Luisenburg-Festspiele Probenstart mit Leichtigkeit und Energie

Gute Stimmung herrschte zum Probenbeginn im „Amadeus“-Ensemble (von links): Phillip Moschitz, Jimmy Hartwig, Jens Wassermann, Lisa Mader, Regisseurin Veronika Wolff, Lukas Schöttler, Nikola Norgauer und Foto: Florian Miedl

Das Ensemble der Luisenburg-Festspiele hat die Probenarbeit aufgenommen. Für Birgit Simmler ist das „der tollste Moment“ nach acht Wochen intensiver Vorbereitung.

 
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Der Beginn einer neuen Theaterspielzeit ist immer ein bisschen wie der erste Schultag: Alle sind aufgeregt, froh gestimmt und freuen sich über das Wiedersehen. So war es auch im Luisenburg-Ensemble vorgestern und gestern zum Auftakt der Proben für die Stücke „Trolle unter uns“ und „Amadeus“. Indes: Wer gestern pünktlich zum angesetzten Pressetermin auf die Probebühne 2 – derzeit untergebracht in einem leer stehenden Möbelhaus in Wunsiedel – kam, platzte mitten hinein in die „erste Stunde“.

Vorfreude wächst

Die Schauspieler für das Stück „Amadeus“ von Peter Shaffer (Premiere: 10. Juni) sitzen im weiten Rund in einem großen, nicht allzu hohen Raum und sind intensiv mit einer Leseprobe beschäftigt. Wer genau hinhört, erkennt den „Mozart“ und den „Salieri“ und „Kaiser Josef II.“. Und schon diese Fassung – ganz ohne Requisiten, Bühnenbild und Kostüme – fesselt den Zuhörer. Die Vorfreude auf das Stück wächst.

Das liegt natürlich an den Schauspielern, die schon jetzt ganz in ihren Rollen aufgehen. Da ist Paul Kaiser, der den kaiserlichen Hofkomponisten Antonio Salieri spielt. Der gebürtige Schweizer mit Wahlheimat Bayern ist auf der Bühne der eigentliche Protagonist, denn die Geschichte um die Rivalität mit Mozart wird aus seiner Sicht erzählt.

Spannende Situation

Salieri muss – mehr schlecht als recht – mit der Erkenntnis leben, dass er zwar selbst ein erfolgreicher Künstler ist, der sechs Jahre jüngere, noch unbekannte Mozart aber ein Genie. „Als Künstler kennt man diesen Zwiespalt gut“, beschreibt Paul Kaiser die Situation. Einerseits sei man sich seiner selbst bewusst und wisse, was man kann, andererseits lerne man einen Kollegen kennen, dem die Arbeit viel leichter fällt, der scheinbar besser ist. „Das ist eine spannende Situation.“

Salieris Zwiespalt sei wunderbar zu spielen, sagt Kaiser. Er habe selbst so viel geleistet und diene letztlich doch nur Mozart und dessen Werk. „Aber der eigentliche Kampf, den Salieri ausführt, ist der gegen Gott.“ Gott habe dem etablierten Salieri nicht die gleiche Gabe geschenkt wie Mozart; gleichzeitig lässt er ihn aber erkennen, dass er selbst im Vergleich zum Jüngeren nur Mittelmaß ist.“

Paul Kaiser war auf der Luisenburg schon häufiger zu sehen; zuletzt als Nantwein im „Brandner Kaspar 2“ und als Wagner in „Faust“. In Wunsiedler kennt er daher „jeden Stein“. Die Felsenbühne „hat mir von Anfang an sehr behagt“, sagt er. „Ich bin ein Bauernsohn und spiele gerne draußen – auch wenn es stürmt und schneit. Ich liebe es, draußen zu spielen!“

„Totale Traumrolle“

Seinen Bühnenpartner in „Amadeus“, Phillip Moschitz, kennt Kaiser schon von mehreren gemeinsamen Projekten. Dieser ist theatertechnisch ein Multitalent: Er ist Dozent für Schauspiel und Rolle an der Theaterakademie August Everding in München, er steht selbst auf der Bühne und inszeniert immer wieder – zuletzt für die Luisenburg im Sommer 2019 „Shakespeare in love“.

