Der israelische Analyst Ronen Bergman schrieb auf dem Nachrichtenportal "Ynet", angesichts mangelnder Fortschritte bei den Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg sei die Hisbollah zu der Ansicht gelangt, dass die Zeit für ihre Rache an Israel nun gekommen sei. Die Hamas hatte am Vorabend verlauten lassen, Israel beharre bei den indirekten Gesprächen auf seinen Forderungen.
In der Region wird eine noch größere Eskalation befürchtet, seit Ende Juli der Hisbollah-Kommandeur Schukr sowie der Auslandschef der Hamas, Ismail Hanija, im Iran getötet wurden. Der Iran und die Hisbollah - Teherans wichtigster Verbündeter in der Region - kündigten daraufhin Vergeltung an. Die Hisbollah erklärte, sie habe die "erste Phase" ihres Vergeltungsangriffs beendet.
Mutmaßlich könnten in einer zweiten Phase etwa auch die Huthi im Jemen oder Iran-treue Milizen im Irak und Syrien Israel angreifen. Die Huthi lobten den "großen und mutigen Angriff" der Hisbollah. Die mit ihr verbündete Hamas sprach von einem "Schlag ins Gesicht" der israelischen Regierung. Eine mögliche zweite Phase der Vergeltung dürfte vor allem vom Verlauf der Gaza-Verhandlungen abhängen.
Israel im Ausnahmezustand
Israel verhängte den landesweiten Ausnahmezustand. Er gelte seit 6.00 Uhr Ortszeit (5.00 Uhr MESZ) für die nächsten 48 Stunden, sagte Verteidigungsminister Joav Galant. Bei dem Angriff der Hisbollah seien drei Wohnhäuser getroffen worden, davon eines in der Küstenstadt Akko.
Wegen der Bedrohungslage stellte der Flughafen Ben Gurion bei Tel Aviv kurzzeitig den Betrieb ein. Die Nachrichtenseite "ynet" berichtete unter Berufung auf eine nicht genannte Quelle, die Hisbollah habe einen Angriff auf eine "strategische Einrichtung im Bereich von Tel Aviv" geplant, einschließlich eines möglichen Angriffs auf den Flughafen.
Israels Ministerpräsident Netanjahu: zur Verteidigung fest entschlossen
Netanjahu sagte: "Wir sind entschlossen, alles zu unternehmen, um unser Land zu verteidigen, die sichere Rückkehr der Einwohner des Nordens in ihre Häuser zu gewährleisten und weiter eine einfache Regel zu befolgen: Wer uns Schaden zufügt, dem werden wir Schaden zufügen."
Der israelische Armeesprecher Hagari verkündete neue Anweisungen für Zivilisten vom Großraum Tel Aviv bis zu Israels Nordgrenze. In dem Raum könnten die Menschen normal zur Arbeit gehen und ihre Kinder in Sommerlager schicken - unter der Bedingung, dass Schutzräume innerhalb kurzer Zeit erreichbar seien.
Gespräche über Waffenruhe im Gaza-Krieg werden fortgesetzt
Trotz des gegenseitigen Beschusses Israels und der Hisbollah werden die indirekten Gespräche über eine Waffenruhe im Gaza-Krieg fortgesetzt. Eine 13-köpfige israelische Delegation traf dazu in Kairo ein, wie die dpa aus Kreisen des Flughafens erfuhr. Vertreter der Hamas sind aus Katar angereist, diese wollen wie zuvor aber nicht direkt an den Gesprächen teilnehmen. Die Vermittler USA, Ägypten und Katar versuchen, mit einer Einigung über eine Waffenruhe eine weitere Eskalation des Konflikts zu verhindern.