Landkreis Kulmbach Krise erreicht den Arbeitsmarkt

red
In den Jobcentern melden sich derzeit zahlreiche Menschen aus der Ukraine an. Foto: dpa

Der Krieg in der Ukraine und die gestiegene Inflation macht sich bei den Unternehmen im Landkreis Kulmbach bemerkbar. Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist merklich zurück gegangen. Bestimmte Berufe sind allerdings weiter heiß begehrt.

 
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Im Landkreis Kulmbach waren im Juli mehr Arbeitslose zu verzeichnen als im Vormonat und im Vorjahresmonat. Der Anteil der Arbeitslosen, die ALG 1 beziehen, bleibt weiter unter dem Vorjahresniveau. Bei den Jobcentern ist ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen, was laut der Arbeitsagentur Bayreuth-Hof hauptsächlich auf die Übernahme von ukrainischen Geflüchteten zurückgeht.

Im Sommermonat Juli haben sich zahlreiche junge Menschen arbeitslos gemeldet. Es handelt sich um Absolventen betrieblicher Berufsausbildungen, für die ein Verbleib bei ihrem Ausbildungsbetrieb nicht in Betracht kam. Oftmals werden ein Arbeitgeberwechsel oder eine komplett neue Berufsausbildung angestrebt. Außerdem kamen Absolventen schulischer Ausbildungen auf die Agentur für Arbeit zu, wie zum Beispiel Kinderpfleger, Technikerinnen aus den Fachbereichen Lebensmittel, Bau und Heizung, aber auch Absolventen der FOS oder BOS. Fast alle hätten konkrete Pläne für den Herbst, sodass sie nur übergangsweise nach einem Job suchen. Aktuell ist außerdem eine hohe Nachfrage nach Gründungszuschüssen zu verzeichnen.

Die größte Nachfrage nach Arbeitskräften bestand auf dem lokalen Arbeitsmarkt für Berufe des Bauhaupt- und Nebengewerbes. Besonders gesucht sind Maurer, Zimmerer, Tischler, Maler und Trockenbauer. Ebenso Fachkräfte für Heizung, Klima, Sanitär und Elektro. Generell gesucht sind handwerkliche Fachkräfte, die jedoch kaum gemeldet sind. Deshalb werden auch erfahrene zuverlässige Helfer gerne eingestellt, weiß die Arbeitsagentur. Das Hotel- und Gaststättengewerbe fragt verstärkt nach Köchen, Küchenhilfen und Servicekräften. Weiterhin werden vom Gesundheits- und Sozialwesen ausgebildete Fachkräfte dringend gebraucht. Berufskraftfahrer, Lager- und Transportarbeiter, Kommissionierer und Kfz-Mechatroniker werden in Kulmbach ebenfalls gerne eingestellt. Insgesamt gingen beim Arbeitgeber-Service 172 neue Vermittlungsaufträge ein, elf weniger als im Vormonat und 78 weniger als im Vorjahresmonat. Seit Jahresbeginn gingen 1336 Stellenmeldungen ein, 20 mehr als im vergleichbaren Vorjahreszeitraum.

„Nach dem sprunghaften Anstieg im Juni ist auf dem regionalen Arbeitsmarkt wieder etwas Normalität eingekehrt. Die Zahl der Arbeitslosen stieg im Vergleich zum Vormonat saisonüblich leicht an. Normalerweise ist der Anstieg von Juni auf Juli eines Jahres auf die zu dieser Zeit steigende Anzahl an arbeitslosen Jugendlichen zurückzuführen. Der aktuelle Anstieg der Arbeitslosen insgesamt ist jedoch überwiegend auf die starke Zunahme der arbeitslosen Ausländer, bedingt durch den Übergang der Geflüchteten aus der Ukraine in die Betreuung der Jobcenter, zurückzuführen. Die Zunahme wird besonders im Vergleich zum Vorjahr sichtbar. Einen leichten Anstieg der Arbeitslosigkeit im Vergleich zum Vormonat hätte es aber auch ohne diesen Effekt gegeben“, erläutert Sebastian Peine, Leiter der Agentur für Arbeit Bayreuth-Hof, die regionalen Entwicklungen im Juli.

