Münchberger Land War Kernkraftwerk schuld an Stromausfall?

Die Kernkraftwerke Isar 1 (rechts; wird bereits zurückgebaut) und Isar 2 im Landkreis Landshut. Foto: dpa/Armin Weigel

Am Sonntag ist im Münchberger Land der Strom ausgefallen. Im Netz gab es dazu viele Spekulationen. Doch was ist dran?

 
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Münchberg - Am Sonntag ist in der Mittagszeit, wie berichtet, in weiten Teilen des Münchberger Landes der Strom ausgefallen. Als Ursache verwies das Bayernwerk als Netzbetreiber auf Nachfrage unserer Zeitung auf Probleme im Umspannwerk Münchberg. Es habe einen Spannungsverlust im lokalen Stromnetz gegeben. Daraufhin hatten viele Facebook-Nutzer begonnen, Spekulationen zu äußern, wie es dazu kommen konnte. Unsere Zeitung hat das Bayernwerk deshalb nochmals um eine Stellungnahme gebeten.

„Die Abschaltung erfolgte automatisch aus dem System heraus“, heißt es im Schreiben des Unternehmens. „Umspannwerke versorgen wie in Münchberg oft auch die Energienetze sogenannter Weiterverteiler.“ Bei einem Weiterverteiler handelt es sich um einen nachgelagerten Energieversorger, in diesem Fall die Licht- und Kraftwerke Helmbrechts (LuK), der – vertraglich geregelt – Energie aus dem Netz bezieht. Weiter heißt es vom Bayernwerk: „Im Netz eines Weiterverteilers kam es am Sonntag zu einem Spannungsfehler, dessen Ursache bis jetzt nicht bekannt ist. Wenn derartige Spannungsveränderungen auf Stromleitungen auftreten, werden die betroffenen Leitungen grundsätzlich durch Leitungsschutzeinrichtungen abgeschaltet.“

In diesem Fall jedoch habe die Leitungsschutzeinrichtung im Netz des Weiterverteilers nicht reagiert, sodass die Reserveschutzeinrichtung der Bayernwerk Netz GmbH den Fehler bereinigt habe. „Dies erfolgte durch eine automatische Abschaltung des Netztransformators im Umspannwerk Münchberg.“ Nach Überprüfung des Systems habe das Umspannwerk um 12.48 Uhr wieder zugeschaltet werden können. Die insgesamt etwa 8000 betroffenen Haushalte in Münchberg, Helmbrechts, Konradsreuth, Stammbach, Weißdorf, Zell, Sparneck und Pillmersreuth, einem Ortsteil von Schwarzenbach am Wald, hatten daraufhin wieder Strom.

Gerd Dilsch, Geschäftsführer der Licht- und Kraftwerke Helmbrechts, sieht die Sache etwas anders. Ja, der Fehler sei zwar im Netz der LuK aufgetreten, doch habe deren lokale Netzschutzeinrichtung durchaus reagiert. Grund sei ein Baum gewesen, der vermutlich aufgrund der Schneelast auf eine Freileitung gefallen war und so einen Kurzschluss auslöste. Ein solches Problem habe man bereits vor vier Jahren einmal gehabt. Ort des Geschehens sei diesmal das Waldstück am alten Steinbruch in der Nähe des Quarklochs und der Selbitz beim Helmbrechtser Ortsteil Haide gewesen. Laut LuK hatte deren Schutzeinrichtung bereits ausgelöst und die betroffene Leitung vom Netz genommen, bevor das Bayernwerk das Münchberger Umspannwerk schließlich vollständig abschaltete. „Warum das Bayernwerk das gemacht hat, wissen wir bis heute nicht. Die Untersuchungen dazu laufen noch“, sagt Dilsch. Im Normalfall bekomme der Kunde von der Notabschaltung einer Leitung kaum etwas mit, außer vielleicht „einen leichten Flackerer“ beim Licht.

Man habe das Bayernwerk bereits um eine offizielle Stellungnahme gebeten, bislang aber keine bekommen. Dass das Unternehmen die LuK nun für den Fehler verantwortlich mache, obwohl der Hergang der Sache noch nicht abschließend geklärt sei, ärgere ihn.

Eine Vermutung, die in den Facebook-Kommentarspalten immer wieder zu lesen war, bezog sich auf eine Störung des Kernkraftwerks Isar 2 im Landkreis Landshut am Morgen vor dem Stromausfall im Münchberger Land. Das Kraftwerk hatte wegen einer defekten Dichtung an einem Ventil im Dampfwasserkreislauf vom Netz genommen werden müssen. „Die Störung steht in keiner Verbindung mit der Abschaltung des Kernkraftwerks Isar 2“, heißt es nun aus der Pressestelle des Bayernwerks. „Ein Kernkraftwerk speist in die Höchstspannungsebene 220/380 kV ein, Leitungsabgänge in Umspannwerken werden mit 20 kV betrieben. Ein Zusammenhang ist ausgeschlossen. Es muss hier ein lokales Problem vorgelegen haben.“

Bekanntlich hat die Bundesregierung im Jahr 2011 nach der Reaktorkatastrophe von Fukushima den Ausstieg aus der Atomenergie beschlossen. Ende 2022 soll er komplett vollzogen werden. Bis spätestens 2038 möchte Deutschland auch aus der Kohleenergie aussteigen. Auch zur Energiewende stellten einige Facebook-Kommentatoren eine gedankliche Verbindung her. „Wenn erst alle Kraftwerke in Deutschland vom Netz sind, dann gute Nacht. Die Blackouts sind vorprogrammiert“, schrieb ein Nutzer. Ein anderer äußerte die Befürchtung, Deutschland falle nun „in die Steinzeit zurück“. Manch einer äußerte, nun über den Kauf eines Notstromaggregats nachzudenken. Das Bayernwerk hält auf Anfrage dagegen: „Was die Versorgungssicherheit allgemein betrifft, haben das Bundeswirtschaftsministerium und die Bundesnetzagentur, die für das bundesweite Versorgungssicherheits-Monitoring zuständig sind, festgestellt, dass aus heutiger Sicht bis 2035 keine Gefährdung der Versorgungssicherheit in Deutschland vorliegt.“

Wie das möglich sein soll, konkretisiert das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz auf seiner Internetseite in aller Ausführlichkeit. Aus Klimaschutzgründen möchte der Bund die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien weiter vorantreiben. „Hinzu kommt der Ausbau hocheffizienter Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, die sowohl Strom als auch Wärme liefern.“ Bevor ein Kraftwerk vom Netz gehe, prüfe die Bundesnetzagentur stets die Versorgungssicherheit.

Doch wie sollen Kern- und Kohlekraftwerke ersetzt werden, wenn die Versorgung mit Wind- und Solarenergie noch nicht ausreichen sollte? „In solchen Situationen können Gaskraftwerke und Speicher zum Einsatz kommen“, heißt es vom Bundeswirtschaftsministerium. Zudem sei Deutschland „voll in die europäische Stromversorgung integriert“, sodass sich Schwankungen grenzübergreifend ausgleichen ließen. Darüber hinaus gebe es hierzulande „verschiedene Reserven von zukünftig in Summe rund 10 Gigawatt Leistung“. Das sei einmalig in Europa.

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