Mainleus Kein Gast - kein Geld

Stephan Herbert Fuchs

Das evangelische Jugendhaus Weihermühle leidet unter den Folgen der coronabedingten gesellschaftlichen Einschränkungen. Seit Mitte März gab es dort keine Übernachtung mehr.

 
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Mainleus - Menschen, die gerne Lost Places besuchen, hätten ihre wahre Freude. Im Foyer des Jugendhauses Weihermühle in der Gemeinde Mainleus stapeln sich die Stühle, Sitzecken wurden zusammengeschoben, der Gästeempfang ist verwaist, alle Türen sind versperrt und der Parkplatz ist leer. Liefe alles normal, würden im Moment, nach den Pfingst- und vor den Sommerferien, Schüler, Jugendliche und junge Erwachsene das malerisch gelegene Areal mitten in der Natur zuhauf bevölkern. 11 500 Übernachtungen waren es noch im zurückliegenden Jahr, seit Mitte März war kein einziges der 84 Betten mehr belegt, die Mitarbeiter befinden sich in Kurzarbeit.

Gute Bewertungen

Auf Internet-Portalen schneidet das Jugendhaus Weihermühle bei den Gästebewertungen im Durchschnitt gut bis sehr gut ab.

Von den 72 Rezensenten auf Google vergeben 48 Prozent fünf von fünf möglichen Sternen, 30 Prozent vier, zehn Prozent drei, vier Prozent zwei und acht Prozent drei Sterne.


"Jugendarbeit lebt von analogen Beziehungen, nicht von digitalen", sagt Stefan Ludwig, Dekanatsjugendreferent und Geschäftsführer der Weihermühle. Ein wenig traurig war er, als Anfang März die ersten Stornierungen kamen. Niemals hätte er gedacht, dass es so schlimm kommt, wie er jetzt feststellt. Den Einnahmeausfall beziffert er mittlerweile auf rund 150 000 Euro. Wenn der Gast fehlt, dann fehlt halt auch das Geld, so Ludwig, der es außerordentlich bedauert, dass er die sechs Beschäftigten - Hausmeister, Hauswirtschafts- und Verwaltungskräfte - in Kurzarbeit schicken musste. Auch die drei geringfügig beschäftigten Mitarbeiter gehen derzeit leer aus.

Dabei haben die Mitarbeiter noch Glück im Unglück, denn erst seit geraumer Zeit gibt es überhaupt Kurzarbeitergeld für kirchliche Mitarbeiter. Die Landeskirche habe den Betrag außerdem auf 80 Prozent des letzten Lohnes aufgestockt. "Ein wichtiges Zeichen", wie Ludwig feststellt. Schließlich habe man wirklich ein tolles Team, das gerade jetzt fest zusammenhält und sich mit der Weihermühle in ganz besonderem Maß identifiziert.

Ludwig spricht auch von einem hoffnungsvollen Zeichen, dass niemand entlassen werden muss und alle fest daran glauben, dass es wieder weitergeht. Möglich wäre das derzeit schon wieder, zumindest für kleine Gruppen aus dem Bereich berufliche Fort- und Weiterbildung, doch aufgrund der strengen Hygieneschutzbestimmungen dürfte die Weihermühle derzeit nur 22 Gäste aufnehmen. Anders wären die Abstandsregelungen etwa im Speisesaal nicht einzuhalten. "Da rentiert sich der Betrieb einfach nicht", so der Geschäftsführer.

Ganz untätig ist man in der Weihermühle aufgrund der Zwangspause aber trotzdem nicht. "Wir versuchen die Zeit zu nutzen und sinnvoll zu füllen", so Ludwig. Zum einen wurde das gesamte Haus einer aufwendigen Grundreinigung unterzogen, zum anderen wurde der Sportplatz komplett neu angelegt.

Als früheste Möglichkeit, wieder Gäste zu beherbergen nennt Ludwig den 1. September. Die Anfrage einer beruflichen Gruppe liege vor, trotzdem gebe es große Rechtsunsicherheiten und unterschiedliche Em-pfehlungen. Das Jahr 2020 werde man trotzdem mehr oder weniger abhaken können. "Wir hoffen auf 2021", so der Geschäftsführer.

Der fast 6,8 Millionen Euro teure Neubau des evangelischen Jugendhauses Weihermühle wurde erst 2014 eröffnet. Zu den Gästen gehörten bislang Konfirmanden- und Jugendgruppen, Schulen, private Kreise, Menschen mit Behinderungen und vereinzelt Firmengruppen. Das Angebot reicht vom Erste-Hilfe- bis zum Töpferkurs. Die evangelische Ausrichtung spiegelt sich aber auch in Bibelarbeit und Andachten wider. Das Haus hat 84 Betten in modernsten Ein-, Zwei und Vier-Bett-Zimmern, bietet eine Vollverpflegung aus eigener Küche und ist barrierefrei.

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