Einige Medien berichten, sie seien live am Ort des Geschehens gewesen. Mit Verlaub: Waren sie nicht - sie standen vor der Polizeiabsperrung. Selbst Deutschlands größte Boulevard-Zeitung berichtet aus Mödlareuth nur mit einem vorgefertigten und vom Büro aus vorrecherchierten Satz samt Bildmaterial einer großen Agentur. Eine andere Zeitung meldet sogar, der Spaziergang durchs Außengelände sei von Museumsleiter Robert Lebegern angeführt worden - er konnte aber aus privaten Gründen gar nicht beim Termin dabei sein.
Brief von Adelt an Maas - FDP will weiteres Vorgehen prüfen
Entrüstet über den Umgang mit den Medien schaltet sich am Freitagmorgen als erster Politiker SPD-Landtagsabgeordneter Klaus Adelt in die Debatte ein. In einem Brief wendet er sich an seinen Parteikollegen Heiko Maas. "Meines Erachtens ist das nicht nur geschichtsvergessen angesichts der Tatsache, dass der 9. November auch ein Fest der Meinungs- und Pressefreiheit ist, sondern auch nur schwerlich mit der verfassungsrechtlich verbrieften Presse- und Informationsfreiheit vereinbar", schreibt Adelt. Er erwarte eine Antwort von Maas, warum sein Ministerium so gehandelt habe. "Gegenwärtig erleben wir eine Verrohung unserer Gesellschaft, ein Wiedererstarken der extremen Rechten und eine ernsthafte Krise der Demokratie. Inwieweit das Aussperren der regionalen Presse bei einer Veranstaltung von öffentlichem Interesse als vertrauensbildende Maßnahme in unserer Demokratie gewertete werden kann, erschließt sich mir nicht", so Adelt weiter. Solche Entscheidungen seien "Wasser auf die Mühlen der Feinde unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung".
Noch ein Stück weiter geht die FDP. Laut einer Mitteilung, die den Titel trägt "Es weht ein Hauch von Trumps Idee einer illiberalen Demokratie", will Ulrich Lechte aus Regensburg, Mitglied des auswärtigen Ausschusses im Bundestag, ein parlamentarisches Vorgehen prüfen. Sein Parteikollege Thomas Hacker aus Bayreuth, Obmann des Ausschusses für Kultur und Medien im Deutschen Bundestag, bezeichnet den Vorgang als "unglaublich" und kündigt ebenfalls an, "mit allen parlamentarischen Mitteln" vorgehen zu wollen. Auch der Deutsche Journalistenverband (DJV) reagiert auf das Selektieren der Medien. "Ob über eine Wiese 50 oder 500 Journalisten trampeln, um über den Staatsbesuch zu berichten, sollte nur die Wiese stören", schrieb der DJV.
Am Freitagabend berichtet die "Süddeutsche Zeitung" (SZ) als erstes großes Medium über den Fall. , titelt die Online-Ausgabe.
Seitenhieb des Hofer Oberbürgermeisters
Der Hofer Oberbürgermeister kann sich am Donnerstag bei der Preisverleihung eines Schülerwettbewerbs zum Thema Antisemitismus einen Seitenhieb auf den Besuch des US-Außenministers nicht verkneifen. In seiner Rede, in der es um den Kampf für Demokratie, Meinungsfreiheit und Verständniskultur und gegen geistige Brandstifter geht, sagt er: "Ich hätte hier Herrn Schuster lieber gesehen als einen anderen Politiker, der sich heute durch den Landkreis bewegt hat. Nicht Extreme sind heute gefragt, sondern Maß und Mitte." Wie berichtet, hatte Dr. Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden, der Preisverleihung am Donnerstag beiwohnen wollen - er war allerdings kurzfristig zu einem Treffen mit Pompeo und Außenminister Heiko Maas nach Halle berufen worden.
