reduzieren. Dies würde die Landwirte und die Prüfer entlasten. Dippold äußerte sich zurückhaltender. Den "gläsernen Landwirt" könne es nur auf freiwilliger Basis geben.