"Hilfe für Nachbarn" 37-Jährige braucht täglich 27 Tabletten

Aus Angst vor Anfällen verlässt eine Frau aus dem Landkreis (das Foto ist ein Symbolbild) kaum ihr Zimmer. Foto: Photographee.eu - stock.adobe.com

Eine Frau aus dem Landkreis Hof ist ans Haus gefesselt. Eine Vielzahl von Krankheiten hat ihr Leben komplett verändert. Da sie nicht arbeiten kann, sind schon kleine Hilfsmittel für sie unbezahlbar. So können Sie ihr helfen.

 
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Sie ist noch nicht einmal 40 Jahre alt. Doch wenn es unten an der Haustür klingelt, traut sie sich nicht, die Treppen hinabzusteigen. Sie traut ihrem Körper nicht. Sandra L. (Name geändert) weiß nie, wann wieder ein epileptischer Anfall ihre Muskeln verkrampfen lässt. Und sie ist schwach, hat Angst zu stürzen. Für das Gespräch mit unserer Zeitung wirft sie den Türschlüssel von ihrem Zimmerfenster aus in den Schnee.

Ist die Person, die sie pflegt, nicht zuhause, kann sich Sandra L. nur in der ersten Etage aufhalten. Sie wohnt zur Miete in einem Einfamilienhaus im Landkreis Hof. Meist liegt sie in einer Art Gitterbett mit hohen gepolsterten Wänden. Wie ein Kind kauert die schmächtige Frau an einer geöffneten Seite des Bettes, umfasst ihre dünnen Beine mit ebenso dünnen Armen. Sie trägt schwarze Leggings, rosa Plüschjacke, die dunklen Haare hat sie zum Dutt zusammengeknotet. Ihr Gesicht hinter der schwarz umrandeten Brille wirkt knochig und blass. Ein Karton mit Flaschen voller Flüssignahrung steht neben dem Bett. „Ich bin hier drin gefangen“, sagt sie im Laufe des Gesprächs. Seit einem Jahr warte sie auf einen Rollstuhl, der für Epileptiker geeignet ist. „Es dauert ewig, bis alle Anträge durch sind und ich das richtige Modell bekomme.“ Ohne Rollstuhl könne sie das Haus nicht verlassen.

Dabei hat Sandra L. vor sechs Jahren ein normales Leben geführt. Sie wohnte in Bayreuth und arbeitete als Kinderpflegerin in einer Kita. „Der Beruf hat mir Spaß gemacht.“ Sie erzählt auch von kreativen Hobbys – Malen, Zeichnen. Ihr Traum war eine Weiterbildung zur Tagesmutter oder zur Ergotherapeutin. „Jetzt liegt alles auf Eis.“

Was die 37-Jährige dann schildert, gleicht einer Odyssee – auf eine schwere Krankheit folgte die nächste. Ihr Leidensweg beginnt mit einer Lungenentzündung, die erst spät erkannt wird. Rückblickend macht sie ihren damaligen Vermieter in Bayreuth dafür verantwortlich, krank geworden zu sein. „Er hat ständig die Heizung abgedreht, als ich ihn zur Rede stellte, hat er es geleugnet.“

Sandra L. leidet unter Blasen und Lufteinschlüssen im Darm

Nachdem sie mit Beschwerden zu mehreren Ärzten gegangen sei, habe erst eine Untersuchung im MRT Klarheit gebracht. „Da war die Lungenentzündung schon verschleppt.“ Bakterien aus der Lunge hätten ihren Darm angegriffen. Seitdem leidet Sandra L. unter Blasen und Lufteinschlüssen im Darm. Das ist der Grund, weshalb sie fast ausschließlich Trinknahrung zu sich nimmt. „Was nicht fein püriert ist, bleibt im Darm an den Zysten hängen und verursacht starke Schmerzen.“ Eine Erkrankung der Bauchspeicheldrüse, Diabetes und eine Vielzahl von Allergien, die sie wegen des kranken Darms entwickelt habe, erschweren zusätzlich die Nahrungsaufnahme. Sandra L. wiegt bei einer Größe von 1,60 Metern 43 Kilogramm. „Es waren auch schon 37 Kilo.“ Im Vergleich zu 56 Kilo vor ihren Erkrankungen.

