Länderspiegel Drei Viertel des Freistaats auf Gelb, Rot oder Dunkelrot

Markus Söder (CSU), Ministerpräsident von Bayern. Foto: Peter Kneffel/dpa

Der Ministerpräsident mahnt zu Geduld und zum strikten Einhalten der Corona-Regeln - warnt aber auch vor Panik. Denn die Corona-Zahlen steigen und steigen. Zeigen die Gegenmaßnahmen demnächst Wirkung?

 
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München - Wegen ungebremst steigender Corona-Zahlen gelten von Freitag an in mittlerweile drei Viertel der Landkreise und kreisfreien Städte in Bayern eine verschärfte Maskenpflicht, strikte Kontaktbeschränkungen und eine Sperrstunde in der Gastronomie. Acht Regionen haben sogar die von Ministerpräsident Markus Söder (CSU) eingeführte neue "dunkelrote" Warnstufe erreicht - dort dürfen Veranstaltungen nur noch mit maximal 50 Teilnehmern stattfinden.

Söder rief angesichts der immer weiter steigenden Zahlen zu Geduld und zum strikten Einhalten der Corona-Regeln auf, warnte aber auch vor Panik. Die Lage entwickle sich derzeit wie befürchtet und wie prognostiziert, sagte er in München. Er rechne damit, dass die Infektionszahlen nun zunächst exponentiell ansteigen - man hoffe aber, dass die Gegenmaßnahmen in zwei Wochen Wirkung zeigten.

Das Gesundheitssystem sei zudem besser vorbereitet als noch zu Beginn der Pandemie, betonte Söder: "Die Gefahr, dass es uns so erwischt wie im Frühjahr, die Alten-, die Pflegeheime, die Krankenhäuser, ist deutlich reduziert." Die Nachverfolgung von Infektionsketten müsse allerdings trotz der rasch ansteigenden Zahlen so lange wie möglich gewährleistet werden, mahnte der CSU-Vorsitzende und rief erneut alle Menschen zu Vorsicht und Umsicht auf: "Wenn wir jetzt ein bisschen mehr machen, dann bleibt uns vieles andere dann erspart." Nötig seien Geduld, gute Nerven, Disziplin, Rücksichtnahme und Solidarität.

Gesundheitsministerin Melanie Huml (CSU) betonte, insbesondere bei Überschreiten der Marke von 100 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen gelte es, schnell und entschlossen zu handeln. "Denn bei Inzidenzen jenseits der 100-Schwelle wird die Kontaktnachverfolgung deutlich schwieriger und die Gefahr einer unkontrollierten Ausbreitung erhöht sich erheblich", warnte sie.

Die neuen Beschränkungen in den "dunkelroten" Corona-Hotspots gelten nun von Freitag an, einen Tag später als zunächst angekündigt: Ursprünglich hätten die neuen Auflagen - also die Begrenzung für Veranstaltungen aller Art auf maximal 50 Teilnehmer und eine Sperrstunde ab 21.00 Uhr - schon von Donnerstag an gelten sollen.

Über dem 100er-Wert lagen am Donnerstag laut Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) Stadt und Landkreis Schweinfurt, der Landkreis Neustadt an der Waldnaab, Weiden in der Oberpfalz, Augsburg, der Landkreis Passau sowie der Kreis Berchtesgadener Land mit einer Rekord-Sieben-Tage-Inzidenz von 292. Zusammen mit dem Kreis Rottal-Inn - der nach Angaben eines Sprechers ebenfalls über der 100er-Marke lag, wegen eines technischen Übermittlungsfehlers aber in der LGL-Liste mit einem falschen Wert geführt wurde - sind somit acht Landkreise und kreisfreie Städte von der Stufe "dunkelrot" betroffen.

In 46 weiteren Landkreisen und kreisfreie Städten steht die bayerische Corona-Ampel auf Rot, weil dort der Wert von 50 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen überschritten wurde. Dort dürfen sich nur noch zwei Hausstände oder maximal fünf Personen treffen, Gaststätten müssen um 22.00 Uhr schließen, und es gilt eine Maskenpflicht im Unterricht auch für Grundschüler - von dieser Regel sind aber inzwischen einige Städte und Landkreise abgewichen, darunter auch die Landeshauptstadt.

In 21 weiteren Landkreisen und kreisfreien Städten mit einem Corona-Wert zwischen 35 und 50 steht die Ampel auf Gelb: Dort gilt eine Sperrstunde ab 23.00 Uhr und es dürfen sich nur zwei Hausstände oder maximal zehn Personen treffen. Und schon ab dem 35er-Wert, also aktuell in 75 der 96 Landkreise und kreisfreien Städte, gilt eine verschärfte Maskenpflicht auch am Arbeitsplatz sowie auf stark frequentierten öffentlichen Plätzen, etwa in Fußgängerzonen.

In der Landeshauptstadt München stieg die Infektionsrate je 100 000 Einwohner binnen sieben Tagen auf über 82, wie Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) sagte - die Zahl sei "unglaublich hoch". Mithilfe der Gegenmaßnahmen erhoffe er sich aber eine Entspannung der Lage: "Ich bin sicher, dass wir die Ergebnisse spätestens zu Ferienbeginn sehen werden. Ich hoffe darauf, dass die Inzidenzwerte nicht weiter steigen und dass wir gemeinsam dieses Thema in den Griff bekommen."

Huml rief derweil dazu auf, in diesem Jahr auf Halloween-Bräuche zu verzichten. "Zu Halloween bitte ich die Eltern, dieses Jahr bei ihren Kindern dafür zu werben, nicht von Tür zu Tür zu gehen und zudem von Motto-Zusammenkünften abzusehen - auch im reduzierten Umfang", sagte sie. "Denn es ist wichtig, unnötige Kontakte zu minimieren und Infektionsketten zu unterbrechen." Mit Blick auf Allerheiligen sagte sie, der Besuch auf Friedhöfen werde für Angehörige auch künftig möglich sein. "Gleiches gilt für die Durchführung von Gottesdiensten, die klar geregelt sind", sagte Huml. "Wichtig ist mir hier aber immer der Hinweis auf die Einhaltung der Abstands- und Hygieneregeln."

SPD-Landtagsfraktionschef Horst Arnold kritisierte den neuen dunkelroten Corona-Grenzwert für den Freistaat. "Eine Ampel mit vier verschiedenen Farben ist problematisch. Kein Mensch weiß dann im Prinzip, woran er ist", sagte Arnold dem Bayerischen Rundfunk.

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