Neue Spielzeit "Bühne raus" aus dem Theater Hof

Das versammelte Team Foto: Harald Dietz

Für das Ensemble des Theaters Hof hat die neue Spielzeit begonnen – und damit das Hoffen, dass in dieser Saison Pech und Pannen ausbleiben.

 
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Geschnatter, Umarmungen, Händedruck, der Wunsch: „Schöne Spielzeit!“ Für das Team des Theaters Hof – vor und hinter der Bühne – hat die neue Saison begonnen. Das heißt: neue Kolleginnen und Kollegen kennenlernen, alte wiedersehen, Small Talk führen. Intendant Reinhardt Friese hat deshalb zu einem Empfang mit großem Gruppenfoto eingeladen. Da steht sie also, die ganze Mannschaft des Hauses, im Sonnenschein versammelt auf den Steinstufen, die von der Kulmbacher Straße aus hinauf gen Theaterkasse führen – und ist kaum zu bändigen. „Jedes Jahr dasselbe“, sagt Intendant Reinhardt Friese – und schickt rufend – im Scherz – hinterher: „Wer hinten steht, bekommt keine Gage!“

Bei aller Unbeschwertheit dieser Szene gibt es doch so einige Themen, die ihre langen Schatten auf den Optimismus werfen. Denn es heißt darum bangen, dass endlich einmal wieder alles gut wird nach „einer wirklich schlimmen Zeit“, wie es Friese in seiner Rede nennen wird. Die vergangenen beiden Spielzeiten waren für das Haus, wie mehrmals ausführlich berichtet, von einer Häufung an Schicksalsschlägen und Herausforderungen geprägt: ausgefallene Vorstellungen wegen der Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie, die Sanierung mit kaum bespielter Interimsspielstätte und dann auch noch ein gravierender Wasserschaden – und wieder Ausfälle.

Arbeiten gehen gut voran

„Der Lappen muss hoch!“, mit jener inoffiziellen Überschrift würde Friese die nun anstehende Spielzeit gerne versehen. Er sagt es, während er vor einer Kulisse aus Pflasterstein und alter Straßenlaterne steht, die vor dem inneren Auge sofort dichter Londoner Nebel durchwabert. Sie gehört selbstverständlich zur Uraufführung von „Jack the Ripper“ am 17. September, einem Musical, das Frank Nimsgern und Friese selbst über die weltberühmte Mordserie geschrieben haben. Der Stand der Sanierungs- und Reparaturarbeiten sei nach wie vor sehr erfreulich, sodass der Aufführung nichts im Wege stehen dürfte. „Der Proben- und Spielbetrieb kann, wie geplant, vollumfänglich anlaufen“, berichtet der Intendant. Klar gebe es noch Dinge, die nicht funktionieren. Hier und da sei noch Improvisation angesagt – doch damit könne man umgehen.

Publikum mitnehmen

Mehr denn je gelte es nun, das Publikum – wieder – ins Boot zu holen. Mit dieser Spielzeit führt das Theater deshalb auch sein Abonnement-Modell wieder ein, das man zuletzt ausgesetzt hatte. Natürlich habe man hier Einbußen hinnehmen müssen, gibt der Intendant zu. Nicht jeder Abonnent von einst sei zurückgekommen – sicher nicht zuletzt aufgrund der Sorge, sich als Mensch fortgeschrittenen Alters mit Corona zu infizieren. Und natürlich spiele der Blick auf den Kontostand ebenfalls eine wesentliche Rolle bei der Entscheidung, sich eine Theaterkarte zu kaufen. Angesichts der steigenden Lebenshaltungskosten wage er sich deshalb höchstens sehr vorsichtig an Prognosen hinsichtlich der Zuschauerzahlen. Kürzlich habe er sich einen Blockbuster im Kino angesehen – und sei, einen Tag nach Premiere, mit seiner Freundin allein im Saal gesessen. „Es muss wieder normaler, üblicher werden, dass Leute ins Theater, ins Kino, ins Konzert gehen“, betont der Intendant, der sich mit dem von vielen Veranstaltern derzeit ausgegebenen Slogan „Halbvoll ist das neue ausverkauft“ nicht zufrieden geben möchte.

Dennoch ermuntert er seine Schauspielerinnen und Schauspieler: „Wenn Sie hier in den nächsten Monaten stehen, in den Zuschauerraum schauen und sich fragen: ‚Wo sind sie denn alle?’ – dann denken Sie bitte daran, dass man für die Leute spielt, die da sind.“ Er ist überzeugt: „Die Kultur, die wir hier machen, hat eine Zukunft!“ Sie könne die Menschen auch durch ihre Sorgen hindurch begleiten und sei – der Intendant wird es nicht müde zu betonen – eben „kein Elfenbeinturm“.

Theater unterwegs

Das zeigt sich laut Friese gerade auch an der vergangenen Saison: über 400 Vorstellungen habe man da gespielt – trotz Wasserschaden, Sanierung und Pandemie. „In normalen Spielzeiten haben wir oft regulär nur 340, 350 Vorstellungen“, ordnet er ein. Über 200 davon habe das Junge Theater, die vierte Sparte des Hauses neben Schauspiel, Musiktheater und Ballett, gespielt – nicht nur im Theater selbst, sondern auch in Schulen, Kindergärten und an verschiedenen anderen Orten. „Es hat sich also gelohnt, diese Sparte ins Leben zu rufen“, resümiert der Intendant. „Ohne sie hätten wir nicht die Präsenz in der Öffentlichkeit halten können.“

Im Sommer 2023 wird das Theater Hof Teil der Initiative „Bühne raus!“ sein und die Freilichtbühne, die eigens auf dem Hofer Strauß-Areal aufgebaut wird, bespielen. „Ich finde, das ist ein tolles Zeichen der Politik und eine großartige Gelegenheit, den Menschen in der Stadt und des Umlands noch mal ganz neu nahe zu kommen und Lust auf Kultur zu machen!“, betont Friese.

Neuanfang auf der Hofer Bühne

Nicht nur das Theater als solches muss in dieser Spielzeit in mancherlei Hinsicht neu anfangen – sondern auch viele der Mitarbeiter, die nun neu an Bord sind. Friese begrüßte sie alle einzeln und stellte sie dem Team vor. Darunter unter anderem die neue, erst 27 Jahre alte Chordirektorin Lucia Birzer, die direkt nach dem Masterstudium in Hof – nach einem Auslandssemester in Stockholm – ihre erste Anstellung antritt. „Ich bin dankbar für die Stabilität, die eine Festanstellung in diesen Zeiten bietet. Für Freiberufler war es in den vergangenen zwei Jahren noch schwerer“, erzählt sie im Gespräch mit unserer Zeitung. Praxiserfahrung sammeln habe sie im Studium viel zu selten können – der potenziell virusbehafteten Aerosole wegen. Das werde sie in Hof nun nachholen. Teile des Teams habe sie schon kennenlernen dürfen. Nun habe sie ganz viel Lust auf ihre neue Herausforderung, Tag für Tag mit einem festen Chor zu arbeiten. Auch nach einer schwierigen Zeit für Kunst und Kultur scheint ihr Optimismus ungebrochen.

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