Tragödie in Oberhof Bob-Todesfahrt schockiert Thüringen

, aktualisiert am 24.02.2023 - 15:37 Uhr

Die tödliche Freizeit-Bobfahrt im  Oberhofer Eiskanal sorgt für Trauer und Entsetzen in Thüringen. Wie das tragische Unglück einen Monat nach der Rennrodel-WM auf der topmodernen  Bahn passieren konnte, ist völlig unklar.

 
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Einen Tag nach dem tödlichen Unglück auf der Oberhofer Bobbahn ist unklar, wie es zu dem Zusammenprall hatte kommen können. Ein Gäste-Viererbob war am Donnerstagabend im Zielauslauf der WM-Bahn in voller Fahrt auf eine Gruppe von Touristen geprallt, die dort auf zwei luftgefüllten Schlauchringen saßen, mit  denen Gäste ebenfalls den Eiskanal hinunterfahren können. Dabei wurde ein 45-Jähriger so schwer verletzt, dass er im Krankenhaus starb. Eine 41-jährige Schlauch-Fahrerin wurde lebensbedrohlich verletzt.

„Offensichtlich befanden sich sowohl ein Viererbob als auch ein Doppel-Schlauchring  aus bislang ungeklärter Ursache gleichzeitig in der Bahn. Im Auslaufbereich prallten diese aufeinander“, teile die Polizei mit. Mit einer Ampelanlage und  Sicherheitspersonal am Ein- und Ausstieg ist normalerweise sichergestellt, dass sich immer nur ein Gefährt im Eiskanal  befindet. Den Ermittlern liegt  das Video eines Augenzeugen vor, der den Start des Bobs filmte. Darauf ist zu sehen, dass die Ampel beim Start des Bobs auf Grün stand. Warum sich trotzdem unterhalb davon Ice-Tuber auf den Weg machten? Zu dieser Frage ermitteln nun Kripo und Staatsanwaltschaft, ein Gutachter soll den Hergang rekonstruieren, weshalb sich alle Beteiligten am Freitag in Schweigen hüllten.

In dem Viererbob saßen keine gewöhnlichen Touristen, sondern drei  Politiker aus dem Linken-Umfeld und  ausgerechnet  aus dem  Bereich des für die Bobbahn mit zuständigen  Thüringer Infrastrukturministeriums, die  persönliche Bezüge zum WM-Standort Oberhof haben: Staatssekretär Torsten  Weil (52) als Bremser auf dem Hintersitz, davor als weitere Passagiere eine 43-jährige Ministeriumsmitarbeiterin, die auch Linke-Stadträtin in Halle/Saale ist, sowie der Leiter des Forstamts Oberhof, der zuvor Büroleiter von Ministerin Susanna Karawanskij (Linke) war. Weil ist Vizepräsident des Thüringer Bob- und Rennrodelverbands TSBV, die Mitarbeiterin hatte bei der Rodel-WM Ende Januar als Freiwillige mitgeholfen. Weil war seinerseits einst Bürochef von Ministerpräsident Bodo Ramelow. Gesteuert wurde der Bob laut TSBV von einem ehemaligen Profi-Wintersportler, der anonym bleiben möchte und sich inzwischen einen Anwalt genommen hat. Zwei der Bob-Insassen waren leicht verletzt worden.

Gästebob- und Schlauchring-Vergnügungsfahrten können von jedermann gebucht werden. Der Bobpilot ist immer ein Profi, während die Schläuche individuell gefahren werden dürfen.  Der Gästebob erreicht Geschwindigkeiten von bis zu 100 Stundenkilometern. Die Todesfahrt von 18.40 Uhr  war der dritte von acht geplanten Durchgängen an diesem Abend. Der Gästebob war eigens bestellt worden, um damit engagierte Unterstützer des  Oberhofer Bobclubs BRC Thüringen  zu belohnen. Etliche Zuschauer wurden Augenzeugen des Unfalls.

Auf der Rennrodelbahn wird die Saison nun vorzeitig beendet, für Freitag geplante Wettkämpfe und der Trainingsbetrieb fallen somit ebenso aus wie eine geplante Eiskanalparty und alle Gästefahrten. Der Unfall ereignete sich wenige Tage nach Abschluss der umjubelten Doppel-WM im Rodeln und im Biathlon. Im Eiskanal hatten die deutschen Rennrodler Ende Januar acht Goldmedaillen geholt. Für die WM war die Anlage  für  40  Millionen Euro und mit kräftiger Landes-Hilfe   modernisiert und erst im November übergeben worden.

„Da ist grundlegend etwas schiefgelaufen“

Eigentümer und Betreiber der Bahn ist der Zweckverband Thüringer Wintersportzentrum Oberhof (TWZ). Man werde „vollumfänglich und mit voller Transparenz mit den Ermittlungsbehörden zusammenarbeiten, um diesen Unglücksfall aufzuklären“, sagte TWZ-Vorsitzender und Finanzstaatssekretär Hartmut Schubert. Oberhofs Bürgermeister Thomas Schulz sagte, wenn geklärt sei, ob menschliches  oder  technisches Versagen verantwortlich sei, würden Lehren daraus gezogen. „Ich kann das nicht fassen und habe tiefes Mitleid“, so Schulz. „Da ist grundlegend etwas schiefgelaufen.“ Beileidsbekundungen kamen auch von Ministerpräsident Ramelow und Infrastrukturministerin   Karanwanskij.  Es ist der erste tödliche Unfall mit Freizeitgästen im Eiskanal. Auf der 1971 eröffneten  Rodelbahn gab es schon Tote, aber nie in Rennen oder unter Touristen.

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