Luisenburg-Vorschau 2022 Sister Act und Amadeus auf Luisenburg

Die Nonnen wirbeln auf der Luisenburg. Im Sommer 2022 wird „Sister Act“ sicherlich ein Zuschauermagnet werden. Foto: dpa/Olaf Kraak

Die Weichen für die kommende Saison sind gestellt: Auch Shakespeare und ein eigens für die Festspiele geschriebenes Familienstück kommen auf die Felsenbühne.

 
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Wunsiedel - Der Bus mit dem Ensemble der Landesbühne Sachsen quält sich die steile Rampe zum oberen Luisenburg Parkplatz hinauf. Während sich die Schauspieler und Sänger in wenigen Minuten auf ihren Auftritt im Singspiel „Im weißen Rößl“ vorbereiten, räumt die künstlerische Leiterin der Luisenburg-Festspiele, Birgit Simmler, ihren Schreibtisch auf. Endlich, nach einer extrem fordernden Saison, wird sie am Samstag mit ihrer Familie in einen 14-tägigen Urlaub nach Ligurien fahren. Mit dabei hat sie die Texthefte des Musicals „Sister Act“ und des großen Schauspiels „Amadeus“. Der Ferienausschuss hat am Dienstagabend endgültig grünes Licht für einen Teil des Programms gegeben und Birgit Simmlers Pläne gutgeheißen. Wie berichtet, hatte der Kulturausschuss bereits die Vorauswahl getroffen. Die künstlerische Leiterin stellt im Gespräch mit der Frankenpost die wichtigsten nun feststehenden Stücke für kommendes Jahr vor:

„Sister Act“. Die Luisenburg verwandelt sich in ein Kloster. Zumindest im Musical „Sister Act“ tanzen und singen die Nonnen zwischen den Felsen zu heißen Gospel- und Pop-Rhythmen. Die Geschichte der jungen Deloris, die im Rahmen eines Zeugenschutzprogramms in einem Kloster vor der Mafia versteckt wird, nimmt die komplette Bühne ein. Dies garantiert Regisseur Peter Hohenecker.

„Amadeus“. Es ist ein Drama für den ziemlich guten Komponisten Antonio Salieri, dass er ausgerechnet zur selben Zeit wirkt wie das Genie Wolfgang Amadeus Mozart. Während Mozart brilliert, vergisst die Welt Salieri. Jahrzehnte nach Mozarts Tod blickt Salieri auf die für ihn schicksalhafte Begegnung zurück. Mit „Amadeus“ kommt nach Jahren wieder ein Stück zurück, das bestens auf die große Bühne passt.

„Der Sturm“. Dass das Shakespeare-Stück in der engeren Auswahl stand, war bekannt. Nun haben sich auch die Mitglieder des Ferienausschusses dafür entschieden, den Klassiker auf der Bühne sehen zu wollen. Laut Birgit Simmler, die Regie führen wird, dürfen sich die Besucher auf reichlich Akrobatik freuen. Erstmals war dieses Jahr im Klassiker „Faust“ die stark körperbetonte Kunstform zu bewundern. „Ich war begeistert, wie präsent die Artisten der Kompanie CircO aus Hannover auf der Bühne waren. Das passt zur Luisenburg.“ Das Shakespeare-Stück handelt vom Schicksal Prosperos und seiner Tochter. Prospero muss auf eine Insel flüchten und überwindet hier mit Hilfe der Magie seine Feinde. Die künstlerische Leiterin verspricht allen Theater-Puristen, die sprachliche Schönheit des Originals penibel zu wahren. „Wir geben einen original Shakespeare mit Top-Darstellern.“ Vor allem die Insel-Szenen böten den Akrobaten von CircO genügend Raum...

Erstmals ist das Familienstück kein „Kinderklassiker“. Mit Trolle unter uns, das schwerste Level kommt erst noch“ – so der Arbeitstitel – lässt Birgit Simmler ein eigens für die Bühne geschriebenes Musical inszenieren. Eine Familie fährt mit ihrem Camper in den Urlaub und gerät dabei dummerweise in die Welt der Trolle. Diese sind nicht nur aus Fleisch und Blut, sondern leben auch im Internet. Irgendwann verirren sich die Eltern in den endlosen Weiten des World-Wide-Webs, sodass es an den Kindern ist, sie zu suchen und zu befreien. „Die Trolle leben all das mit ernsthafter Freude und Überzeugung, was wir gewöhnlich als falsch ansehen. Sie halten riesige Rinderherden, essen nach Herzenslust Fleisch und schädigen das Klima, wie es nur geht. Die Trolle sind regelrechte Donald Trumps“, erzählt Birgit Simmler.

