Ebenso fordert er mehr Respekt in der Gesellschaft. Das bedeutet für ihn: „Anerkennung für alle Berufe“. Ein kurzer Einblick in seine Vita: „Ich bin ja in einer großen Stadt aufgewachsen, war Rechtsanwalt, mir ging’s super.“ Darüber dürfe man aber nie die Leistung des Handwerkers vergessen. Für eine bessere, gerechtere Bezahlung wolle er sich einsetzen. Mindestlohn, Tarifverträge – die Schlagworte fallen nahezu automatisch.
Es dauert relativ lange, bis Scholz auf das Thema zu sprechen kommt, das diesen Wahlkampf zu bestimmen scheint. Das Thema, bei dem die Unterschiede zwischen ihm und Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne) wohl am deutlichsten werden: „Wir müssen den von Menschen gemachten Klimawandel aufhalten.“ Das will der SPD-Kandidat mit dem Ausbau erneuerbarer Energien schaffen. „2045 wollen wir klimaneutral wirtschaften.“ Und er fügt hinzu: „25 Jahre, das ist eine verdammt kurze Zeit.“ Immerhin habe Deutschland 200 Jahre auf Kohle, Gas und Öl gesetzt. „Mein Versprechen lautet: Wir packen das sofort an!“
An dieser Stelle plaudert Scholz etwas aus dem Regierungs-Nähkästchen. Die Industrie sei bereit für Strom aus erneuerbaren Energiequellen. Dazu müssen man diesen Strom aber produzieren. „Der Altmaier“ sei im Sommer in einer Pressekonferenz gesessen und habe sich schließlich doch dazu durchgerungen, dass es mehr erneuerbare Stromproduktion brauche. Scholz schließt daraus: „Leuten, die die wichtigste Herausforderung nicht begriffen haben, darf man nicht die nächste Regierung anvertrauen.“ Erstmals unterbricht tosender Beifall seine Rede. Ein bisschen Attacke wollen die Anhänger schon gerne hören.
„Zukunftsgespräche“ nennt sich die Wahlkampftour des SPD-Kanzlerkandidaten. Deshalb sieht die Regie Fragen aus dem Publikum vor. Ein 15-Jähriger beschäftigt sich schon jetzt mit dem Bafög, verweist auf „ewig lange Anträge“ und kurze Rückzahlungsfristen. Scholz gibt ihm recht: „Die Ausbildungsförderung muss besser werden.“ Mehr Jugendliche müssten die Möglichkeit erhalten, an diese Förderung zu kommen. Ein anderer Fragesteller fordert Scholz auf, er solle doch Laschet einmal sagen, dass dieser eine Koalition mit der AfD ausschließen solle. „Wir kämpfen gegeneinander“, sagt Scholz zunächst, „aber man muss auch so fair sein: Das hat er ausgeschlossen.“ Eine Zusammenarbeit mit der AfD schließt Scholz ebenfalls aus – zur Linken sagt er an diesem Abend nichts.
Eine Stunde steht Scholz auf der Bühne, wirkt ruhig und konzentriert. Danach sucht er zwar coronabedingt nicht das Bad in der Menge, steht aber für Fotos zur Verfügung. Weiter geht’s nach Nürnberg. Der nächste Auftritt am Sonntagmorgen.