Landkreis Hof Lokalpolitiker als „Impfluencer“?

Einen „Impfbus vor dem Supermarkt“ hält Mirjam Kühne (Bündnis 90/Grüne) für eine effektivere Aktion, als eine Plakat-Werbung mit Lokalpolitikern. Foto: /privat

Prominente werben bundesweit für die Corona-Impfung. Ein Kreisrat im Fichtelgebirge schlägt vor, dass auch Lokalpolitiker auf Plakaten für die Impfung werben sollten. Die Reaktionen in der Region sind zurückhaltend.

 
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Hof - Im Hofer Land liegt die Impfquote aktuell bei 67 Prozent, bundesweit bei 59 Prozent. Und obwohl mittlerweile Impfstoffe in ausreichender Menge zur Verfügung stehen, sinkt die Zahl der Erstimpfungen deutschlandweit deutlich. Deshalb laufen aktuell verschiedene Werbekampagnen für die Corona-Impfung, etwa die „Ärmel hoch“-Kampagne der Bundesregierung mit Uschi Glas oder David Hasselhoff. In Anlehnung an die „Influencer“ , die ihr Ansehen in sozialen Netzwerken nutzen, um Produkte oder Lebensstile zu bewerben, werden die Promis „Impfluencer“ genannt.

Politiker und Verbände fordern nun eine offensivere Werbekampagne mit TV-Spots für das Impfprogramm. Vor Kurzem hat ein Kreisrat im Nachbarlandkreis Wunsiedel vorgeschlagen, dass auch Lokalpolitiker auf Werbeplakaten Einfluss auf die impfmüde Bevölkerung nehmen sollen (die Frankenpost berichtete).

Diese Idee betrachten die Fraktionsvorsitzenden des Hofer Kreistags differenziert. Sie finden, dass andere Prominente und Multiplikatoren wie etwa Vereinsvorsitzende mehr Einfluss und Glaubwürdigkeit besitzen als Lokalpolitiker. Die Impfung würden aber fast alle weiterempfehlen.

So wie SPD-Fraktionsvorsitzender Christian Zuber: „Jeder, der geimpft werden kann, sollte aus meiner Sicht ernsthaft darüber nachdenken, dies aus Gründen des eigenen Gesundheitsschutzes und vor allem aus Solidarität mit den Mitmenschen auch zu tun.“ Er selbst habe sich impfen lassen. Wichtig dabei sei, sich mit den objektiven Fakten einer Impfung zu beschäftigen. Die vielen Fake-News, insbesondere in den sozialen Medien, erschwerten hingegen eine seriöse Überzeugungsarbeit.

Von einer Impfkampagne der Lokalpolitik hält Zuber aber wenig: Die Lokalpolitik vor Ort arbeite jeden Tag daran, dass die geltenden Regeln eingehalten werden und man möglichst gut die momentanen Herausforderungen meistere. Persönliche Gespräche, in denen auf Sorgen und Nöte reagiert sowie Fragen geklärt oder weitergeben werden können, bringen seiner Meinung nach mehr, „als dass wir uns auf Leinwand drucken lassen“.

Diese Aufgabe will er lieber Promis aus Film und Fernsehen überlassen: „Dann ist das eher förderlich.“ Die Aufgabe der Politik hingegen sei es, Fake-News zu entlarven und mit objektiven Zahlen, Daten und Fakten zu überzeugen. „Das Impfen darf jedoch nicht zu einer Stigmatisierung derer führen, die sich nicht impfen lassen können oder wollen.“

So sieht das auch AfD-Politiker Christian Bär: Jeder solle selbst darüber entscheiden, ob er sich impfen lässt. Einen Zwang zur Impfung oder eine Bevorteilung von Geimpften lehnt er aber ab. Denn es gebe „nachweislich keine Garantie“, dass Geimpfte das Virus nicht übertragen können und dass Geimpfte nicht erneut infiziert werden können.

