Zehntausende Libanesen flohen aus ihren Dörfern und Städten. Viele harren in der Hauptstadt Beirut aus und schlafen angesichts fehlender Unterkünfte teils auch auf Matratzen an der Küstenpromenade der Mittelmeerstadt. Die jüngste Eskalation dürfte bei vielen der rund neun Millionen Einwohner des Landes Erinnerungen an den letzten Krieg zwischen Israel und der Hisbollah vor 18 Jahren wecken.
Israels Verteidigungsminister spielt auf Bodeneinsatz an
Israels Verteidigungsminister Joav Galant spielte am Montag auf einen möglichen Bodeneinsatz im Libanon an. Die Tötung von Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah sei ein wichtiger Schritt, "aber noch nicht alles", sagte Galant bei einem Truppen-Besuch an der Nordgrenze. "Wir werden alle unsere Fähigkeiten einsetzen."
Ziel sei weiterhin, die Rückkehr von 60.000 Israelis zu ermöglichen, die seit Monaten durch die Hisbollah-Angriffe aus Gebieten entlang der Grenze vertrieben sind. Man sei bereit, dafür "jede Anstrengung zu unternehmen" und Truppen in der Luft, auf See und am Boden einzusetzen.
Hisbollah zu Bodenoffensive: Wir sind bereit
Erstmals nach der Tötung Nasrallahs meldete sich die Spitze der islamistischen Miliz zu Wort und signalisierte ihre Kampfbereitschaft. "Wir wissen, dass der Kampf lang dauern könnte und sind auf alle Möglichkeiten vorbereitet", sagte der stellvertretende Hisbollah-Chef Naim Kassim in einer im Fernsehen übertragenen Rede. "Wenn Israel sich entscheidet, eine Bodenoffensive zu starten: Wir sind bereit." Wer die Hisbollah anführen soll, sagte er nicht.
Am Freitag hatte Israels Armee den Generalsekretär der vom Iran unterstützten Hisbollah im Süden der libanesischen Hauptstadt Beirut getötet. Auch viele weitere Führungsmitglieder wurden getötet. Dennoch setzte die Hisbollah ihre Angriffe auf Israel zuletzt fort.
UN: Schon 100.000 vom Libanon nach Syrien geflohen
Im Libanon spitzt sich die humanitäre Notlage derweil zu. Nach UN-Angaben flohen seit Beginn der massiven israelischen Luftangriffe bereits rund 100.000 Menschen nach Syrien. 60 Prozent seien Syrer, die einst im Libanon Zuflucht gesucht hatten, 40 Prozent Libanesen, berichtete das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR in Genf.
Angesichts der sich verschärfenden Lage im Libanon hat ein Flugzeug der Luftwaffe Botschaftspersonal aus der libanesischen Hauptstadt Beirut ausgeflogen. An Bord der Bundeswehrmaschine waren nach Angaben des Auswärtigen Amtes rund 110 Passagiere. Das Flugzeug landete am Abend in Berlin auf dem Hauptstadtflughafen BER, wie eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes bestätigte.
Netanjahu warnt Iraner: Israel erreicht jeden Ort im Nahen Osten
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wandte sich derweil in einer Videobotschaft an die iranische Bevölkerung. Er betonte darin, es gebe im Nahen Osten keinen Ort, den sein Land nicht erreichen könne. "Fragt Mohammed Deif. Fragt Nasrallah", sagte er in Bezug auf die gezielt getöteten Führer von Hamas und Hisbollah. Es gebe keinen Ort, an den Israel nicht gehen würde, "um unser Volk und unser Land zu beschützen". Die Regierung in Teheran bringe die iranische Bevölkerung täglich "näher an den Abgrund".
Zugleich fand Netanjahu versöhnliche Worte an die Iraner, verbunden mit der Hoffnung auf einen Machtwechsel in Teheran: "Wenn der Iran endlich frei ist – und der Moment ist näher, als die Leute glauben -, wird alles anders sein", versicherte er. "Zwei alte Völker, das jüdische und das persische, werden endlich im Frieden sein."
Die Hisbollah sowie die islamistische Hamas im Gazastreifen gehören zur sogenannten "Achse des Widerstands", einem von der Führung in Teheran unterstützten Netzwerk im Kampf gegen den Erzfeind Israel.