Seit 2019 machen ihr zusätzlich epileptische Anfälle zu schaffen. Sie führt sie auf einen Zeckenbiss zurück. Man habe eine Neuroborreliose bei ihr festgestellt, als Folge habe sich eine Hirnhautentzündung und dadurch dann die Epilepsie entwickelt. Anfälle kommen ihrer Beschreibung nach manchmal täglich, manchmal einmal im Monat. „Es fühlt sich an wie eine Ohnmacht, ich verliere völlig das Bewusstsein“, schildert sie den Zustand. Nur in ihrem Spezial-Bett fühlt sie sich vor Verletzungen geschützt.

Hirnblutungen wegen der Epilepsie habe sie auch schon gehabt und sich die Haut verbrüht, als sie den Wasserkocher bediente und einen Anfall bekam. Auch eine der unangenehmen Folgen der Krankheit: Sandra L. hat manchmal Schwierigkeiten, die richtigen Worte zu finden. „Ich muss umschreiben, was ich meine“, sagt sie und ergänzt leise: „Voll peinlich.“

Mit der Epilepsie werde sie leben müssen, habe man ihr erklärt. Sie hofft auf eine gute Kontrollierbarkeit der Anfälle durch Medikamente. Für ihre sämtlichen Leiden schluckt die 37-Jährige am Tag 27 Tabletten. 2021 kam noch eine Herzmuskelentzündung dazu. Der Herzbeutel füllte sich mit Flüssigkeit, was ihr noch heute Probleme bereite.

Was die Darmerkrankung angeht, verspricht sie sich viel von einer möglichen Behandlung in Hamburg, in einem Spezialzentrum. Dort möchte sie demnächst hinfahren und verhandelt noch mit der Krankenkasse wegen der Kosten.

Sandra L. bezieht Bürgergeld und beantragt gerade Erwerbsminderungsrente. Pflegestufe 3 wurde ihr bereits zuerkannt, sie besitzt einen Schwerbehinderten-Ausweis.

Eine Gegensprechanlage ist ihr großer Wunsch

Viel Geld muss sie für Trinknahrung ausgeben. Davon braucht sie 15 Flaschen am Tag, was knapp 60 Euro koste. Wegen ihrer erkrankten Bauchspeicheldrüse nimmt sie Enzyme ein und Aufbaupräparate für ihren Darm. Als Nahrungsergänzungsmittel bekommt sie das nicht von der Kasse bezahlt.

Eine wichtige Anschaffung, die ihr das Leben sehr erleichtern würde, wäre eine Gegensprechanlage. Damit könnte sie von ihrem Krankenzimmer aus öffnen, wenn etwa der Apotheken-Lieferdienst vor der Tür steht. Um die hundert Euro würde so etwas kosten, Sandra L. kann es sich nicht leisten.

Sie weiß auch nicht, wie viel sie womöglich noch zum Rollstuhl dazu zahlen muss, auf den sie schon so lange wartet. Sie braucht eine Spezialanfertigung wegen ihrer Epilepsie. Neben einer Motorisierung, um selbst zu fahren, sollte er mit einer Bremse ausgestattet sein, die eine Hilfsperson bedienen kann. Dem passenden Modell fiebert die 37-Jährige sehnlichst entgegen. Dann könnte sie endlich das Haus verlassen. Wohin würde die erste Ausfahrt führen? „Ich wäre so gerne mal auf einem Weihnachtsmarkt.“

So können Sie helfen

Hilfe für Nachbarn: Wenn Sie, liebe Leserinnen und Leser, Sandra L. helfen wollen, überweisen Sie Ihre Spende auf das Konto von „Hilfe für Nachbarn“ bei der Sparkasse. Die Spenden sind absetzbar. Für Beträge von mehr als 300 Euro gibt es eine Spendenquittung (Adresse vermerken). Für kleinere Beträge reicht der Kontoauszug zur Vorlage beim Finanzamt. Die IBAN lautet: DE 29 7805 0000 0220 0204 16 -  die BIC: BYLADEM1HOF

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