Münchberg/Landkreis Schutz vor Gaffern

Etwa 60 Meter lang war der Zaun, der den vorbeifahrenden Verkehrsteilnehmern die Sicht auf die Unfallstelle verwehrte. Foto: News5 Quelle: Unbekannt

Nach dem tragischen Unfall am Freitag auf der A 9 hat ein Spezialzaun die Sicht auf die Unfallstelle versperrt. Sein Einsatz ist Teil eines Pilotprojekts.

 
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Münchberg/Landkreis - Es war einer dieser Unfalleinsätze, die den Helfern besonders an die Nieren gehen: Eine vierköpfige Familie ist am Freitagmorgen auf der A 9 bei Münchberg verunglückt; ein vier Monate altes Mädchen wurde dabei so schwer verletzt, dass es später im Krankenhaus starb (die Frankenpost berichtete). Unfallopfer, Rettungskräfte und die Ermittler der Polizei waren an der Unfallstelle abgeschirmt von den Blicken neugieriger Kraftfahrer: Auf Veranlassung der Verkehrspolizei Hof errichtete die Autobahnmeisterei Münchberg auf etwa 60 Metern Länge eine mobile Sichtschutzwand.

Positive Erfahrungen

Technisch haben sich die mobilen Sichtschutzwände bislang bewährt. "Die Erfahrungen sind positiv", sagt Ronnie Seuß, Leiter der Autobahnmeisterei Münchberg. Wenn der Transporter mit den Einzelteilen an der Unfallstelle eingetroffen ist und die Einsatzkräfte zusammenhelfen, dauere der Aufbau der Wand nur etwa eine Viertelstunde. Nach seiner Beobachtung, sagt Seuß, erfülle der Sichtschutz auch seinen Zweck: "Wenn die Wand steht, läuft der Verkehr zügiger."

Seit August 2017 kommen diese Zäune auf der A 9 zum Einsatz. Wie berichtet, beteiligt sich die Autobahnmeisterei an einem zweijährigen Pilotprojekt: Sie testet die zwei Meter hohen mobilen Wände, die aus Rohrrahmen zusammengefügt werden und mit grauem Gewebenetz bespannt sind, auf ihre Tauglichkeit.

Am Freitag kam die Sichtschutzwand im Bereich der Autobahnmeisterei Münchberg zum dritten Mal zum Einsatz, berichtete deren Leiter Ronnie Seuß am Montag auf Anfrage. Zum ersten Mal war sie am 18. September bei einem Unfall auf der Schiefen Ebene aufgestellt worden, als ein Lkw von einer umgestürzten Schilderbrücke regelrecht durchbohrt wurde. Ein zweiter Einsatz folgte beim Brand eines Tiefladers zwischen den Anschlusstellen Hof-West und Münchberg. Zweck der Wände ist es nicht nur, Gaffern die Sicht zu versperren, sondern auch, einen zügigen Verkehrsfluss an der Unfallstelle zu gewährleisten. Die Verkehrspolizei sei gegenüber Gaffern mittlerweile "sehr sensibilisiert", sagt der Leiter der Hofer Verkehrspolizeiinspektion, Horst Thiemt.

Immer wieder gelangen Fahrer in die Schlagzeilen, die bei Unfällen bremsen oder gar stehen bleiben, um das Leid der Opfer zu beobachten, brennende Fahrzeuge zu filmen - und dieses Material nicht selten online zur Schau zu stellen. Manch einer behindert mit seinem Verhalten die Einsatzkräfte - in Situationen, in denen es um Leben und Tod gehen kann. Zudem erhöht sich die Gefahr weiterer Unfälle, wenn Gaffer den Verkehr zum Stocken bringen.

Die Entscheidung, ob eine Sichtschutzwand angefordert wird, obliegt der Verkehrspolizei. Ein Kriterium dabei ist, wie lange der Einsatz dauern wird. Das Minimum ist eine Stunde. Dabei wartet die Verkehrspolizei nicht ab, wie sich die Verkehrsteilnehmer verhalten, sondern handelt vorbeugend: "Wir wollen Gafferei von vorneherein verhindern", sagt Thiemet. "Es ist wichtig, den Verkehr flüssig zu halten. Die Fahrer sollten eine Unfallstelle in mäßigem Tempo, aber zügig passieren." Ziel des Pilotprojektes ist es, zunächst einmal Erfahrungen im Einsatz der Sichtschutzwände zu gewinnen." "Wir sind noch im Anfangsstadium", erklärt Horst Thiemt. Zu klären sei auch die Frage: "Wie fühlen sich die Einsatzkräfte bei ihrer Arbeit hinter dem Zaun? Trägt der Sichtschutz zu ihrem eigenem Sicherheitsgefühl bei oder eher nicht?"

Das Phänomen Sensationslust wird es immer geben. "Das liegt wohl in der Natur des Menschen", sagt Horst Thiemt. "Einzelne Leute halten sich eben nicht an die Vorschriften. Es gibt aber auch sehr viel Vernünftige", betont der Inspektionsleiter. Und so erhalte die Polizei viel Verständnis und Zuspruch für ihr Vorgehen gegen Gaffer, auch in Internet-Diskussionen.

In den Fokus ist in den vergangenen Jahren auch das Thema Rettungsgassen geraten. Immer wieder kommt es vor, dass Einsatz- und Rettungskräfte im Stau fest hängen. Die Hofer Verkehrspolizei hat deshalb am Freitagmorgen auf der A 9 extra eine Streife durch den Stau geschickt, um zu kontrollieren, ob die Rettungsgasse freigehalten wurde.

Und tatsächlich ertappten die Beamten einige Fahrer, die sich nicht an die Vorschriften hielten. Die Polizisten notierten die Kennzeichen, lotsten die Fahrer hinter der Unfallstelle aus dem Verkehr und sprachen Beanstandungen aus.

"Ein Lkw-Fahrer war besonders dreist", berichtet Horst Thiemt. Um zu beweisen, dass er die Gasse nicht blockiert habe, zeigte er den Polizisten ein Foto, das er mit dem Handy aus dem fahrenden Lkw heraus aufgenommen hatte. Das brachte ihm ein Bußgeld ein: wegen illegaler Nutzung des Mobiltelefons während des Fahrens.

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