Nach dem Tod des Kremlkritikers Bürgerrechtler: Polizei nimmt Teilnehmer von Nawalny-Beerdigung fest

red/

Zum Erstaunen vieler Beobachter ließ die Moskauer Polizei am vergangenen Freitag Tausende Nawalny-Anhänger bei der Beerdigung des Kreml-Kritikers protestieren. Nun aber werden Festnahmen gemeldet.

 
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Am Tag der Beerdigung hielten sich die Festnahmen in Moskau in Grenzen. Foto: dpa/Uncredited

Nach der Beerdigung von Kremlgegner Alexej Nawalny in Moskau sind Bürgerrechtlern zufolge mehrere Teilnehmer festgenommen worden. Am Dienstag seien ein Mann und eine Frau festgesetzt worden, die sowohl bei der Beerdigung am vergangenen Freitag als auch bei vorherigen Nawalny-Gedenkaktionen waren, teilte die Organisation Ovd-Info mit. Zuvor musste demnach bereits eine Moskauerin die Nacht auf Montag in einer Haftzelle verbringen. Polizisten sollen die Frau ausfindig gemacht haben, weil eine Videokamera einfing, wie sie bei der Trauerveranstaltung die Worte „Gerojam Slawa“ („Ruhm den Helden“) rief, die Unterstützung mit der von Russland angegriffenen Ukraine ausdrücken. Später wurde sie laut Ovd-Info zu einer Geldstrafe verurteilt. 

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Der Sprecher von Ovd-Info, Dmitri Anissimow, sagte dem russischen Nachrichtenkanal „Agentstwo“, es sei noch zu früh, um vom Beginn einer Festnahmewelle zu sprechen. Er betonte aber, dass seine Organisation schon zuvor gewarnt habe, dass die Polizei dank Videoaufnahmen und neuer Technologien zur Gesichtserkennung Teilnehmer nach der Veranstaltung verfolgen könne.

Am Tag der Beerdigung selbst waren mehr als 100 Menschen festgenommen worden - allerdings nur wenige von ihnen in Moskau und die meisten in der sibirischen Großstadt Nowosibirsk. Darüber hinaus hatte es schon zuvor in den Tagen nach Nawalnys Tod Hunderte Festnahmen gegeben, als Menschen an Denkmälern Blumen für den bekannten Oppositionspolitiker niederlegen wollten.

Tod Nawalnys löste große Anteilnahme aus

Nawalny, der als schärfster Kritiker von Kremlchef Wladimir Putin galt, war am 16. Februar in einem Straflager nördlich des Polarkreises unter bislang nicht geklärten Umständen ums Leben gekommen. Sein Tod löste unter kritisch eingestellten Russen Entsetzen und große Anteilnahme aus. Zu der Beisetzung im Moskauer Randbezirk Marjino erschienen am vergangenen Freitag Tausende Menschen. Zum Erstaunen vieler Beobachter ließ die Polizei, die sich mit starker Präsenz in Stellung gebracht hatte, die Trauernden zunächst gewähren - auch, als sie offene Anti-Kreml-Parolen wie „Nein zum Krieg!“ und „Russland ohne Putin!“ skandierten.