Nacht der Demokratie Erinnerung an Demütigung, Qual, Tod

In Schwarzenbach an der Saale erinnert der Verein gegen das Vergessen mit einer dunklen Stunde an den Todesmarsch nach Volary.

 
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Hunderte Frauen überstanden den Todesmarsch nach Volary nicht, andere schafften es. Unser Foto zeigt eine der Überlebenden bei der Untersuchung durch Militärarzt Aaron Caran. Foto: Archiv

Im Rahmen der „Langen Nacht der Demokratie“ hat eine besondere Stunde im nächtlich-dunklen Gemeindesaal in Schwarzenbach an der Saale stattgefunden. Hartmut Hendrich, Vorsitzender des Vereins gegen das Vergessen, der in Schwarzenbach die Gedenkstätte „Langer Gang“ betreut, führte in das Thema ein: den Todesmarsch nach Volary.

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Am 20. Januar 1945 wurden etwa 1000 weibliche Häftlinge aus dem Lager Schlesiersee, dem heutigen Ort Sława im Westen Polens, auf einen Todesmarsch gezwungen. Unterwegs kamen sie durch andere Lager, wo sich weitere Häftlinge anschließen mussten. Etwa 670 Frauen kamen im KZ Helmbrechts an, viele von ihnen starben dort.

Gemeinsam mit den dort bereits zur Zwangsarbeit untergebrachten Frauen mussten sie am 13. April 1945 wieder aufbrechen. Am 5. Mai 1945, nachdem die aus Schlesiersee stammenden Frauen eine Entfernung von mehr als 800 Kilometern zurückgelegt hatten, endete der Marsch in der Stadt Wallern, heute Volary in Tschechien.

Insgesamt lagen hinter ihnen 106 Tage harten Marschierens durch den Schnee: mit nagendem Hunger, Krankheit, Demütigung, Tod. Von den ungefähr 1300 Frauen überlebten etwa 350.

Die Frauen erhielten an diesem Abend ihre Stimme. Birgit Schreier und Nanne Wienands lasen unter anderem die Worte der Russin Natalia Margan, die sie den US-Untersuchungsbehörden zu Protokoll gegeben hatte. Lise Drosdor, 19 Jahre, berichtete über die Aufseherin Herta Haase und den Aufseher Walter Kowaliv:

„Herta Haase hat mich viel geschlagen, fast jeden Tag, mit einem Gummischlauch. Auch hat sie mich mit Stiefeln und den Füßen gestoßen. Walter Kowaliv schlug mit dem Karabiner auf meinen Kopf.“ Anna Gumbinger, eine weitere Häftlingsfrau, berichtete zu Herzen gehend über die Quälerei, die zwei geflüchtete Gefangene ertragen mussten; eine davon war eine jüdische Ärztin, die ihren Mitgefangenen oft geholfen hatte. Bluba Beilowitz beschrieb den Weg ihrer Familie in die Todeslager, sie selbst musste von Schlesiersee bis Volary laufen. Der amerikanische Arzt Charles Frazer berichtete, dass knapp zwanzigjährige Mädchen und Frauen aussahen, als wären sie 70 Jahre alt. Die versöhnlich stimmenden, aber auch mahnenden Schlussworte sprachen Klaus Rauh und der Helmbrechtser Bürgermeister Stefan Pöhlmann, vorgelesen aus der Dokumentation über das Lager Helmbrechts und den Todesmarsch: „Dem Erstarken rechter Tendenzen müssen wir in aller Entschiedenheit entgegen treten. Gerade unsere Jugend muss dafür stark sein und stark gemacht werden.“