Neustart im Januar Fliegender Wechsel in Apotheke Nagel

Bürgermeister Helmut Voit (rechts) ist froh, mit Tizian Welisch (Zweiter von links) Foto: /Christian Schilling

Mit der Geschäftsübergabe geht in Nagel die 37-jährige Ära von Marianne Schricker-Hager zu Ende. Ab Januar übernimmt Tizian Welisch die Versorgung der Bevölkerung mit Medikamenten.

 
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Immer mehr Apotheker in Bayern finden keinen Nachfolger, dabei ist die Versorgung in den Regionen mit Apotheken genauso wichtig wie mit niedergelassene Arztpraxen. Ganz anders in der Gemeinde Nagel. Dort folgt am 2. Januar Tizian Welisch auf Apothekerin Marianne Schricker-Hager, die nach 37 Jahren in den Ruhestand geht – wenn auch schweren Herzens.

Am Tag, als Bürgermeister Helmut Voit den neuen Apotheker Welisch begrüßt und gleichzeitig Marianne Schricker-Hager verabschiedet, geht es im Geschäft zu wie im viel zitierten Taubenschlag – die Kunden geben sich die Klinke quasi in die Hand. Kein Wunder, wie Dieter Hager, der Mann von Marianne, sagt: „Heuer ist das beste Jahr in der Firmengeschichte.“ Heißt, seit 1985, als Schricker-Hager vom seinerzeitigen Nagler Bürgermeister Karl Pfauntsch auf ein Interesse an einer Apothekengründung angesprochen wurde. Der Kontakt zu Pfauntsch kam durch ihren Vater zustande, der, wie sie sagt, ehemals Bürgermeister in Raumetengrün war.

Studium in Regensburg

Ihr Pharmaziestudium hatte Marianne Schricker-Hager in Regensburg absolviert und das daran anschließende Berufspraktikum in Nürnberg. Als approbierte Pharmazeutin zog es sie dann zurück in ihre oberfränkische Heimat. Dort übernahm sie Vertretungstätigkeiten in mehreren Apotheken. Im Alter von nur 27 Jahren ergriff sie schließlich die Chance, gemeinsam mit dem praktischen Arzt Karl Schaller im damals neu errichteten Gebäude der Raiffeisenbank in die Selbstständigkeit zu starten. Pioniergeist, Fleiß und vor allem Einfühlungsvermögen in ihre Kunden hätten es ihr ermöglicht, als Unternehmerin schnell Fuß zu fassen. Die anfängliche Ungläubigkeit der Bevölkerung, ob denn eine so junge Apothekerin dieses Metier stemmen könne, habe sich schnell gelegt.

Seit dieser Zeit hat Marianne Schricker-Hager ihre Mitarbeiterinnen selbst ausgebildet und zu beruflichen Weiterqualifizierungen ermuntert. Die hervorragende Zusammenarbeit mit der Arztpraxis im gleichem Hause über die Jahrzehnte hinweg sei eine weitere Grundlage für den Erfolg ihrer Apotheke gewesen.

Und ihr Mann Dieter ergänzt: „Meine Frau ist auch heute noch mit viel Herzblut bei der Sache.“ Deshalb sei es eine harte Entscheidung gewesen, jetzt den Absprung zu schaffen. Dazu habe es zuhause viele Diskussionen gegeben, sagt das Ehepaar unisono. Denn auch Ehemann Dieter war als Fahrer des Lieferdienstes involviert.

Nach Bayreuth

Mit der Apotheke gibt das Ehepaar auch den Wohnsitz in Nagel auf und zieht nach Bayreuth. Der Wegzug habe aber nichts damit zu tun, dass es dem Paar in Nagel nicht gefallen würde. Vielmehr wollten beide nun erst einmal etwas Abstand zum Arbeitsalltag gewinnen und das kulturelle Leben in der Wagnerstadt genießen. „Wir waren immer ein Teil von Nagel“, sagt die scheidende Apothekerin. Schließlich hätten sie hier auch ihre Kinder großgezogen. Und dem Umzug gewinnen beide noch etwas Oositives ab: Das Haus in Nagel vermieten sie an eine junge Familie mit drei kleinen Kindern. Der Ort verliere also nicht zwei Einwohner, sondern gewinne drei neue hinzu.

Ins neue Jahr will das Ehepaar am heutigen Silvesterabend bereits in Bayreuth hineinfeiern. Es seien allerdings einige Vorbereitungen dazu nötig gewesen. „In einer Zeit häufiger Apothekenschließungen gerade auch in unserer ländlichen Region ist die Gewinnung junger Leute für eine Unternehmensnachfolge keine Kleinigkeit“, blickt die promovierte Pharmazeutin zurück. Für eine Apotheke gewinne man heutzutage nur dann Nachfolger, wenn man eine überzeugende betriebswirtschaftliche Bilanz und eine langfristig positive Standortperspektive anbieten könne. Genau dies sei ihr mit ihrem Team gelungen: Ihre Apotheke über die Jahre so stark zu machen, dass sogar mehrere Nachfolgeaspiranten gefunden werden konnten und dass das Unternehmen schließlich auch einer professionellen Wirtschaftlichkeitsprüfung auf Käuferseite standhielt. Den ersten Kontakt habe Bürgermeister Voit im Sommer 2021 hergestellt.

Aus der Region

„Es war mir von Anfang an eine Herzensangelegenheit, eine Nachfolgelösung zu finden“, betont der Rathauschef, der dem scheidenden Ehepaar mit einem Bild den Abschied versüßte – selbstverständlich mit dem Nagler See als Motiv. Mit Blick auf die erst kürzlich geschlossene Apotheke in Neusorg sagte Voit, es sei gar nicht hoch genug einzuschätzen, mit Tizian Welisch und seiner Frau Mona so schnell Nachfolger gefunden zu haben, zudem habe nichts Besseres passieren können, als einen Nachfolger zu finden, der auch noch aus der Region komme. Dem neuen Apotheker machte der Bürgermeister die Gemeinde noch einmal schmackhaft und verwies unter anderem auf die „gute Infrastruktur“ in Nagel. Zudem gebe es derzeit einen mobilen Krankenpflegedienst der Caritas; eine Tagespflege im ehemaligen Gasthaus „Goldener Löwe“ sei derzeit in der Umsetzung. Zur Begrüßung gab es von der Gemeinde ein Willkommensgeschenk aus dem Kräuterladen sowie eine Kräuterführung.

„Es wird im besten Sinne weitergehen“, versprach Tizian Welisch – und das bereits ab dem 2. Januar. Seine Frau Mona stoße im März dazu, dann sei auch eine Eröffnungsfeier geplant. Obwohl Welisch jetzt schon sagt: „Wir sind gut angekommen!“

Das letzte Wort hatte aber, mit Blick in die Runde, die scheidende Apothekerin Marianne Schricker-Hager: „Das haben wir alle gut gemacht.“

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