Prozess in Oberfranken Übergewichtiger erpresste mit Messer Geld für Essen

Martin Schweiger
Der Fall wurde bereits vom Amtsgericht in Haßfurt verhandelt, jedoch an das Landgericht verwiesen, da möglicherweise eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus im Raum stand. Foto: picture alliance/dpa/Volker Hartmann

Vor dem Landgericht Bamberg musste sich ein übergewichtiger Mann mit psychischen Problemen verantworten. Dorthin war das Verfahren von Haßfurt aus verwiesen worden. 

 
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Wenn ein nun angeklagter 40-jähriger Arbeiter aus dem nördlichen Landkreis satt ist, dann ist er ein ruhiger, höflicher und zuvorkommender Mensch. Wenn er hingegen Hunger hat, kann sich sein Gemütszustand ändern. An einem Abend im Juli vergangenen Jahres hatte er Hunger – und kein Geld mehr, um sich Lebensmittel zu kaufen. Mit einem Küchenmesser bewaffnet forderte er einen Mitbewohner in der Gemeinschaftsunterkunft, in der beide wohnen, auf, ihm 15 Euro zu geben. Andernfalls drohte er damit, ihn abzustechen. Der Bedrohte gab das Geld heraus, erstattete aber danach Anzeige. Am Dienstag verurteilte das Landgericht den 40-Jährigen wegen schwerer räuberischer Erpressung zu einer neunmonatigen Bewährungsstrafe. Als Auflage muss er unter anderem 500 Euro an eine gemeinnützige Organisation bezahlen.

„Es war blöd von mir“, räumte der unter Betreuung stehende, stark übergewichtige Angeklagte auf der Anklagebank ein. Das Geld habe er sofort für Essen ausgegeben. Er hätte nichts gemacht, falls er das Geld nicht erhalten hätte, beteuerte er. Der 36-jährige Geschädigte gab im Zeugenstand an, er habe Angst gehabt, als er von dem kräftigen Angeklagten mit dem Messer bedroht wurde. „Er war nervös und aufgeregt. Ich dachte, der macht ernst“, sagte er dem Gericht. Zwei Wochen nach dem Vorfall sei er erneut von dem Angeklagten erpresst worden. Der habe ihn aufgefordert, ihm zehn Euro zu geben. Andernfalls würde er die Lieblingstasse seines Mitbewohners mit Motiven seiner Hunde zertrümmern. Er sei auch schon von ihm beschimpft und beleidigt worden. Wenn er etwas gegessen habe, gehe es wieder. „Ich mag ihn als Freund. Er ist ein feiner Kerl“, sagte er. Die Einrichtungsleitern sagte vor Gericht, dass der Bezirk Unterfranken einen gewissen Essenssatz zur Verfügung stelle. Dieser liege bei 3,86 Euro pro Person und Tag. Dies reiche dem stets hungrigen Angeklagten nicht aus. Die Betreuerin des Angeklagten sagte, dass ihr Mandant ein monatliches Taschengeld in Höhe von 125 Euro erhalte, das er für Lebensmittel ausgebe.

Der Fall wurde bereits vom Amtsgericht in Haßfurt verhandelt, jedoch an das Landgericht verwiesen, da möglicherweise eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus im Raum stand. Dies bleibt dem Angeklagten jedoch erspart. Ein psychiatrischer Gutachter sagte vor Gericht, er sehe keine wahnhaften oder psychotischen Symptome bei dem Angeklagten. Eine Psychotherapie sei nicht möglich, da ihm aufgrund seiner Intelligenzminderung die „kognitive Basis“ fehle. Der Angeklagte könne zwar seinen Namen schreiben. Den Namen „Bamberg“ habe er bei einem Test jedoch abschreiben müssen. Auch einfache Rechenaufgaben wie 5 mal 3 habe er nicht lösen können.

Die Staatsanwältin verwies darauf, dass eine schwere räuberische Erpressung ein Verbrechen sei, das mit einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren aufwärts bestraft werde. Hier liege jedoch ein minder schwerer Fall vor, da der Angeklagte geständig und reuig war und darüber hinaus nicht vorbestraft ist. Sie forderte eine einjährige Bewährungsstrafe plus 1500 Euro Geldauflage. Pflichtverteidiger Jens Fichtner erachtetet eine Bewährungsstrafe von acht Monaten sowie 1000 Euro als Geldauflage für ausreichend.

Die Strafkammer blieb in der Mitte der beiden Anträge, beließ es jedoch bei einer Geldauflage von 500 Euro. Der Verurteilte müsse schließlich auch die Gerichtskosten mit den Kosten für den Gutachter tragen, argumentierte der Vorsitzende Richter Ralph Zenner. Die Unterbringung in einer geschlossen Psychiatrie sei „das schärfste Schwert des Strafrechts“ und daher an strenge Voraussetzungen gebunden, so Zenner. Es gebe jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass von dem Verurteilten weiterhin eine Gefahr ausgehe. „Sie sind kein Verbrecher“, gab er dem 40-Jährigen mit auf den Weg. Der nahm das Urteil bereits an. Die Staatsanwältin gab keine Erklärung ab.

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