Das Musical stammt aus der Feder von Øystein Wiik und Gisle Kverndokk. Die beiden Norweger haben ihre Liebe zur Region und vor allem zur Luisenburg als Teilnehmer beim ersten Musical-Symposium entdeckt. Seitdem seien sie regelrecht ins Fichtelgebirge verliebt, freut sich Birgit Simmler. Dass das Familienstück für die kommende Saison fertig geworden ist, liege auch an Corona. „Die beiden sind normalerweise komplett ausgebucht. In der Pandemie fanden sie dann doch Zeit, ,Trolle unter uns’ zu schreiben.“ Regisseur ist Simon Eichenberger, der bereits vom Dschungelbuch bekannt ist. Der Schweizer ist übrigens dreimal zum „Choreografen des Jahres“ gewählt worden.

Als Birgit Simmler und einige Akteure am 6. August das Troll-Stück den Mitgliedern des Kulturausschusses vorstellten, hatten sie gehörig Bammel. Wie sich herausstellte, war der nicht begründet. Die kulturbeflissenen Stadträte waren hellauf begeistert von der Geschichte, die in hintergründig-witziger Manier dem jüngeren Publikum die Klimaproblematik vor Augen führt.

Das fünfte Stück wird wieder thematisch in der Region verankert sein. „Im September werden wir in einem einwöchigen Workshop eine bühnenreife Variante erproben und die letzte Fassung dem Kulturausschuss präsentieren“, sagt Birgit Simmler. Es sei ein sehr komplexer Stoff, der für die Bühne nicht gerade einfach umzusetzen sei. „Ich habe lange suchen müssen, bis ich die Künstler gefunden hatte, die auch wirklich zusammenpassten.“

Für das Regio-Stück gibt es laut der künstlerischen Leiterin eine gute Förderung. „Das ist wichtig, da nie klar ist, ob wir am Ende wirklich einen Treffer landen. Es kann ja immer sein, dass sich am Ende des Entwicklungsprozesses herausstellt, das Stück und die Akteure passen nicht auf die Bühne.“ Zumindest sei die ziemlich aufwendige Findungsphase somit weitgehend finanziell abgesichert.

Dass der Kulturausschuss und anschließend der Stadtrat auch das Regio-Stück als fünfte Produktion mit in den Spielplan aufnehmen, steht zwar noch nicht fest, ist aber ziemlich wahrscheinlich.

Apropos Finanzen: Es war von Anfang an klar, wie schwierig die Luisenburg-Saison 2021 werden würde. Auch das Minus am Ende der Spielzeit war gewissermaßen gesetzt. Für Birgit Simmler sei es dennoch wichtig gewesen, den Menschen weit über die Region hinaus Kultur auf hohem Niveau zu bieten. „Das haben wir geschafft“, sagt sie selbstbewusst. Die Kritiken geben ihr recht. Wie rot die Zahlen tatsächlich sein werden, vermag sie noch nicht zu sagen. Nur so viel: „Wir durften die Tribüne zu 60 Prozent füllen. Aber von einer 60-prozentigen Auslastung sind wir ein Stück entfernt.“

Birgit Simmler kündigt im Gespräch mit der Frankenpost an, im Winter wieder selbst zur Feder greifen zu wollen. „Ich habe mehrere Themen aus der Region, die sich wunderbar für das Regio-Stück auf der Luisenburg eignen. Ehrlich gesagt, ließe ich da auch gar nicht gerne jemanden anderen ran.“

Um die 1000 Bewerbungen
Die Musical-Sparte der Luisenburg ist mittlerweile international anerkannt. Pro Saison erhalten künstlerische Leiterin Birgit Simmler und ihr Team bis zu 1000 Bewerbungen für zehn bis 15 Rollen. „Die Auswahl ist ein längerer Prozess“, sagt Birgit Simmler. Zunächst sichtet sie sämtliche Bewerbungen und trifft eine Vorauswahl. Über die meisten Zuschriften diskutiert sie im Team. Letztlich bleiben um die 120 oder auch schon mal 150 Kandidaten für die wenigen Rollen übrig. Diese müssen sich in einem Casting dem Auswahlgremium unter Vorsitz von Birgit Simmler stellen. Nach den Tanz- und Gesangsproben bleiben diejenigen übrig, die einen Vertrag für die Spielzeit erhalten. „Wer es auf unsere Bühne schafft, der bringt wirklich viel Qualität und ein hohes künstlerisches Niveau mit.“ Bei den Schauspieler ist die Auswahl etwas anders. Birgit Simmler und ihre Regisseure gehen gezielt auf Suche nach genau diesen und jenen Charakter. Auch dies ist ein längerer Prozess, da die Akteure auf der Bühne hundertprozentig harmonieren müssen. Ein wichtiges Kriterium ist die Zweit-Besetzung. Die meisten Schauspieler sind in zwei, manche gar in drei Stücken zu sehen.

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