Ist der Mozart für ihn eine Traumrolle? Die Antwort kommt wie aus der Pistole geschossen: „Total!“ Seit er noch als Schüler das Stück auf der Bühne gesehen hatte, habe er gewusst: Das muss einmal sein. „Ich bin froh, dass das jetzt klappt.“

In Mozart erkennt Moschitz, das ist im Gespräch zu erahnen, eine Art Seelenverwandten. „Er ist hat einen Überschwang an Energie“, beschreibt er seine Rollenfigur, „und ich selbst habe, als die Energie verteilt wurde, auch die für 18 Leute abbekommen.“ Das gilt wohl auch für die Musik. Er sei sehr musikalisch aufgewachsen, erzählt er weiter, habe Klavier, Gitarre und Geige gelernt. „Am liebsten aber singe ich, und ich werde wohl auch auf der Bühne ein paar Töne schmettern.“ Dass viele Zuschauer auf der Luisenburg den Film von Miloš Forman mit F. Murray Abraham und Tom Hulce aus dem Jahr 1984 vor dem geistigen Auge haben werden, schreckt ihn nicht. „Man muss eine gute Mischung finden zwischen dem Film von damals und der Theaterfassung, wie wir sie heute auf die Bühne bringen. Die wichtigste Aussage des Stoffes bleibt: the survival of the fittest (der Stärkere überlebt). Und bei allem muss unser Spiel vor allem Leichtigkeit ausstrahlen.“

Vom Rasen auf die Bretter

Aufmerksamen Lesern der Besetzungsliste, die noch dazu fußball-beschlagen sind, fällt ein weiterer Name auf: Jimmy Hartwig. Vor zwölf Jahren hatte der ehemalige Spieler der Löwen und des HSV die Bühne gewechselt: vom grünen Rasen auf die Bretter, die die Welt bedeuten. Seitdem stand er in Stücken vor Brecht, Büchner, Ostermaier und anderen Autoren auf der Bühne.

Die Rolle des Kaisers Josef II. ist zwar klein, aber für das Leben Mozarts nicht unwichtig. Zwar empfing der revolutionär eingestellte Sohn Kaiserin Maria Theresias den unbekannten Komponisten zum Konzert; zu einer Förderung, die dem jungen Mann ein Auskommen garantiert hätte, reichte das Wohlwollen oder das Verständnis für Musik dann doch nicht. „Der Kaiser Josef II. ist genauso ein Rebell wie ich“, betont Jimmy Hartwig, der sich gründlich mit der historischen Figur beschäftigt hat. „Er wollte ein Kaiser des Volkes sein, und das kommt schon rüber im Stück“, so Hartwig.

Am Mittwoch, erzählt der Schauspieler, habe er zum ersten Mal die Luisenburg-Bühne gesehen. Sein erster Eindruck? – „Hammer!“ Und: „Mal schau’n, wie das wird.“ Den Hang zur Schauspielerei, sagt er, habe er schon immer gespürt. „Ich will Menschen unterhalten.“ Und wo er früher gekränkt gewesen sei, „ist es heute ein Kompliment, wenn mir jemand sagt, ich sei ein Clown“.

Der tollste Moment

„Das ist schon ein super Team, das wir da haben“, lobt Birgit Simmler. Auch ihr, der künstlerischen Leiterin der Luisenburg-Festspiele, merkt man die Freude an, dass es jetzt wieder losgeht, dass „diese ganzen sympathischen, wilden Verrückten“ wieder da sind. „Das ist der tollste Moment, wenn man acht Monate Vorbereitung hinter sich hat, die Darsteller anreisen und die Bühne mit Leben erfüllen.“ Sie spüre sofort „so eine Ferienlager-Stimmung und weiß: Die Grundlagen stimmen, und wir können entspannt der Spielzeit entgegensehen.“

Dabei hatte es schon die deutlich längere Phase der letzten Vorbereitungen in sich. „Wir haben diesmal relativ viel Neues vorbereitet“, berichtet Simmler. „Da sind die beiden neuen Autoren-Teams für ,Trolle’ und ,Zeitelmoos’; bei Letzterem arbeiten wir viel mit mystischen Figuren.“ Diese Innovationen verlangten ein Mehr an Abstimmung zwischen den kreativen Köpfen, „ein Mehr an Überlegung: Wie kriegt man das umgesetzt?“

Die Ergebnisse dieser kreativen Überlegungen sehen alle, die Karten haben für „Trolle“, „Amadeus“, „Zeitelmoos“, „Sister Act“ und nicht zuletzt „Sturm“. Der Vorverkauf hat längst begonnen, wenn auch zurückhaltender als in Vor-Corona-Zeiten. „Wir liegen da zwischen 50 und 70 Prozent“, sagt Birgit Simmler, „das ist normal zu dieser Zeit.“ Zur etwas schleppenden Kartennachfrage trügen nicht nur Corona, sondern auch der Ukraine-Krieg und die daraus resultierenden Einbußen bei der Kaufkraft bei. „Da haben wir noch ein bisschen eine Aufholjagd zu machen“, lächelt sie und fügt hinzu: „Das heißt aber auch, dass es noch viele – gute – Karten gibt.“

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