Er selbst sei „in der Tat kein Impfgegner“ und habe alle Kinderimpfungen bekommen. Grippeimpfungen allerdings habe er nie gemacht, er sei auch nicht gegen Corona geimpft. Zum einen sei er von der Impfung noch nicht überzeugt, zum anderen habe es „Vorfälle“ in seinem Umfeld nach einer Impfung gegeben. „Dies stimmte mich definitiv nachdenklich.“

Seine Einstellung zu einer Werbe-Aktion mit Lokalpolitikern sei demnach neutral. Politiker, Prominente oder Personen des öffentlichen Lebens hätten eine Vorbildfunktion. Er verurteile auch niemanden, der von der Impfung überzeugt ist und dafür Werbung macht. „Gleichermaßen aber sollte man in unserem Land auch die Leute akzeptieren, die, aus welchem Grund auch immer, nicht geimpft sind und dies in dem Fall auch nicht bewerben würden.“

Auch der Hofer Landrat Oliver Bär will keinen zu großen Druck, auch wenn er Impfen für die Lösung hält: „Die Impfung ist eine Entscheidung, die jeder für sich trifft. Richtig ist aber auch, je mehr Menschen geimpft sind, um so größer ist die Immunisierung in einer Region und in der Bevölkerung und das hilft wiederum allen“, sagt er. Das Ziel in Stadt und Landkreis Hof sei von Anfang an die möglichst schnelle Immunisierung der Bevölkerung gegen das Corona-Virus gewesen.

Auch Karl Philipp Ehrler (CSU) ist davon überzeugt, dass jeder selbst frei entscheiden sollte, ob er sich impfen lassen will oder nicht. Die Idee an sich, eine Impfkampagne mit Lokal-Prominenz zu starten, findet er gut: „Wir müssen alles tun, was zu einer höheren Impfquote beiträgt.“ Deshalb würde er sich auch nicht gegen eine Teilnahme an einer Werbe-Kampagne sträuben.

Allerdings hätten seiner Meinung nach Multiplikatoren wie etwa Vereinsvorsitzende oder Lehrer mehr Reputation und Breitenwirkung: „Menschen aus dem normalen Leben, Feuerwehrmänner oder Fußballtrainer haben mehr Durchschlagskraft als Politiker.“ Den Letzteren könnte man vorwerfen, dass sie bestimmte Ziele verfolgen oder wieder „für das nächste Bildla posieren“.

Ähnlich sieht es auch Matthias Beyer (Freie Wähler). „Politiker sind nicht unbedingt Vorbilder.“ Er bezweifelt deshalb, dass sich jemand von einem Politiker zu einer Impfung motivieren ließe. Der Großteil der Menschen, die sich impfen lassen wollten, habe das bereits getan. Eine Impf-Werbekampagne mit Kreisräten würde auf den zweifelnden Rest wohl keine große Wirkung haben. Eine Kampagne mit anderen Akteuren wie etwa Unternehmern hält Beyer aber für sinnvoll. Die Impfquote, die regional schon hoch sei, ließe sich vielleicht steigern, wenn die Corona-Tests ab dem 11. Oktober kostenpflichtig werden.

Einen „Impfbus vor dem Supermarkt“ hält Mirjam Kühne (Bündnis 90/Grüne) beispielsweise für eine effektivere Aktion, als eine Plakat-Werbung mit Lokalpolitikern. So könnten sich etwa Kurzentschlossene spontan beim Einkaufen impfen lassen. Das sei wichtig, denn die vierfache Mutter sieht die vierte Corona-Welle auf Deutschland zurollen, die vor allem für Kinder gefährlich werden könne: Menschen sollten jetzt deshalb Solidarität zeigen mit den Kindern, die nicht geimpft werden und auch schwere Krankheitsverläufe haben können. „Kinder und Jugendliche sind durch den Lockdown, die Kontaktbeschränkungen und Homeschooling gegangen, haben auf Abifeiern verzichtet, um die älteren Menschen zu schützen.“ Das sollten die Erwachsenen nun auch für die Kinder tun.

Sie habe sich schnellstmöglich impfen lassen, sagt Mirjam Kühne. Als Tierärztin sei sie viel in Privathaushalten unterwegs und sei deshalb erleichtert gewesen, als sie durch die Impfung geschützt war. Wer sich nicht impfen lasse, nehme in Kauf, dass er andere anstecke. Die Leidtragenden seien die Kinder. „Meine Wut darüber ist riesengroß, ich könnte nur noch schreien!“

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