Die Zahl der in der Region Bayreuth-Hof registrierten Ukrainer im erwerbsfähigen Alter stieg auf 2459 Personen. Hierzu zählen auch Personen, die aktuell aus verschiedenen Gründen nicht für eine Vermittlung zur Verfügung stehen. 1323 von ihnen können und wollen aktuell eine Arbeit suchen und sind daher arbeitslos.

Auch die Unterbeschäftigung spiegelt die aktuelle Entwicklung wieder. So waren 12 791 Personen betroffen, 386 mehr als im Vormonat, aber nur noch 26 weniger als im Juni des Vorjahres. Die Unterbeschäftigung bildet umfassender als die Arbeitslosigkeit alle Personen ab, welchen ein reguläres Beschäftigungsverhältnis fehlt. Es werden zusätzlich Personen einbezogen, die nicht als arbeitslos gelten. Die Kurzarbeit wird dabei nicht berücksichtigt.

Trotz des anhaltendenden Rekordbestandes an offenen Stellen machen sich die ersten Anzeichen für Auswirkungen der aktuellen Krisen bemerkbar. So hat die Dynamik der Nachfrage nach Arbeitskräften im vergangenen Monat merklich nachgelassen. Der Zugang an gemeldeten Arbeitsstellen ging im Vergleich zum Vormonat und Vorjahresmonat spürbar zurück. Im Juli wurden 1279 offene Stellen neu gemeldet, 253 weniger als im Vormonat und auch 735 weniger als im Juli 2021. Mit 11 625 Stellenmeldungen seit Jahresbeginn liegt das Angebot aber noch um 1215 Stellen über dem Wert des Vorjahreszeitraumes. Die Nachfrage bleibt weiterhin sehr hoch und der Fachkräftebedarf ein drängendes Thema.

Aus Sicht derer, die sich noch für eine Berufsausbildung interessieren, bietet der regionale Ausbildungsmarkt eine recht günstige Situation. 2085 Ausbildungsplätze stehen noch zur Verfügung. Von A wie Augenoptik bis Z wie Zweiradmechatronik steht damit den aktuell 549 Ausbildungsplatzsuchenden noch eine breite und attraktive Angebotspalette für den Einstig in die berufliche Zukunft zur Verfügung.

„Eine betriebliche Berufsausbildung vermittelt nicht nur Vielfalt, Praxis und ein breites Wissen, sondern auch einen optimalen Start in einen entscheidenden Lebensabschnitt. Schüler, die noch unentschlossen sind, sollten jetzt einen Gesprächstermin mit unserer Berufsberatung vereinbaren“, rät Sebastian Peine. Dies ist unter der Telefonnummer 0800 4 5555 00 kostenlos möglich. Viele Unternehmen der Region zeigen sich kreativ und bieten auch Aktionstage und Infotage direkt in den Unternehmen an, um Azubis zu gewinnen.

Auch wenn der offizielle Ausbildungsstart Anfang September schon in Sichtweite ist – kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken: „Wir werden mindestens bis Jahresende alles daransetzen, allen Ausbildungsinteressierten durch gezielte Nachvermittlungsaktionen einen passenden Ausbildungsplatz zu vermitteln. Auch zu Fördermöglichkeiten, die einen Berufseinstieg erleichtern können, wie Berufsvorbereitende Bildungsmaßnahmen, Einstiegsqualifizierungen oder einer Berufsausbildung in außerbetrieblichen Einrichtungen informiert unsere Berufsberatung ganz individuell“, meint Agenturchef Peine.

Von neu eingegangenen Anzeigen auf Kurzarbeit waren im letzten Monat bis zu 290 Personen betroffen.

Die aktuellsten Hochrechnungen zur tatsächlich eingetretenen Kurzarbeit liegen für Februar 2022 vor und gehen von 3.039 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern in 566 Betrieben aus.

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