Naila Zu Ehren der Armen und Hungernden

Sandra Hüttner
  Foto: /Hüttner

Die Nutzer der Nailaer Tafel stehen im Mittelpunkt einer Veranstaltung am Sonntag im Bonnhoefferhaus. Pfarrerin Rodenberg sagt: „Das Thema Hunger darf auch in Deutschland nicht unterschätzt werden.“

 
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Naila - Dieser Sonntag, 17. Oktober, ist UNO-Welttag zur Überwindung von Armut und Ausgrenzung – und Naila beteiligt sich wieder mit einer Veranstaltung im Bonhoefferhaus. Das Thema lautet „Gemeinsam die Zukunft gestalten: Anhaltende Armut beenden – alle Menschen und unsere Erde respektieren“. Dazu gibt es ein vielfältiges Programm.

Pfarrerin Annette Rodenberg und Seniorenbeauftragte Marlies Osenberg organisieren zum achten Mal diese Feierstunde in Naila. Aber nicht allein; bei sechs Netzwerktreffen haben Barbara Bernstein, Hilde Herbolzheimer, Hanna Piruzram, Marie-Luise Reif und Lucie Vogel ihre Ideen eingebracht. Sie werden auch bei der Veranstaltung im Einsatz sein. Diese findet im Rahmen des f.i.t.-Projekts „Sichtbar, aber auch nicht stumm“ statt. Träger sind die evangelische Kirchengemeinde Naila, die Mehrgenerationen-Projektschmiede und die Nailaer Tafel. Die Tafel steht heuer im Mittelpunkt, vielmehr deren Nutzer.

„Es geht ja um Armut“, unterstreicht Pfarrerin Rodenberg und berichtet von Gesprächen mit Kunden der Tafel. „Ich habe Fragen gestellt; die Antworten werden am Abend vorgelesen, zusammengefasst, ohne Namen“, erläutert Rodenberg.

„Muss ich mich schämen, wenn ich das Angebot Tafel nutze, oder kann ich stolz sein, weil ich der Lebensmittelverschwendung entgegenwirke?“, fragt Pfarrerin Rodenberg. Es komme immer auf die Sichtweise an, und es werde wohl noch ein langer Weg sein, bis die Tafelnutzer als Vorbilder gesehen werden. Annette Rodenberg weiß aber auch, dass viele keine andere Wahl haben und das Angebot der Tafel „das kleinere Übel“ sei. „Hunger ist ein Thema auch in Deutschland, das man nicht unterschätzen darf“, betont die Pfarrerin. Die Kunden der Tafel hätten oft nur die Wahl zwischen Hungern oder dem so genannten „Containern, auf das aber Strafe steht“. Die Verwendung von Lebensmitteln kurz vor dem Verfalldatum werde von vielen „sensibler“ betrachtet als beispielsweise der Einkauf von Kleidung in einem Second-Hand-Shop.

Marlies Osenberg und Pfarrerin Rodenberg betonen die Wertigkeit der Lebensmittel. Sie werben für eine gesetzliche Pflicht, Lebensmittel zu verwerten statt in Containern zu entsorgen. Die nachhaltige Verwertung von Nahrungsmitteln sei eine gesellschaftliche Aufgabe.

In Zusammenarbeit mit dem Sonderförderzentrum „Schule am Martinsberg“, Dr. Marie-Rose Blunschi von „ATD Vierte Welt“ aus der Schweiz sowie Brunhild Fischer von „Selbstbestimmte Handlungsstrategien und Initiativen für Alleinerziehende“ (SHIA), Landesverband Sachsen, wird die Veranstaltung durch Gastbeiträge bereichert. Für die musikalische Umrahmung sorgen Brunhild Fischer, Dietrich Hoffschild und Annegret Krenzler. Zudem wird es Grußworte geben: von Bürgermeister und stellvertretendem Landrat Frank Stumpf und Hannelore Grafen-Walther von der Nailaer Tafel.

Marlies Osenberg betont, dass diese Veranstaltung zu Ehren der Ärmsten sei. „Armut darf nicht totgeschwiegen werden“, betonen die beiden Frauen. Am Sonntag, versichern sie, werde mit dem Thema sorgsam umgegangen, sodass es für niemanden beschämend sei.

Die Veranstaltung sei sowohl für Betroffene gedacht, die aus der Veranstaltung ein Quäntchen Hoffnung auf Besserung schöpfen können, als auch für Bessergestellte, die erfahren wollen, wie es ist, arm zu sein.

„Die Spaltung der Gesellschaft in arm und reich wird immer größer und hat durch Corona noch an Fahrt aufgenommen“, betont Marlies Osenberg.

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