Mountainbike-Marathon Einmal durch die Hölle und zurück

Erst das härteste, dann das älteste und abschließend noch ein technisch anspruchsvolles Mountainbike-Rennen fährt Timo Späthling . Deshalb darf der Schönwalder sich nun Marathon-Man nennen. Wie hat er den Kampf gegen sich selbst und die Berge gewonnen?

 
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Schönwald - Alles begann mit einem Gespräch. Als Timo Späthling mit einem guten Freund vor einigen Jahren über die Salzkammergut-Trophy sprach, begann der Gedanke fest im Kopf des Vorsitzenden der Fichtelgebirgsracer zu wachsen, doch selbst einmal an diesem legendär schweren Mountainbike-Rennen teilzunehmen. „Der Gedanke war immer irgendwie da“, sagt er. Und reift über die Jahre hinweg, bis er sich vor zwei Jahren entschlossen hatte, teilzunehmen. „Dann kam Corona“, sagt er – und in der Folge schien der Traum eines jeden Mountain-Marathon-Fahrers in weite Ferne zu rücken. Beinahe alle Rennen wurden abgesagt. „Ich habe einige Zeit gebraucht, um mich wieder zu motivieren“, sagt der Schönwalder.

Doch wie in der gesamten Gesellschaft nach und nach das öffentliche Leben wieder begann, so keimten auch wieder die Hoffnungen der Sportler auf die Rückkehr in ihre Gewohnheiten. Auch Timo Späthling fasste also einen Entschluss – und setzte sogar noch einen drauf. Es sollte nicht nur dieses berühmt-berüchtigte Rennen in den österreichischen Alpen sein, sondern noch viel mehr: Späthling wollte Marathon-Man werden. Ein Titel also, den alle tragen dürfen, die an gleichnamiger Rennserie teilgenommen haben – und mindestens drei der fünf Rennen erfolgreich beendet haben und dabei mehr als 300 Kilometer gefahren sind.

Keine 100 Finisher

Was zunächst gar nicht einmal so viel klingt, hat es in der Realität in sich, handelt es sich doch meist um Langdistanzen mit kräfteraubenden Höhenmetern auf Trailstrecken, die technisch anspruchsvoll sind. Nicht einmal 100 Athleten schafften dieses Jahr das Renn-Triple. Umso bemerkenswerter ist der zehnte Platz des Schönwalders in der Gesamtwertung, Späthling wurde Vierter in der Mastersklasse 2. „Damit habe ich alle Erwartungen, die ich mir vor der Saison gegeben habe, übertroffen.“

Hinter den nüchternen Zahlen stecken allerdings viele Stunden auf dem Rad – und vor allem harte Rennen. So nahm der 41-Jährige eben an der Salzkammergut-Trophy in Bad Goisern teil. Späthling selbst nennt die A-Distanz (204 Kilometer mit 7044 Höhenmetern) legendär und angsteinflößend. Und dann kam auch noch das Wetter erschwerend hinzu: „Das Wetter hat sich nicht von seiner guten Seite gezeigt und bereits kurz nach dem Start um 5 Uhr morgens begann es zu regnen“, erinnert er sich. „Und es sollte auch nahezu den ganzen Tag so bleiben.“ Dem entsprechend entwickelten sich die Streckenverhältnisse in den Trails zu teils grenzwertig zu fahrenden Wegen. Das Wasser floss stellenweise sturzflutartig Richtung Tal, und forderte von Fahrer und Material alles. Von 435 Startern erreichten an diesem Tag 213 das Ziel innerhalb des Limits von 16 Stunden. Späthling kam nach 14:29,51 Stunden nach all den Strapazen das Ziel – und sagte: „Das Motto des Veranstalters: ‚Einmal durch die Hölle und zurück’ passte wie die Faust aufs Auge.“

Nach dem Rennen ist vor dem Rennen

Andere würden anschließend erst einmal in den Regenerations-Urlaub fliegen, aber Späthling hatte noch Großes vor: Er wollte die Marathon-Man-Serie beenden. Also startete er zwei Wochen nach der Salzkammergut-Trophy im Erzgebirge beim Lauf in Seifen. Dreimal musste er eine Runde von 33 Kilometern mit rund 800 Höhenmetern überwinden. Auch diesmal wieder im Regen. „Ab der zweiten Runde entwickelte es sich zu einer Schlamm- und Materialschlacht sondersgleichen“, berichtet er, der sich nach 6:12,00 Stunden durch den Matsch gekämpft hatte – und damit nur noch eine Prüfung vor sich hatte, um den erhofften Titel tragen zu dürfen.

Aber auch im tschechischen Jablonné beim Malivil-Cup (100 Kilometer) kam er in den Regen – und musste mit höchster Konzentration auf der anspruchsvollen Strecke einen Sturz vermeiden. Es gelang ihm mit Erfolg – und damit hatte er die Rennserie erfolgreich absolviert. Wie ist das überhaupt zu schaffen? Neben intensivem Training ist es auch eine mentale Frage. Späthling wendet einen Trick an: „Ich setze mir immer Zwischenziele und schaue, wie es bis dorthin läuft. Dann kommt das nächste…“ Denn Grenzen gelten für ihn nur für den Moment. „Eigentlich schafft man noch viel mehr.“

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