Schwerpunkt in diesem ersten Ausstellungsbereich ist die Epoche des Barock. Typisch für jene Zeit auf den Tischen im Fichtelgebirge waren zum Beispiel Keramik-Krüge wie der Apostelkrug aus Creußener Steinzeug in der Ausstellung; ein Material, das im 18. Jahrhundert heißt begehrt war, wie Sabine Zehentmeier-Lang erzählt. Und da, wer etwas auf sich hielt wie der Adel auch schönes weißes Geschirr auf dem Tisch stehen haben wollte, waren Fayencen groß in Mode; das heißt also Teller, Tassen, Kannen oder Platten aus weißglasiertem Ton, mit denen man das unerschwingliche Porzellan aus China imitierte. Allerdings wurden Fayencen auch am Markgrafen-Hof sehr geschätzt.
Wild und Fisch
Ebenfalls beliebt auf den Tafeln der Barockzeit waren Wild und Fisch. Die Ausstellung widmet diesem Bereich einen eigenen Raum und fasst das Thema Essen und Trinken etwas weiter, indem sie auch Jagdwaffen zeigt. Denn der Markgraf war ein passionierter Jäger und liebte es besonders, im Revier beim Kaiserhammer auf die Pirsch zu gehen. Bereichert wurde die Jagd-Tafel durch Fische aus dem künstlich angelegten Weißenstädter Fischweiher.
Was diese Ausstellung so besonders erlebenswert macht, ist, dass nicht nur Teller, Krüge und mehr in Vitrinen gezeigt werden. Das ist zwar auch der Fall, aber besonders anschaulich wird die Tafelkultur der Vergangenheit im Fichtelgebirge, wenn sie inszeniert wird. Also, wenn die Geschirre mit all ihren Teilen so präsentiert werden, als hätte – im Biedermeier – die Frau des Hauses oder später – in der Gründerzeit – das Dienstmädchen gerade noch die letzte Tasse zurechtgerückt oder die Kuchen auf der riesigen Etagère arrangiert. Stilvoll ergänzt werden die Ensembles von Möbeln und Bildern aus der jeweiligen Epoche.
Jean Paul und die Hungerjahre
Einen Blick in dunklere Zeiten kann man in dem Raum werfen, der von drei Porträts des Wunsiedler Genies Jean Paul bestimmt wird. In seiner Zeit (1763 bis 1825), dem Klassizismus beziehungsweise der Romantik, ging es phasenweise wenig rosig zu. Jean Paul selbst erlebte gleich zwei Hungersnöte. In jenen Hungerjahren, auch das verschweigt die Ausstellung nicht, wurde Brot aus Rinden und Flechten gebacken, und Brötchen – so es sie überhaupt gab – maßen gerade mal drei Zentimeter im Durchmesser. Damals richteten drei mildtätige Männer im Wunsiedler Spital eine Suppenküche ein, damit die hungernde Bevölkerung wenigsten einmal am Tag etwas Warmes zu essen bekam.
Abgesehen von dieser Zeit der Not erfuhr die Tafelkultur in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen Wandel: Mit dem Biedermeier, als die Menschen sich auf ihr Heim besannen und das Wort „Gemütlichkeit“ Bedeutung bekam, entdeckten sie ihre Vorliebe für Kaffeekränzchen. Die Ausstellung trägt dem Rechnung unter anderem mit verschiedenen Pastetenformen, in denen man damals Mahlzeiten buk, die sich etwas länger hielten. Und noch eine bis heute wichtige Erfindung brach sich damals Bahn: der Guglhupf.
Porzellan statt Zinn, Steinzeug und Fayencen
Mit der Industrialisierung schließlich kam das Bürgertum zu Wohlstand, und statt Zinn, Steinzeug und Fayencen zierte nun feines Porzellangeschirr die Sonntagnachmittags-Kaffeetafel im Fichtelgebirge. Die Ausstellungsmacher unterstreichen das mit einer besonders gelungenen Inszenierung eines Esszimmers, in der auch ein damals hochmodernes repräsentatives Büffett nicht fehlen durfte.
Die Sonderausstellung „So isst das Fichtelgebirge“ ist eine gelungene Zeitreise durch etwa 750 Jahre Tafelkultur. Ergänzt wird die Schau in den kommenden Wochen und Monaten durch eine Vielzahl von Veranstaltungen – Vorträgen, Konzerten und Kursen –, die das Thema vertiefen und weitere Aspekte von Essen und Trinken im Fichtelgebirge zum Inhalt haben. Im Juni dann führt der zweite Teil der Sonderausstellung die Besucher in Bergnersreuth in die Esskultur der Gegenwart und Zukunft.
Die Ausstellung
„So isst das Fichtelgebirge – Geschichten rund um Essen und Trinken“ zu sehen bis 20. November 2022. Das Fichtelgebirgsmuseum ist geöffnet jeweils dienstags bis sonntags und feiertags von 10 bis 17 Uhr. www.fichtelgebirgsmuseum.de.