Doppelter Auto-Konvoi über die Autobahn 93
35 Fahrzeuge und acht Polizeimotorräder umfasst der Tross von Mike Pompeo, der über die Autobahn 93 in Richtung Hofer Land fährt. Der Konvoi vereinnahmt nicht nur die Autobahn, auch sämtliche Brücken über die Straße werden von der Polizei gesperrt. Wie es aus Sicherheitskreisen heißt, sind ursprünglich deutlich weniger Fahrzeuge geplant gewesen. Da es aber weder in Mödlareuth noch in Töpen Tankmöglichkeiten gibt, stellen die Amerikaner einen größeren Konvoi zusammen - damit die eine Hälfte während Pompeos Besuch zum Tanken fahren kann, um den US-Außenminister im Anschluss weiter nach Leipzig bringen zu können. Den Vorschlag, einen Tankwagen nach Mödlareuth zu schicken, lehnen die Sicherheitsbehörden ab. Auf der Fahrt ins einst geteilte Dorf kommt es im Konvoi zu einem Zwischenfall. Zwei Fahrzeuge touchieren sich an einer Behelfsausfahrt der A 93.
Die Museumsmitarbeiter und die Schüler
Mödlareuth ist nur von Töpen aus erreichbar, und nicht einmal die Mitarbeiter des Deutsch-Deutschen Museums dürfen über eine der anderen Straßen zu ihrer Arbeitsstelle fahren - sie werden von der Polizei zum Umkehren gezwungen. "Von Mödlareuth aus war ein Shuttle für uns eingerichtet, mit dem wir ins Museum gebracht worden sind", erklärt Museumspädagogin Susan Burger. Tags zuvor sind alle Mitarbeiter erfasst und akkreditiert worden. "Jeder hat Bereiche zugewiesen bekommen, in denen er sich aufhalten durfte", erklärt Burger. Sie selbst ist im Innenbereich dabei - und erlebt dort eine sehr schöne Zusammenkunft. Denn einige Schüler der vier Schulen, die Anfang der Woche eine selbst gestaltete Ausstellung zur Grenzöffnung eingeweiht hatten, sind eingeladen, um dem hohen Besuch ein bisschen was über die lokale Geschichte zu erklären. "Und wir waren begeistert, wie souverän und angstfrei die Schüler ihre Schautafeln präsentiert haben - auf Englisch", schwärmt Susan Burger. Jugendliche des Hofer Reinhart-Gymnasiums und der Hofer Realschule, der Hufeland-Oberschule Plauen und des Gymnasiums Bad Lobenstein erklären den beiden Außenministern, was an den Grenzübergängen Ullitz, Blankenstein und Rudolphstein im November 1989 geschah. Und während Pompeo danach in die Fahrzeughalle zum Picknick mit Veteranen aufbricht, sitzt der deutsche Außenminister Maas anschließend noch kurz in lockerer Gesprächsrunde mit den Schülern zusammen.
Bratwürste und Bier für Pompeo und seine 100 Freunde
Die Hofer Metzgerei Max verköstigt die Besucher im Museum. Die US-Botschaft und das Auswärtige Amt wünschen sich "typische regionale Speisen" für die 100 Gäste, darunter US-Veteranen, frühere Grenzpolizisten und Freunde des US-Außenministers. Der Hofer Traditionsmetzger reicht Bratwürste mit Sauerkraut und Semmeln. Dazu gibt es Bier. Das Museum räumt für die große Tafel extra die Fahrzeughalle des Museums. .
Schweizer müssen wieder abreisen
Eine Reisegruppe aus der Schweiz will am Donnerstagmorgen die Grenzanlagen auf dem Außengelände des Museums im Zuge einer Mauerfall-Tour besichtigen. Dafür ist keine Anmeldung notwendig. Am Morgen sind die Gäste von Bayreuth aus nach Mödlareuth aufgebrochen, wo sie die Nacht verbracht haben. "Die Tour ist seit einem Jahr geplant", erzählt Busfahrer Mario Heinemann. Die Polizei schickt die Touristen aus dem Kanton Bern wieder zurück. Der Carchauffeur, wie Heinemanns Beruf in der Schweiz heißt, nimmt es mit Humor. Die Reise geht weiter in Richtung Berlin.