Marktredwitz Stadt reißt den Milchhof ab

Wird in Kürze abgerissen: der alte Milchhof. Unser Bild zeigt (von links) Maria-Magdalena Stöckert, die Leiterin der Abteilung Hochbau, Oberbürgermeister Oliver Weigel, Landrat Peter Berek, Projektleiter Alexander Rieß und Gerhard Reger, Gebäude-Management beim Landratsamt. Foto:  

Die Abrissbirne kommt im Juli. Damit endet ein Stück Geschichte von Marktredwitz. Nächstes Jahr baut der Landkreis hier eine Dreifachturnhalle für das Schulzentrum.

 
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Marktredwitz - Ein Stadtplan von Marktredwitz liegt aufgefaltet auf dem Schreibtisch gleich im Büro neben dem Haupteingang. Daneben stapeln sich Laufzettel in Englisch, Französisch und Arabisch. Alles deutet noch darauf hin, dass hier Neuankömmlinge Unterschlupf gefunden hatten. Vor allem Flüchtlinge aus Syrien. Doch jetzt staubt alles schon länger vor sich hin in den ziemlich maroden Räumen des Milchhofs. 1938 erbaut, hat das Gebäude an der Fritz-Thomas-Straße eine recht bewegte Geschichte. Die neigt sich jetzt ihrem Ende zu. Denn im Juli wird der Milchhof abgerissen. Auf dem Areal entsteht eine neue Dreifachturnhalle.

2006 kam das Aus

Einst war der Trakt neben dem Schulzentrum Dreh- und Angelpunkt für die Milchwirtschaft. Es wurde Milch angeliefert und für den Weitertransport gekühlt, zum Teil wurden auch Milchprodukte hergestellt. 1940 nahm der Milchhof seinen Betrieb nach zwei Jahren Bauzeit auf. 1963 wurde das Gebäude erweitert. Weil auch das nicht ausreichte, gab es zehn Jahre später noch eine Vergrößerung des Betriebs. 2006 kam das Aus für den Milchhof, in dem unter anderem der katholische Pfarrer Josef Triebenbacher von Herz Jesu gewohnt hat.

„Das Wunder vom Milchhof“

An einen „riesigen Kraftakt“ erinnert Oberbürgermeister Oliver Weigel, als er zusammen mit Landrat Peter Berek ein letztes Mal durch die ziemlich heruntergekommenen Räume streift. „2015, als eine große Anzahl von Geflüchteten nach Deutschland kam, mussten wir den Milchhof in kürzester Zeit in eine Unterkunft umwandeln.“ Maria-Magdalena Stöckert, Sachgebietsleiterin Hochbau, nennt es gar „das Wunder vom Milchhof, zumal wir gerade einmal sieben Tage Zeit hatten, hier alles umzugestalten. Denn sonst hätten wir unsere Turnhallen umnutzen müssen, die wir doch für die Schüler brauchten.“ Das Wunder gelang. 240 Asylsuchende aus verschiedensten Ländern fanden hier eine vorübergehende Unterkunft.

Dreh-Kulisse

Überall in den Räumen stapeln sich noch Bettgestelle und Matratzen, Zwischenwände und andere Dinge. Seitdem die letzten Geflüchteten ausgezogen sind, steht der riesige Milchhof, zu dem noch ein Nebengebäude im Hinterhof gehört, leer. Noch einmal war der Milchhof in den Fokus gerückt, als die deutschen Filmgrößen Jan Josef Liefers, Nora Tschirner und Martina Gedeck 2018 die Kühlräume als Filmkulisse für „Arthurs Gesetz“ nutzten.

„Hier wird nicht nur etwas abgebrochen, sondern etwas Neues entwickelt“, betont Oberbürgermeister Weigel. „Mit der Dreifachturnhalle entsteht ein Projekt, bei dem Stadt und Landkreis Hand in Hand arbeiten.“ Gleich angrenzend an die bestehende Dreifachturnhalle sei dies im Schulzentrum der perfekte Standort. „Das entzerrt die Kapazitäten deutlich, erleichtert die Hallenplanung für Schulen und Vereine.“

„Superstarkes Grundstück“

Landrat Peter Berek, der ebenso wie Oliver Weigel in der benachbarten Dreifachhalle noch unter dem damaligen Sportlehrer Heinz Dreher gedrillt worden ist, nennt das Milchhof-Grundstück „superstark“. Hier würden keine neuen Flächen versiegelt, sondern alte genutzt. „Das Miteinander mit der Stadt Marktredwitz ist auch unkompliziert“, freut sich der Landrat über den Neubau an der Fritz-Thomas-Straße, gleich in der Nachbarschaft des alten Netto-Marktes, den der Landkreis gekauft hat. „Hier entstehen später vermutlich einmal Parkplätze. Außerdem brauchen wir eine Heizzentrale für das Schulzentrum, die hier ebenfalls unterkommen könnte.“

Am 14. Juni geht’s los

Projektleiter Alexander Rieß nennt den Milchhof-Abriss „eine leichte Übung im Gegensatz zum Winkel-Parkhaus, das an eine Bebauung angrenzt“. Bei den Proben im Gebäude sei man auf keine auffälligen Schadstoffe gestoßen. „Am 4. Juni werden wir die Arbeiten vergeben, am 14. Juni beginnt der Abriss. Anfang September geht es an die Vorbereitung für den Neubau.“

Derzeit wartet die Stadt noch auf den Start für eine weitere Turnhalle. „Gegenüber dem Jahnsportplatz bauen wir eine Einfachsporthalle für die Erich-Kästner-Schule.“ Laut Projektleiterin Maria-Magdalena Stöckert wird im Spätherbst mit dem Abriss der Garagen und Umkleiden auf dem Grundstück begonnen.

80 Prozent Zuschuss
Die rupp.bodenschutz GmbH aus Neustadt am Kulm übernimmt die Abbrucharbeiten. Bis Ende August sollen die Gebäude – 2700 Quadratmeter Grundfläche und 15 100 Kubikmeter Rauminhalt – dem Erdboden gleichgemacht werden. Die Abrisskosten belaufen sich auf 740 000 Euro. Zu 80 Prozent wird die Summe aus Mitteln der Städtebauförderung bezuschusst. Für die Stadt Marktredwitz bleibt ein Eigenanteil von rund 148 000 Euro.

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