Landgericht Hof Prügel für den Erotik-Fotografen

Vor dem Landgericht Hof geht es in einem aktuellen Verfahren unter anderem um zwei brutale Überfälle im Bahnhofsviertel Foto: dpa

Ein 26-jähriger Hofer muss sich wegen zweier brutaler Überfälle verantworten. Einem Opfer soll er mit dem Messer das Ohr aufgeschlitzt haben

 
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Hof - Es gibt Ideen, die sind so fatal, dass sie ganze Jahre des Lebens kosten können. Eine solche Idee, muss es gewesen sein, die ein 26-jähriger Hofer, an einem langweiligen Samstagnachmittag im September 2019 hatte. Schon seit längerem war Marvin K. (Name geändert) beim Blick aus dem Wohnzimmerfenster in der Bahnhofstraße ein ältere Mann aufgefallen, der sich dort öfter mit verschiedenen Frauen traf und mit ihnen jeweils im leer stehenden Gebäude des ehemaligen Bahnausbesserungswerks verschwand. „Was macht ein 40- bis 50-jähriger Mann mit den jungen Mädchen“ habe er sich damals gefragt, berichtete er nun den Richtern des Landgerichts.

Weil eh nichts anderes zu tun war, habe er beschlossen, zusammen mit einem Freund einmal nachzuschauen, was dort in der Ruine passiert.

Spätestens seit einem Prozess im vergangenen Oktober weiß man recht genau, was es mit den Treffen auf sich hatte. Bei dem älteren Mann handelte es sich um einen passionierten Amateur-Fotografen, bei den jungen Frauen um seine Models. Er ließ es sich regelmäßig ein paar Hunderter kosten, die Damen erotisch in Szene zu setzen. In der Gage eingeschlossen war auch ein Service, den ein Richter später als „körperliche Zuneigung“ definierte und der ebenfalls mit gegenseitigem Einverständnis geschah.

Das alles sahen sich die beiden Freunde aus dem Verborgenen an, ehe sie an diesem Nachmittag zur Tat schritten. Während das Model entsetzt flüchtete, verprügelten sie den körperlich völlig unterlegenen Fotografen mit Faustschlägen und Fußtritten. Danach verschleppten sie ihn in den dunklen Keller der Ruine und kündigten ihm an, ihn später noch anzünden. Verdreckt und voller Panik zwängte sich das schmächtige Opfer durch ein unvergittertes Fenster und flüchtete. Seine Fotoausrüstung, sein Handy und seine Barschaft nahmen seine Peiniger mit.

Für diesen Überfall hatte der Bekannte von Marvin K. im Oktober in seinem Verfahren trotz eines rückhaltlosen Geständnis eine Freiheitsstrafe von vier Jahren wegen schwerer räuberischer Erpressung und Körperverletzung erhalten. Marvin K., der wegen andere Dinge in Strafhaft sitzt, wurde damals als Zeuge in den Gerichtssaal geführt – und hatte gleich die nächste fatale Idee. Obwohl ihn der Vorsitzende Richter mehrfach darüber belehrte, dass ihm als Beschuldigten ein Zeugnisverweigerungsrecht zustand, bestand K. auf einer Aussage. Er stellte den gesamten Vorfall komplett in Abrede und gab an, das Opfer nie gesehen zu haben. Dies erweiterte den Umfang seiner eigenen Anklageschrift um den Straftatbestand der Falschaussage. „Das waren damals so komische Fragen“, erklärt Marvin K. sein kaum verständliches Verhalten.

In seinem eigenen Verfahren bestätigt K. nun so gut wie alles, was in der Anklageschrift steht. Sie umfasst immerhin zehn Positionen und reicht vom Besitz illegaler Betäubungsmittel über den Widerstand gegen Vollzugsbeamte bis zur Sachbeschädigung. „Aus Langeweile“ hatte sich Marvin K. im Herbst 2019 als Graffiti-Maler betätigt. Die Anklage listet fast 40 Schmierereien an Hofer Fassaden auf. Ihre Entfernung kostete die Hauseigentümer zusammengenommen rund 30 000 Euro.

Besonders bizarr war ein weiterer Zwischenfall im Hofer Bahnhofsviertel. Dort klingelte K. nach Mitternacht am einer Wohnungstür und forderte von dem Mieter, dass er ihm „seine Box“ wieder geben solle. Als der Mann ihm erklärte, dass er nichts von einer Box wisse und sie ihm deshalb auch nicht wiedergeben könne, zückte Marvin K. ein Messer und schwang es vor dem Gesicht seiner Opfers von links nach rechts. Weil der Wohnungseigentümer sich duckte, erwischte das Messer nur sein linkes Ohr, das freilich bis zur Muschel durchtrennt wurde. An diesen Vorfall, beteuert Marvin K., könne er sich heute nicht mehr erinnern. Sein Opfer sagte als Zeuge vor Gericht, dass er bis heute nicht wisse, was K. von ihm eigentlich wollte. Er habe gar nicht gekannt. Das Verfahren wird fortgesetzt.

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