Geistige Brandbomben

Seit Jahren hören wir, dass die Länder dieser Erde den Ausstoß von Kohlendioxid und weiteren Treibhausgasen verringern wollen. Seit Jahren wird gebetsmühlenartig von Klimaneutralität gefaselt, werden immer neue Ziele verkündet und immer mehr Hände geschüttelt. Doch auf das Familienfoto mit vielen grinsenden Staatsoberhäuptern, das zum Ende eines jeden Klimatreffens entsteht, folgt: nichts. Im Gegenteil steigt der globale CO2-Ausstoß auf nie gekannte Rekordmarken. Die Gletscher in den Alpen verschwinden, auf Grönland schmilzt der Eispanzer. Die Pegelstände der Meere wachsen an, und das Wasser wird schon bald Inseln und Küstenlinien verschlucken. Das Klima ändert sich dramatisch schnell.

Mit diesen Fakten vor Augen, wächst die Wut der jungen Generation. Sie sieht, wie die Älteren Schacher betreiben um Verschmutzungsrechte, wie gigantische Flächen wertvollster und überlebenswichtiger Regenwälder des schnöden Mammons wegen unwiederbringlich abgeholzt und verbrannt werden. Raubbau an den Lebensgrundlagen zahlloser Spezies ist an der Tagesordnung. Der Mensch zerstört seine Umwelt, die Natur wird geschändet und verletzt. Wissenschaftliche Erkenntnisse gelten wenig, solange die wichtigste Kennzahl im globalen Getriebe das Wachstum ist: Es wird keine wirkliche Veränderung geben.

Vor diesem Hintergrund erfährt der Protest der Jugend, ob nun Schulstreik oder die Aktionen der „Letzten Generation“, eine neue Wertigkeit. Freilich kann und muss man auch darüber diskutieren, welche Aktionen tatsächlich sinnvoll sind. Kleben fürs Klima – das behindert wenigstens den Verkehr und somit setzt es an einer der Ursachen für die CO2 -Belastung an. Kartoffelbrei gegen (übrigens mit dicken Glasscheiben vor Schäden geschützte) Kunstwerke geht an den Ursachen der Klima-Katastrophe vorbei und dient nur einem Zweck: Aufmerksamkeit. Protest aber nur des Protestes wegen, um in den Medien präsent zu sein: Dafür sollten sich die jungen Leute zu schade sein.

Wie dem auch sei: Solcherlei Aktionen mit dem menschenverachtenden Terror der Rote Armee Fraktion auch nur in Zusammenhang zu bringen, ist schändlich, unwürdig und ein geschichtlicher Amoklauf. Terror tötet Menschen, die Waffen sind Bomben und Gewehre – nicht Sekundenkleber und Tomatensuppe. Dass gerade aus der konservativen Ecke, besonders aus der CSU mit dem fleischgewordenen Stammtisch Söder und dem Geschichts-Nichtversteher Dobrindt solcher Unfug kommt, zeigt nur, wie komplett ahnungs- und hilflos diese Leute sind. Statt Politik zu machen, die das Klima schützt – und zwar heute –, werfen sie mit geistigen Brandbomben um sich. Da muss man den Protest der jungen Menschen verstehen. Sie verzweifeln an einer Politik, die nur auf Machterhalt zielt. Und der die Sorgen und Ängste der Menschen offenbar komplett egal sind.  m.busl@frankenpost.de Seite 5