„Brutal ist das, einfach nur brutal, wie an mit uns umgeht“, sagt Gerhard Reif resigniert. Er versteht nicht, warum man es gerade bei denen, die das Land ernähren, so an Wertschätzung mangeln lässt. „Wir produzieren gesunde, hochwertige Nahrungsmittel für die Menschen, und die wissen das nicht zu schätzen. Die Leute gehen in den Supermarkt, kaufen dort ein und machten sich gar nicht bewusst, wo das Essen herkommt. Sie schimpfen auf die Bauern, die mit ihren Traktoren zu langsam unterwegs sind und beklagen sich über den Geruch. Das zehrt an unseren Nerven. Uns fehlen die Perspektiven.“
Was Reif besonders ärgert in dieser Situation, die er gerade mit allen Landwirten teilt, die Schweine erzeugen: „Die Schlachtbranche macht sich den Geldkragen voll. Sie kaufen billig Fleisch ein und lagern es. Im Laden ist das Schweinefleisch ja nicht billiger geworden.“
Genauso sieht das auch Wilfried Löwinger. „Die niedrigen Preise, mit denen man uns abspeist, kommen nicht bei den Verbrauchern an. Das macht es für den Kulmbacher Bauernverbandsvorsitzend doppelt ärgerlich. „Irgendwer macht sich in Deutschland gerade die Taschen voll. Der Einkaufspreis hat sich halbiert und an den Metzgertheken ist das Fleisch nicht billiger, sondern zum Teil sogar teurer geworden. Also muss es jemanden geben, der gerade richtig viel verdient. Das ist nicht in Ordnung, wenn da Leute nur an ihre Margen denken. Wir brauchen auch Margen. Das System passt nicht mehr zusammen.“
Löwinger schildert die Lage auf den Höfen. Viele haben investiert und Darlehen aufgenommen. „Da liegen zehn bis 15 Euro an Zins und Tilgung auf jedem Ferkel. Von dem Lohn für die Arbeit reden wir da noch gar nicht.“ Familienbetriebe seien, wenn sie keine fremden Arbeitskräfte bezahlen müssen, meist i der Lage, so etwas kurzfristig zu überbrücken. Aber natürlich gehe das nicht langfristig.
Löwinger erzählt von den Rückstaus in den Ställen, die aufgelaufen sind, seit immer wieder Schlachthöfe wegen Corona geschlossen werden müssen. 500 000 Schweine, die längst geschlachtet sein sollten, stehen laut Löwinger derzeit in deutschen Ställen. Nicht nur, dass die Tiere nicht verkauft und nicht abgeholt werden; sie werden auch immer schwerer. Damit falle noch mehr Fleisch an, der Druck auf den Markt werde noch größer. Ein Teufelskreis.
Aus dem können sich die Bauern ohne Hilfe nicht befreien, sagt Wilfried Löwinger. „Das wird ein Riesenproblem. Wir brauchen kurzfristige Lösungen.“ Die Bauern brauchen in der Krise finanzielle Hilfen, vielleicht sogar Liquiditätshilfen. Sie brauchen bessere Preise und sie brauchen Unterstützung beim Abbau des Rückstaus in den Ställen. „Die müssen wieder leer werden. Stattdessen wird der Stau jede Woche größer“ beschreibt Wilfried Löwinger die Situation. Für Wilfried Löwinger ist klar: „Wir brauchen einen Rettungsschirm für die Schweinehalter, sonst brechen die uns weg.“