Johann Sebastian Bachs größte Passion zählt unter seinen CD-Einspielungen zu den bedeutendsten. Auch in Hof, mit den Symphonikern, interpretierte er seine rigorose Interpretation dieses Folterberichts, mit einer erkenntniserweiternden Tiefensicht, kraft derer er sowohl die Klang-Theologie des Tonsetzers als auch den lutherschen Urtext aufschloss, sing- und spielbar machte. Für die Aufnahme von Anton Bruckners Vierter erhielten er und das Münchner Orchester "Klang-Verwaltung" den Echo-Preis - den er im April nach der Ehrung der antisemitischen Rapper Kollegah und Farid Bang angewidert zurückgab -; "die Romantische" heißt die Symphonie, aber ohne gefällige Glätte, so energisch wie elegisch deutete Guttenberg sie aus, bisweilen schreckensvoll, nicht um jeden Preis "schön": Kein Urlaub für die Ohren. Schon gar nicht taugte Dmitri Schostakowitschs 13. Symphonie dazu, "Babi Yar" benannt, nach der Schlucht in der Ukraine, in der die deutsche SS 1941 zigtausend Juden massakrierte. Ein tönendes Mahnmal: Dem Publikum in Hof mutete er es 2008 zu und bekräftigte eingangs: "Kein Werk zeigt unsere Abgründe deutlicher." Das machte er hörbar.
In aller Welt war der Dirigent, einer der nachdenklichsten im Lande, musizierend zu Gast; aber ebenso in Waldsassen oder in Kupferberg im Kulmbacher Land oder auf der Plassenburg. Dort - wie später in Hof - warnte er davor, die "Jahreszeiten" Joseph Haydns unterschätzend für naiv zu halten. Guttenberg beschrieb darin eine Natur und Natürlichkeit, "wie es sie heute nicht mehr gibt", die Idealvorstellung einer Epoche, da Mensch und Natur auf Erden "in gottgewollter Symbiose" miteinander hausen.
Darauf zu hoffen: Hilft da nur der Schöpferglaube eines Kindes? Guttenberg, der agnostische Klang- und Öko-Aktivist, bedauerte, dass er ihn "leider" nicht besaß. Er könne, bekannte er dem Schreiber dieser Zeilen, in der Welt Gott nicht erkennen. Gleichwohl hat er ihn in der Schöpfung und den Schöpfungen der Kunst geliebt, geehrt, verteidigt.