Mordfall Daniel W. Noch immer keine heiße Spur

Seit dem Frühjahr sucht die Soko „Radweg“ mit dieser ungewöhnlichen Plakataktion nach Hinweisen aus der Bevölkerung.An dieser Stelle traf Daniel W. auf seinen Mörder. Foto: Eric Waha

Der brutale Mord an dem Computerfachmann Daniel W. (24) ist für die Ermittler immer noch ein Rätsel.

 
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Bayreuth - Die Unklarheit bei den Ermittlern, die Ungewissheit bei den Angehörigen und die Gewissheit, dass ein Mörder immer noch frei herumläuft: Nichts hat sich seit genau einem Jahr geändert, als der Computerfachmann Daniel W. (24) ermordet wurde. Nach 1800 Vernehmungen und 400 Hinweisen gibt es keine heiße Spur.

Am Mittwoch, 19. August 2020, fährt Daniel W. nach einem Treffen mit Freunden im Emil-Warburg-Weg mit dem Fahrrad nach Hause ins Storchennest. Vorbei an der Uni, das Fahrradlicht an, Helm auf. In der Nähe sehen ihn noch Zeugen. Ankommen wird er nicht. Gegen 0.45 Uhr finden zwei junge Leute seine Leiche. Die Polizei spricht von „massiver Gewalteinwirkung“. Daniel W. wurde erstochen, danach hat der Täter wie in einem Rausch immer weiter zugestochen. Mitgenommen er gar nichts.

1800 Vernehmungen

Schon kurz nach der Tat wurde die Sonderkommission (Soko) „Radweg“ gegründet. Dort sind bisher nach Angaben der Polizei rund 400 Hinweise aus der Bevölkerung eingegangen, die von den Ermittlern bearbeitet wurden. Außerdem haben die Ermittler rund 1800 Vernehmungen geführt. Darunter waren Angehörige des Opfers, Bewohner des Storchennests, Leute, die sich vorher öfter am Tatort aufgehalten haben. Eine heiße Spur blieb aus.

Gesucht wurde zeitweilig auch nach einem Hammermann, einer Person, die einen Hammer schwingend im Stadtteil Kreuz jemanden verfolgte. Zwar wurde der Mann identifiziert, aber mit dem Mord in Verbindung wurde er nicht gebracht.

Was ist mit dem Hammerkopf?

Die Soko bediente sich auch ungewöhnlicher Ermittlungsmethoden: Sie sucht mithilfe eines Plakats mit dem Foto des 24-Jährigen sowie der Aufschrift „Wer hat mich hier ermordet?“ nach Zeugen. Diese Aktion sorgte bundesweit für Aufsehen. Auch in der ZDF-Sendung „Aktenzeichen XY... ungelöst“ wurde der Fall zweimal thematisiert. Zwar gingen daraufhin Hinweise ein, aber auch hier blieb eine „heiße Spur“ aus. In der zweiten Sendung von „Aktenzeichen XY…“ wurde der Hammerkopf thematisiert. Dieser lag in der Nähe der Leiche, wo heute ein Holzkreuz mit der Inschrift „Daniel“ steht. „Wir haben keine Geschichte dazu“, hatte der Soko-Chef Uwe Ebner damals gesagt. Der Hammerkopf gibt den Ermittlern bis heute Rätsel auf. Irgendwie passt er nicht zur Tat. „Bzgl. des aufgefundenen Hammerkopfes gibt es zum jetzigen Zeitpunkt noch keine abschließenden Erkenntnisse inwieweit ein Zusammenhang mit dem Tötungsdelikt besteht oder nicht.“, heißt es in einer schriftlichen Antwort des Polizeipräsidiums Oberfranken auf eine Anfrage des Kuriers. Dies sei weiterhin Bestandteil der Ermittlungen.

