Münchberg "Wer es geschafft hat, verdient einen Wunschkörper"

Interview: mit Dr. Elias Polykandriotis, Chefarzt der Abteilung für Plastische-, Hand- und Mikrochirurgie am Sana-Klinikum Quelle: Unbekannt

Das Fett ist weg, die Haut bleibt: Menschen, die stark abgenommen haben, leiden oft mehr als zuvor. Dr. Elias Polykandriotis vom Hofer Sana-Klinikum rät zu einer Operation.

 
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Herr Polykandriotis, wie oft kommt es vor, dass nach dem Abnehmen Hautlappen bleiben?

Man kann davon ausgehen, dass nach einem Gewichtsverlust von minus 30 Kilogramm oder mehr ein signifikanter Haut-Überschuss an Bauch und Brust bleibt. Interessanterweise ist das Gesicht selten betroffen.

Welche gesundheitlichen Probleme sind die Folge?

Es kommt durch den Haut-Überschuss zu Schmerzen bei alltäglichen Aktivitäten, zu wiederkehrenden Hautentzündungen mit dem Risiko von Wunden oder sogar Krebs, zu Fehlhaltung und orthopädischen Problemen sowie zu Schwierigkeiten beim Urinieren.

Wie stark leidet die Psyche?

Wir müssen unterscheiden zwischen den psychologischen Effekten des Gewichtverlustes an sich und den Problemen, die durch die verbleibende Entstellung der Haut-Erschlaffung entstehen. Zum einen werden die Patienten durch den Gewichtsverlust teilweise aus ihrem sozialen Umfeld herausgerissen. Das Essen ist nicht mehr das Epizentrum des Lebens. Zweitens: Das Übergewicht stellt kurioserweise oft eine Schutzbarriere dar. Nicht selten fühlen sich die Menschen nach dem Gewichtsverlust exponiert. Drittens: Diese Menschen leben in der ständigen Angst, wieder dick zu werden. Viertens: Man muss sich mit dem neuen Ich anfreunden. Aus dem Spiegel guckt ein neuer Mensch zurück und den wieder zu mögen, fällt nicht immer leicht. Durch die verbleibenden Entstellungen bleibt der Traum vom Leben nach dem Übergewicht verwehrt. Die Patienten schämen sich für ihren Körper mehr als vor dem Gewichtsverlust. Die Folgen sind ein gestörtes Selbstbild, Depression, Rückfall zum emotionalen Essen, Rückzug aus dem sozialen Leben und Abstand von sexuellen Beziehungen.

Lässt sich die gedehnte Haut durch Sport oder Ernährung straffen?

Nein. Wenn man seine Muskelmasse steigert, dann kann man die überschüssige Haut etwas ausfüllen. Doch die Haut-Elastizität ist nach dem massiven Gewichtsverlust deutlich schlechter. Hier passt das Bild von einem leeren Luftballon, der für lange Zeit aufgeblasen war.

Wann ist eine Operation unausweichlich?

Eine Operation zur Haut-Straffung ist grundsätzlich nicht unausweichlich, weil die Erschlaffung an sich nicht lebensbedrohlich ist. Allerdings ist die Mehrheit der verschobenen Brüche ebenfalls nicht lebensbedrohlich. Auch viele Tumore kann man versuchen zu behandeln - ohne Operation. Es ist immer eine Entscheidung des Menschen, ob er bereit ist, mit seinem Problem zu leben, oder ob er das Risiko auf sich nimmt, um sein Leben zu verbessern.

Wo verläuft die Grenze zwischen Schönheits-OP und medizinisch notwendiger Operation?

Es ist sehr schwer, eine Grenze zu definieren. Die Rechtsprechung hat die Psyche vorweg als Kriterium ausgeschlossen. Seit einem Präzedenzfall von 2005 sind psychische Probleme kein Grund mehr für eine Straffungs-Operation. Drei Frauen hatten vor Gericht geklagt, dass ihre Brust-OP wegen psychologischer Probleme von der Kasse übernommen werden sollte. "Wer psychologische Probleme hat, kann zum Psychologen", hieß es dann.

Also muss der Patient die Kosten für die OP selbst tragen?

In der Regel werden die Kosten nicht von der Kasse übernommen. Es lohnt sich aber, es zu versuchen. Wir erstellen hier im Klinikum Gutachten und machen medizinische Foto-Dokumentationen.

Kann eine OP dauerhaft helfen?

Ja, natürlich. Man kann mit einer Operation den Körperbereich wiederherstellen. Leider entstehen dann aber Narben.

Was passiert, wenn der Patient erneut zunimmt?

Wenn der Patient zunimmt oder schwanger wird, verändert sich der Körper entsprechend, ähnlich wie bei nicht operierten Patienten.

Führen Sie im Klinikum solche Eingriffe durch? Wenn ja, wie oft?

Ich habe in Erlangen die plastische Chirurgie zur Wiederherstellung der Körper-Silhouette nach Gewichtsreduzierung als Behandlungs-Schwerpunkt etabliert und zwischen den Jahren 2007 und 2009 geleitet. Wir führen in Hof zirka fünf derartige Operationen pro Monat durch.

Was raten Sie betroffenen Patienten?

Jemand, der es geschafft hat, nach großem Kampf sein Wunschgewicht zu erreichen, verdient es auch, seinen Wunschkörper zu bekommen.

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