Luisenburg-Festspiele Gewitter zwingt Caveman in die Höhle

Ein Schauspiel löst ein anderes ab: Blitz und Donner über der Luisenburg lassen die Verantwortlichen die Reißleine ziehen. Doch es gibt gute Nachrichten.

 
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Wäre es doch nur bei dem bisschen Regen geblieben. Das Publikum hätte weiter im Trockenen über und mit dem „Caveman“ auf der Luisenburg lachen können. Darsteller Martin Luding hätte den leichten Niederschlag mit Yoga ein Schnippchen geschlagen – wer den Regen leugnet, wird nicht nass – und alles wäre gut gewesen. Selbstredend kam es anders. Gut war es trotzdem.

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Wetter macht’s spannend

Die Luisenburg-Premiere des Broadway-Dauerläufers „Caveman – Du sammeln. Ich jagen!“ stand unter besonderen Vorzeichen. Wohl selten war der Blick des Publikums vor Beginn eines Stücks so oft entweder gen Himmel gerichtet oder auf die Wetter-App am Handy. Schon für den frühen Nachmittag hatte der Deutsche Wetterdienst schwere Unwetter angekündigt – mit jeder Stunde, die vergangen war, verschob sich der Beginn des Gewitters allerdings auch weiter in den Abend. Und so hoffte wohl jeder im zur Hälfte gefüllten Auditorium, das Gewitter möge an der Luisenburg vorbeiziehen. Was natürlich nicht geschah. Aus dramaturgischer Sicht machte das Wetter sogar alles richtig: ein allmählicher Spannungsaufbau zunächst, die Zuschauer bleiben im Ungewissen, bevor spektakuläre Licht- und Soundeffekte das Ende einläuten.

Alles andere als Barth-Humor

Dabei hätte das Martin Ludings „Caveman“, in der Übersetzung von Kristian Bader und der Inszenierung von Esther Schweins, gar nicht nötig gehabt. Seit dem Jahr 2000 ist das Solo-Stück – irgendwo zwischen Theater und Stand-up-Comedy – von den deutschen Bühnen nicht mehr wegzudenken. Zwischen all den großen und kleinen Weisheiten, klugen Witzen und derbem Humor, die Protagonist Tom (Martin Luding) im magischen Unterwäsche-Kreis vom Stapel lässt, erkennen sich alle wieder: solche, die eine Beziehung führen, eine führten oder eine führen wollen. Jetzt könnte mancher meinen, an Mann-Frau-Witzen habe man sich seit Mario Barth totgehört. Doch „Caveman“ ist anders, macht keine Witze auf Kosten anderer, sondern arbeitet mit Klischees (Socken etwa bleiben genau da liegen, wo sie ausgezogen wurden) – das aber äußerst unterhaltsam.

Alles beginnt damit, dass Toms Kram vor dem Haus steht, oder wie er es einem Kumpel am Telefon beschreibt: „Es ist nicht alles so, wie immer.“ Gattin Heike hat den „Scheißkerl“ vor die Tür gesetzt. Warum? Vermutlich gab es nicht den einen Grund. Wie sich im Laufe des Stücks herausstellt, könnten sich durchaus mehrere kleinere Ärgernisse summiert haben. An Männern, meint Heike, seien nämlich alle zivilisatorischen Errungenschaften der vergangenen 10 000 Jahre spurlos vorübergegangen.

Jäger an der Fernbedienung

So kommt Tom ins sinnieren. Früher, da war die Welt noch in Ordnung. Es gab Bonanza-Räder, Ballspiele und anderen Zeitvertreib. „Nicht alles war sinnvoll, aber es hat Spaß gemacht.“ Doch welche Bedeutung hat es heute, ein Mann zu sein? Frauen, ist sich Tom sicher, haben sich ihr Mysterium bewahrt. Das Paradebeispiel für ein Buch mit sieben Siegeln ist seine Frau Heike. Das löst einerseits eine Krise aus, weckt andererseits auch Bewunderung. Frauen, sagt Tom, seien magische Wesen. „Sie können die Logik außer Kraft setzen.“