Profiler am Werk

Der bekannte Münchner Profiler Alexander Horn von der Operativen Fallanalyse Bayern (OFA) ist von Anfang an eingeschaltet. Er geht von zwei Möglichkeiten aus. Entweder hat der Täter „mit absolutem Tötungswillen gehandelt“, also aus purer Mordlust, weswegen er ein Messer dabeihatte. Oder er war psychisch krank, fühlte sich ständig angegriffen und hatte deswegen ein Messer zur Verteidigung dabei. Vorstellbar sei auch, so Horn, dass er in Behandlung war und nicht mehr hinging oder eventuelle Medikamente nicht mehr nahm. Sicher scheint für die Ermittler nur, dass er im Vorfeld der Tat bereits öfters ohne spezifischen Anlass in den Nachtstunden im Stadtgebiet unterwegs gewesen sein könnte. Den Ort dürfte er gekannt haben, vielleicht auch, weil er in Bayreuth gelebt, gearbeitet oder studiert hat. Beim Alter des Mörders will sich der Profiler nicht festlegen.

Eine andere Aufgabe der Profiler ist es, sich andere ähnliche Fälle plötzlicher und heftiger Gewaltverbrechen anzuschauen. „Hierzu stehen die Ermittler der Soko im bundesweiten Austausch mit anderen Polizeidienststellen. Die Erkenntnisse hieraus sind derzeit Gegenstand der kriminalpolizeilichen Ermittlungen“, heißt es in der schriftlichen Antwort der Polizei. Aber auch hier gebe es keinen „konkreten Zusammenhang von anderen Fällen mit dem Tötungsdelikt in Bayreuth“.

Ein Verdächtiger – oder auch nicht

Auch in der Stadt gab es einen Fall, mit dem Zusammenhänge geprüft werden: die Brandstiftung bei der Lebenshilfe, der Werkstatt für behinderte Menschen. In den frühen Morgenstunden des 27. August 2020, acht Tage nach dem Mord, kam es zu dem Großbrand in der Werkstatt in der Ritter-von-Eitzenberger-Straße. Der Schaden beläuft sich auf etwa 3,5 Millionen Euro, der Wiederaufbau dürfte bei zehn Millionen liegen. In U-Haft sitzt deswegen der 26-jährige arbeitslose Manuel B., ein gebürtiger Lichtenfelser, der im Raum Bayreuth lebt. Er galt schon als Jugendlicher auffällig und wurde im September vergangenen Jahres auf frischer Tat bei einem Einbruch in eine Schule festgenommen. Er soll 23 Einbrüche begangen haben. Auch Brandstiftungen. Aus ermittlungstaktischen Gründen sagt die Polizei nur: „Während der Ermittlungen sind auch Personen in den Fokus geraten, die aufgrund anderweitiger Delikte in Erscheinung getreten sind bzw. sich derzeit in Untersuchungshaft befinden.“ Die Überprüfungen „dieser verdächtigen Personen“ seien noch nicht abgeschlossen und „nach wie vor Gegenstand der Ermittlungen“. In solchen Fällen wird zunächst ein Profil des Verdächtigen erstellt, das zeigen soll, ob er für einen solchen Mord überhaupt infrage kommt. Dazu werden auch die Angehörigen befragt. Noch ist völlig offen, ob er mit dem Mord in Verbindung gebracht werden könnte.

Belohnung ist ausgesetzt

Der grausame Verdacht: Daniel W. traf es vermutlich völlig zufällig. Der wohl männliche und ortskundige Täter habe sich anscheinend „ein für ihn austauschbares Opfer“ ausgesucht, heißt es laut dpa von der Polizei.

Nach wir vor bitten die Ermittler um Hinweise unter der Telefonnummer 09 21/5 06 24 44.

Für Hinweise, die zur Aufklärung der Tat oder zur Ergreifung des Täters führen, hat die Kriminalpolizei Bayreuth, zusammen mit dem Bayerischen Landeskriminalamt, eine Auslobung in Höhe von 10.000 Euro erreicht.

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