Länderspiegel Landkreise unterliegen Rechtsrocker

Sören Göpel

Der Gasthof Fels an der B 173 bleibt in den Händen von Jens H. Das haben die Richter des Verwaltungsgerichtes in Bayreuth entschieden.

 
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Bayreuth - Die rechte Szene feiert. Jens H., nachweislich einer ihrer zuverlässigsten Versorger mit fremdenfeindlicher Musik, darf vorerst weiter im Gasthof Fels wohnen und arbeiten. Das entschieden am Donnerstag die Richter des Verwaltungsgerichtes in Bayreuth.

Zuständigkeiten

Für Fels zuständig sind zwei Landkreise und zwei Gemeinden. Das Anwesen an der B 173 steht im Landkreis Kulmbach, ist Teil des Marktes Presseck. Der Parkplatz vor dem Gasthof gehört zum Weiler Schübelhammer, der wiederum zur Stadt Schwarzenbach am Wald im Landkreis Hof gehört.

Die Landkreise Hof und Kulmbach machten für das Anwesen ihr Vorkaufsrecht geltend, nachdem sie im Herbst vor zwei Jahren erst nach H.s Einzug von dem Besitzerwechsel erfahren hatten. Dagegen wehrte sich der gebürtige Berliner nun erfolgreich, muss aber damit rechnen, dass die Behörden in Berufung gehen.

H.s Anwalt Andreas Wölfel aus Tröstau im Landkreis Wunsiedel, der nicht zum ersten Mal eine Szenegröße verteidigte, lobpreist die Entscheidung als "Unabhängigkeit unserer Verwaltungsgerichtsbarkeit". Die Argumentation der Gegenseite sei "juristisch fragwürdig" gewesen. Das Vorhaben der Landkreise in Fels sei eine "politische Instrumentalisierung des naturschutzrechtlichen Vorkaufsrechts" gewesen.

Die Behörden stützten ihr Vorgehen auf Artikel 39 des Bayerischen Naturschutzgesetzes. Dort heißt es, dass das Vorkaufsrecht nur ausgeübt werden kann, wenn es zukünftig das Bedürfnis der Allgemeinheit nach Naturgenuss und Erholung rechtfertigt. Im Rahmen des Förderprogramms Naturoffensive Bayern wollten die Landkreise nach H.s. Einzug mit seiner Frau, den vier Kindern und mehr als 20 Katzen ein Naturparkzentrum mit Informationszentrum, Café, Geschäftsstelle und Dienstsitz der Naturpark-Ranger aus dem Anwesen machen.

Nach Auffassung des Gerichtes liege vonseiten der Landkreise zwar ein überzeugendes Nutzungskonzept für ein Naturparkzentrum vor, allerdings seien die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht gegeben. Die Richter sehen die Grundstücke und die Umgebung als nicht so wichtig an, um sich in dem Gebiet, wo ohnehin schon die Natur regiert, zu erholen. "Die Vorteile des Naturparkzentrums wären allenfalls mittelbar gewesen", sagt Gerichtssprecher Philipp Hetzel.

Aufgrund der rechtlichen Schwierigkeit habe das Gericht jeweils die Berufung zum Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen.

Ob die Landkreise in die nächste Instanz gehen, entscheidet sich erst in den nächsten Wochen. Beide wollen die ausführliche Urteilsbegründung und die maßgeblichen Entscheidungsgründe des Verwaltungsgerichtes abwarten, teilten die Landkreise am Abend mit.

Jens H. betonte in der Vergangenheit immer wieder, auch bei einem Ortsbesuch des Reporters, seine rechte Karriere hinter sich gelassen zu haben. Er wolle einfach nur seine Ruhe haben in seiner neuen Heimat. Vor allem seine Familie leide unter den regelmäßigen Medienberichten. Auch im Emsland, wo H. vor seinem Umzug wohnte, tauchte er regelmäßig in Zeitungen auf, unter anderem als Mitglied einer Gruppe, die einem rechten Liedermacher bei einer Gerichtsverhandlung Beistand leistete.

Abhilfe könnte H. leicht selbst schaffen, was ihm aber offenbar nicht gelingen will. Erst kürzlich verurteilte das Amtsgericht in Kulmbach den früheren Betreiber des mächtigen Nibelungenversandes, der dem mittlerweile verbotenen rechten Netzwerk Blood and Honour, Blut und Ehre, zugerechnet wurde. Das Gericht in Kulmbach sah es als erwiesen an, dass H. Tonträger der Gruppe "Macht und Ehre" unters Volk brachte. Die Ermittlungsbehörden machten im Song "Unser Land" volksverhetzende Aussagen aus. Die Staatsanwaltschaft sah damit den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt und ahndete das Verhalten des 45-Jährigen mit einem Strafbefehl. Diesen akzeptierte der Kaufmann allerdings nicht, sodass es zur Hauptverhandlung kam, an deren Ende eine Strafe in Höhe von 3600 Euro stand.

Ein 48-jähriger Polizeibeamter berichtete von den Ermittlungen der Bayreuther Kripo. Bei einer Hausdurchsuchung wurden mehrere Kartons des kritischen Tonträgers sichergestellt. Der Angeklagte müsse im Besitz von rund 800 Mini-CDs und Platten gewesen sein. Mindestens 143 davon seien veräußert worden.

H.s Anwalt Andreas Wölfel sieht keinen Zusammenhang zwischen "dem Erwerb von Grund und Boden" und den "geschäftlichen Aktivitäten meines Mandanten". Und nach der Verurteilung in Kulmbach, schreibt Wölfel im Auftrag von Jens H., sei "das letzte Wort noch nicht gesprochen".

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