Dunkle Wolken zogen über der Luisenburg herauf. Foto: Gerd Pöhlmann

Der Grund, warum Frauen und Männer so unterschiedlich ticken, ja sogar aus völlig unterschiedlichen Kulturen mit verschiedenen Sprachen und Verhaltensweisen stammen, liegt in der Steinzeit begründet. Zu der Erkenntnis verhilft ihm ein grunzender Urahn, ein Neandertaler, der Tom im Unterwäschekreis („Der Geruch geht ja noch. Wenn nur das Brennen in den Augen nicht wäre.“) erscheint. Frauen sammeln, Männer jagen. Frauen gehen shoppen, sammeln Kleidung und Schuhe. Männer jagen Fernsehprogramme mit der Fernbedienung und Klamotten: „Tag. Ich Hemd!... Größe? Meine!“

Typisch männlich, typisch weiblich

Tom arbeitet sich am Rollenverhalten der Geschlechter ab. Was ist typisch weiblich, was typisch männlich? Das hat Witz und Tempo, insbesondere dann, wenn Luding der redseligen Natur der Damenwelt freien Lauf lässt, ihr Getue vor dem Spiegel nachäfft oder die Minimal-Konversation der Männer aufs Korn nimmt. Männer und Frauen formulieren auf unterschiedlichen Sprachebenen – und die lassen sich beim besten Willen nicht mischen. Ein Beispiel: Frauen liebten es, nicht nur Komplimente zu bekommen, sondern auch zu machen. Sie lobten Kleider und deren Vorzüge, und wie sehr der Schnitt Po und Busen betonte. Aber kein Mann käme je auf den Gedanken, zu seinem Kumpel zu sagen: „Toller Slip, macht ’nen schönen strammen Schniedel!“

Kulanztickets erhältlich

Der erste leichte Regen schien Martin Luding nicht sonderlich zu stören. „Da bekommt im Regen stehen eine ganz andere Bedeutung“, nahm er auf die Situation seiner Figur Bezug. Eine Weile später aber schüttete es wie aus Kübeln. Für den Landkreis Wunsiedel war eine amtliche Unwetterwarnung vor schwerem Gewitter mit Orkanböen und extrem heftigem Starkregen ausgesprochen worden. In der Situation war an eine Fortsetzung des Stücks nicht zu denken. Kurz hatten sich Birgit Simmler, die künstlerische Leiterin der Luisenburg-Festspiele, und Luding beraten, bevor beide wieder auf die Bühne kamen. „Wir haben uns schweren Herzens entschlossen, die Vorführung abzubrechen“, sagte Birgit Simmler. Die Sicherheit des Publikums und des Ensembles stünden immer an allererster Stelle, teilte die Festspiel-Leitung auf Nachfrage unserer Zeitung mit. „Das bedeutet, eine Vorstellung kann unterbrochen werden, wenn eine akute Wetterlage, zum Beispiel eine Gewitterfront, das erforderlich macht.“ Ändere sich an der Gefährdungslage nichts, werde die Vorstellung, wie am Donnerstag bei „Caveman“, abgebrochen und das Publikum könne das Theater sicher verlassen. So kam das Premieren-Publikum nicht in den Genuss des kompletten „Caveman“. Da mehr als die Hälfte der Verstellung gelaufen war, hätte die Luisenburg auch keine Erstattung leisten müssen. Allerdings bot Birgit Simmler allen Besuchern an, eine der beiden Vorstellungen am 5. Juli oder am 2. August zu besuchen. Karteninhaber können sich diese Kulanzkarte, solange der Vorrat reicht, telefonisch unter 09232/6026000 oder per E-Mail an karten-luisenburg@wunsiedel.de sichern. Dafür wird die Barcode-Nummer auf dem Premieren-Ticket benötigt.

Die erste Stunde ein zweites Mal ansehen – lohnt sich das? Auf jeden Fall! Alleine schon wegen der irre komischen Tortilla-Chips-Szene oder dem Moment, wo Männer über ihre Gefühle reden. Ganz zu schweigen von der Lascaux-Malerei-Interpretation und der prähistorischen Heidi Klum...