Im niederbayerischen Mainburg bekam jüngst jedoch eine Achtjährige während des Online-Unterrichts plötzlich Bilder eines nackten Mannes angezeigt. Im hessischen Florstadt zeigte ein Unbekannter einer zweiten Klasse Pornografie. Und in Berlin sahen Drittklässler minutenlang einen Porno.
«Das ist schon ein neues Phänomen», urteilt Christian Schorr von der Zentralstelle Cybercrime Bayern. Bei gesprengten Videokonferenzen generell seien es häufig Täter aus dem Umfeld der Betroffenen, im Schulumfeld oft auch andere Kids, die sich schlicht einen schlechten Scherz erlaubten. «Aber wenn Kinder mit sexuellen Inhalten konfrontiert sind, ist man gleich bei einem deutlich schwereren Tatvorwurf, das ist sexueller Missbrauch.» Ob man den Täter erwische, «hängt davon ab, was an Logs, an Zugriffsdateien vorhanden ist», erläutert Schorr. «Ob die einzelne Plattform mitschneidet, von wo dieser Zugriff kam.»
Das Problem: Gerade bei den Videokonferenz-Tools herrscht in Deutschlands Schulen ein absoluter Flickenteppich. Vielerorts haben die Schulen oder einzelne Lehrer zu Beginn der Pandemie für den plötzlich über sie hereinbrechenden Distanzunterricht auf individuell gewählte Lösungen zurückgegriffen - und nicht bei allen ist die Datensicherheit gewährleistet.
«Bei vielen Tools, die die Schulen nutzen, reicht es, wenn man den Link kennt», berichtet Schorr. «Wenn man dann mit einem einfachen Klick in den Chat gelangt, ist natürlich die Versuchung, harmlosen oder nicht harmlosen Unfug zu treiben, gravierend.»
Lehrerverbände fordern deshalb schon seit längerem vehement, datenschutzkonforme, rechtssichere und gut geschützte Plattformen von den Kultusministerien zur Verfügung gestellt zu bekommen.
Martin Löwe vom Bayerischen Elternverband will wegen des persönlichen Kontakts zwischen Kindern und Lehrkräften dennoch nicht auf Videokonferenzen im Distanzunterricht verzichten. «Die Gefahren des Distanzunterrichts sehen wir eher woanders», betont er. «Nämlich darin, dass Schüler nicht adäquat beschult werden, weil sie nicht teilnehmen können aufgrund technischer Rahmenbedingungen.»