Süß, salzig, leicht bitter: Sie lieben Lakritz? Für dessen charakteristischen Geschmack ist Glycyrrhizin verantwortlich, ein Stoff aus dem Süßholzwurzelsaft. Er hat eine deutlich höhere Süßkraft als Haushaltszucker.
Manche lieben es, manche kann man damit jagen: Es geht um Lakritz, die Süßigkeit aus dem Saft der Süßholzwurzel. Einige sollten der Gesundheit zuliebe nicht zu viel davon naschen. Warum genau?
Süß, salzig, leicht bitter: Sie lieben Lakritz? Für dessen charakteristischen Geschmack ist Glycyrrhizin verantwortlich, ein Stoff aus dem Süßholzwurzelsaft. Er hat eine deutlich höhere Süßkraft als Haushaltszucker.
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Doch nimmt man ihn in zu großen Mengen zu sich, drohen gesundheitliche Probleme. Und auch Salmiak, das in den besonders salzigen Varianten steckt, kann unerwünschte Folgen haben, wenn man zu viel davon aufnimmt. Was genau kann passieren, wer muss aufpassen? Und wie viel Lakritz-Nascherei ist unbedenklich? Ein Überblick.
„Bei der Frage nach der Schädlichkeit von Lakritz muss man erst einmal zwischen Kinder- und Starklakritz unterscheiden“, erläutert Christian Schulze, wissenschaftlicher Mitarbeiter der Abteilung für Pharmazeutische Biologie an der Universität Greifswald.
Und er gibt Entwarnung: „In Lakritz für Kinder ist kaum etwas vom potenziell schädlichen Stoff Glycyrrhizin enthalten.“ Glycyrrhizin ist natürlicher Bestandteil des Süßholzsaftes, der aufgrund seiner charakteristischen geschmacksgebenden Eigenschaften zur Herstellung von Lakritz verwendet wird.
Es gibt einen EU-Grenzwert, der besagt, dass im 100 Gramm Produkt maximal 200 Milligramm Glycyrrhizin enthalten sein dürfen. Der genaue Gehalt von Glycyrrhizin muss auf der Verpackung zwar nicht angegeben werden. Doch der Verzehr von üblichen Mengen Kinderlakritz gilt als ungefährlich.
Ein Freifahrtschein zum großzügigen Naschen ist das aber nicht. „Was ich bezüglich der Zutaten von Kinderlakritz viel bedenklicher finde und was eigentlich immer übersehen wird, ist der hohe Zuckergehalt“, betont Martin Smollich, Ernährungswissenschaftler und Pharmakologe am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck.
Zucker ist die Hauptzutat in Lakritzprodukten. „Hinzu kommen Zuckersirup und oft Salmiak, also das Mineral Ammoniumchlorid. Kinder, aber auch erwachsene Risikogruppen, sollten vor allem deswegen auf einen übermäßigen Verzehr verzichten“, rät Smollich.
Salmiak verleiht dem Lakritz den typischen, stechend salzigen Geschmack – vor allem bei Erwachsenenlakritz. Es kann den Mineralhaushalt von Kindern stören, wie Schulze warnt. Es drohen Symptome wie Übelkeit oder Erbrechen.
Doch was ist mit Erwachsenenlakritz? Starklakritz enthält mehr Glycyrrhizin als Kinderlakritz, was übrigens nicht nur für Kinder zum Problem werden kann. „Bei Erwachsenen können höhere Dosen Glycyrrhizin und Salmiak im Körper eine Kette von Nebenwirkungen auslösen“, erklärt Christian Schulze.
Glycyrrhizin wird im Körper zu Glycyrrhetinsäure abgebaut. Sie kann in den Nieren ein Ansteigen des Cortisolspiegels bewirken. Dadurch kommt es zu Veränderungen im Mineralstoffwechsel. Natrium reichert sich an, Kalium geht verloren.
Die Folgen: „Der Blutdruck kann steigen, es können Wassereinlagerungen in den Gelenken und im Gesicht entstehen, außerdem kann es zu Muskelschwäche und einer Störung der Kaliumkonzentration im Blut kommen“, zählt Martin Smollich auf.
Beim Verzehr von Stark- und Salmiaklakritz sollten deswegen Personen mit einer Herzinsuffizienz vorsichtig sein. Außerdem alle, die Cortisolpräparate zu sich nehmen, unter Bluthochdruck leiden oder auf ihren Wasser- und Mineralsalzhaushalt achten müssen, etwa weil sie entwässernde Tabletten einnehmen.
„Die genannten Personengruppen können schon mit der Aufnahme einer normalen Süßigkeitenmenge in Bereiche kommen, die für sie gefährlich werden können“, erläutert Christian Schulze. Ab welcher Menge Glycyrrhizin genau toxisch wirkt, sei aber individuell unterschiedlich und hänge unter anderem von Körpergröße, Gewicht und Ernährungs- beziehungsweise Bewegungsgewohnheiten ab.
Auch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat sich mit Glycyrrhizin beschäftigt. Die Behörde empfiehlt, höchstens 100 Milligramm davon am Tag zu sich zu nehmen. „Gesundheitliche Auswirkungen sind erst ab einer ständigen Aufnahme von über 200 mg Glycyrrhizin pro Tag zu erwarten“, fasst Ernährungswissenschaftler Smollich zusammen. „Um diesen Wert zu erreichen, müsste man täglich 200 g handelsübliches Lakritz oder 25-100 g Starklakritz essen.“ Mengen, die auch echte Lakritz-Fans nicht unbedingt wegnaschen.
Lediglich bei Menschen aus den genannten Risikogruppen kann es auch schon bei geringeren Mengen zu Problemen kommen, so der Experte. Wer auf der sicheren Seite sein will, nascht also nicht gleich die halbe Tüte, sondern nur einzelne Teile.
Bleibt die Frage: Stecken in Lakritz auch Stoffe, die gesund sind? „In Süßholzsaft sind zwar Flavonoide enthalten, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken können“, unterstreicht der pharmazeutische Biologe Christian Schulze. Bei Flavonoiden handelt es sich um sekundäre Pflanzenstoffe, denen zum Beispiel eine entzündungshemmende Wirkung zugeschrieben wird.
„Um jedoch in den Genuss der positiven Effekte zu kommen, müsste man so viel von dem Lakritzprodukt zu sich nehmen, dass die schädliche Wirkung des Glycyrrhizin überwiegen würde“, sagt Schulze. Lakritzprodukte können deswegen nicht als gesund bezeichnet werden.