Vielmehr steht die Powerfrau aus Wunsiedel vor dem Problem, wie sich die zum Teil wegen Corona verängstigten Theaterfans zurückgewinnen lassen. Hier vertraut sie auf die natürliche Entwicklung. „Im Sommer sind die Inzidenzen wahrscheinlich niedriger. Außerdem sollten bis zum Saisonstart die dann zwei Jahre Pandemiebekämpfung Erfolg zeigen...“
Noch eine Hiobsbotschaft
Ausgerechnet kurz vor dem Verkaufsstart die nächste Hiobsbotschaft: Harald Benz, der kaufmännische Leiter der Festspiele, verlässt auf eigenen Wunsch Wunsiedel. Laut Birgit Simmler wird er das für die Luisenburg so wichtige Weihnachtsgeschäft noch managen und das Theater erst im Frühjahr verlassen. „Nun geht es darum, schnell einen adäquaten Ersatz für ihn zu finden. Dieser muss in der Lage sein, sich schnell einzuarbeiten. Ich gehe davon aus, dass es durchaus coole Leute gibt, die an einer so attraktiven Bühne, wie sie die Luisenburg ist, arbeiten wollen.“
Außer mit einem Kartenverkauf in pandemischer Lage wird sich der neue Luisenburg-Manager mit der Immobilienfrage beschäftigen müssen. Bekanntlich hat die Stadt Wunsiedel die einstigen Proberäume in der „Talstation“ an das Autohaus Lell verkauft. Birgit Simmler musste schon in der zurückliegenden Saison improvisieren. Im „Haus der Energiezukunft“ und in der Fichtelgebirgshalle fanden die Schauspieler vorübergehend großzügige Räume, um auch mal etwas aufwendigere Szenen einstudieren zu können, bevor auf der Bühne der Feinschliff folgte.
Mittlerweile hat die Stadt Wunsiedel auch die Fichtelgebirgshalle veräußert. Sie gehört nun dem Landkreis. „Landrat Peter Berek hat uns vergangenes Jahr super unterstützt, ich hoffe mal, dass er dies auch im kommenden Frühjahr und Sommer tun wird“, sagt Birgit Simmler im Gespräch mit der Frankenpost. Immerhin sei nicht jeder Abstellraum zum Proben geeignet. „Und so viele Hallen gibt es hier ja nicht.“ Zunächst sei es aber die Aufgabe der Stadtverwaltung, adäquate Räume zu suchen.
Regisseure sind irritiert
Bereits in der zurückliegenden Saison erntete Birgit Simmler erstaunte Blicke, als sie den Regie-Teams die Proberäume zeigte. „Sie konnten nicht glauben, dass eine so großartige Bühne improvisieren muss.“ Die künstlerische Leiterin bleibt trotz aller Unannehmlichkeiten locker. „Mir ist bewusst, dass wir erst in vielleicht vier Jahren wieder unter wirklich hervorragenden Bedingungen proben können. Bis dahin sollten wir aber zumindest nicht jedes Jahr in neue Räume ausweichen müssen.“ Wie berichtet, will die Stadt Wunsiedel auf dem Unglaub-Areal in der Hofer Straße ein multifunktionales Gebäude bauen, in dem unter anderem die Luisenburg-Bühne samt Werkstätten ausreichend Platz erhalten soll.
„Eigentlich will sie ja nur spielen“: So in etwa lässt sich die Situation von Birgit Simmler beschreiben. Und auch wenn sie sich noch so viel um Finanzen, Immobilien und Organisation kümmern muss, die Kunst ist ihr „Hauptgeschäft“. „Im Spielplan soll jeder das Passende finden“, sagt sie und nennt ihr Erfolgsrezept, die „Kuss-Dramaturgie“. Es sei ihr ein Anliegen, stets etwas Komisches, also eine Komödie, etwas Unterhaltendes, etwas Seriöses (ein Stück das sich mit gesellschaftlichen Fragen auseinandersetzt) und etwas Sinnliches zu bieten. Bei Letztgenanntem gehe es um die Schönheit der Sprache – etwa die von William Shakespeare in „Der Sturm“ oder um besonderes Spektakel auf der Bühne.
Viel Zeit für Autoren
Nur ein Gutes hatte Corona für die Luisenburg: „Wir haben uns ausreichend Zeit für unsere Entwicklungssparte nehmen können“, sagt die künstlerische Leiterin. Daher seien im kommenden Jahr gleich zwei Stücke zu sehen, die speziell für die Luisenburg geschrieben wurden: das Familienstück „Die Trolle sind unter uns“ des norwegischen Autorenduos Øystein Wiik und Gisle Kverndokk sowie „Zeitelmoos“ von Hartmut H. Forche und Eric Allaman. In „Zeitelmoos“ verarbeitet Forche die bunte Sagenwelt aus dem mystischen Moorgebiet nordwestlich von Wunsiedel in ein Märchen für Erwachsene. „Die Besucher dürfen sich auf ein sinnliches Stück voller Zauber freuen.“
Ob sich die Verantwortlichen der Luisenburg im Herbst 2022 auch über eine gute Kasse freuen dürfen, steht in den Sternen. An der Auswahl der Stücke wird es sicherlich nicht liegen, sollten die Besucherzahlen nicht ausreichen, um die fixen Kosten zu decken.
Birgit Simmler und ihr Team werden alles daran setzen, die Fans zu begeistern. Sollte Corona nach wie vor die Saison trüben, ist es laut der künstlerischen Leiterin wahrscheinlich, dass sie für übernächste Saison den Spagat aus Sparzwang und künstlerischem Anspruch bewältigen muss.
„Klar werden wir auch 2023 ein attraktives Programm auf die Beine stellen, wenn auch vielleicht eine Zwischenlösung notwendig wird.“ Wie diese aussehen könnte: „Ich denke hier an eine Wiederaufnahme eines Stückes aus der vergangenen Saison, etwa die Fortsetzung des ,Brandner Kaspar 2’, der sicherlich noch nicht das Zuschauerpotenzial ausgeschöpft hat. Auch gibt es immer wieder Perlen, die sich mit weniger Aufwand produzieren lassen.“ Doch so weit will die künstlerische Leiterin eigentlich noch gar nicht denken.