Opferhilfe Weißer Ring sucht Mitarbeiter

Silke Meier
Seit 2015 betreut Konrad Schmidling im Gebiet Hof-Wunsiedel ehrenamtlich Opfer von Gewalt und Kriminalität. Foto: Silke Meier

Der Verein setzt sich für Menschen ein, die von Straftaten betroffen sind. Konrad Schmidling kümmert sich um die Landkreise Wunsiedel und Hof. Helfer sind gerne gesehen.

 
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Konrad Schmidling steht am Aktenschrank und streift mit der Hand an den Ordnern entlang. 2015 beschriftete er den ersten. Damals begann der Selber als ehrenamtlicher Regionalleiter beim Weißen Ring, Außenstelle Hof-Wunsiedel. Zusammen mit zwei ebenfalls ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen hilft das Trio Opfern, die von Kriminalität betroffen sind. 140 Kilometer habe das Gebiet etwa im Radius. „Wir bearbeiten Fälle von Nordhalben, Kronach, bis in die Oberpfalz, aus Sachsen und aus Thüringen“, sagt Schmidling.

Vertrauen trotz Distanz aufbauen

Vor acht Jahren habe er sich für das Ehrenamt entschieden, weil er „etwas Gutes tun wollte“. Beim Weißen Ring habe er das Grundseminar besucht und sich mit den ersten Fällen vertraut gemacht. „Es brauchte einen, der sich vorne hinstellt. Und den hat der Schmidling gemacht“, sagt er über sich. Weltgewandt, sachverständig, ruhig und mit einer Art, die es leicht macht, trotz professioneller Distanz schnell Vertrauen zu fassen. „Das ist das A und O“, sagt der Diplom-Ingenieur, der in Sachen Keramik die Welt bereist und kennengelernt hat. Vertrauen aufbauen zu Frauen, die häusliche Gewalt oder sexuellen Missbrauch erfahren haben, gelinge in Gesprächen. Mit Mandanten treffe er sich zumeist am neutralen Ort. Doch während Corona war das nicht möglich. „Corona war ein Gefängnis“, sagt Schmidling.

Meist Frauen und Kinder betroffen

95 Prozent der Hilfesuchenden seien Frauen und Kinder, und die Taten mitunter „ordentliche Hausnummern“. Schmidling kennt die Fälle, die unter jeglicher menschlichen Würde sind. Seiner Beobachtung nach werden die Hemmschwellen niedriger, die Opfer jünger und die verlässlichen Werte wie Ehre und Anstand weniger. „Alkohol und Drogen spielen eine entscheidende Rolle“, weiß der lebenserfahrene Regionalleiter und „die Verrohung geht mit ungebremster Geschwindigkeit voran“. Es sei nur „die Spitze des Eisberges“, die von Mitarbeitern des Weißen Ring bearbeitet werde. Aus Angst oder Scham, im Haus, in der Familie und im Umfeld, suchten manche Opfer eben nicht nach Unterstützung. Wer sich an den Weißen Ring wendet wird begleitet, um bei der Polizei Anzeige zu erstatten sowie bei der Auswahl von Therapeuten und Anwälten. „Es geht um Opfer von Straftaten“, macht Konrad Schmidling klar. Die Mehrzahl der ehrenamtlichen Mitarbeiter sei weiblich, einige seien pensionierte Polizeibeamte.

Beim Erstkontakt ist Fingerspitzengefühl gefragt. „Lieber einmal fünf Minuten feige sein, zuhören und überlegt handeln.“ Schmidling verlässt sich auch auf seine Intuition und auf Erfahrungen, die er in fremden Ländern machte. „Wir brauchen uns nichts vormachen, es gibt kulturelle Unterschiede, und manche ticken anders.“ Jedoch werde kein Fall bearbeitet, ohne das O.K. eines Opfers. Okay bedeutet, das Opfer schreibt handschriftlich die Tat auf einem Erfassungsbogen nieder.

Hilfe unter 01515/5164751

Schmidling deutet an, wie sensibel und taktisch klug gearbeitet werden muss: „Ich habe mich auch schon in einem Supermarkt mit einem Opfer getroffen, weil das ein neutraler und gut frequentierter Ort ist.“ Bis zu 400 Schicksale hat Schmidling in den Ordnern gesammelt. 400 Mal den Opfern Empfehlungen ausgesprochen und sie bei den Schritten in ein sicheres und eigenständiges Leben unterstützt.

Wer beim Weißen Ring mitarbeitet, kann regelmäßig an überregionalen Schulungen teilnehmen. Wer sich angesprochen und der verantwortungsvollen Aufgabe gewachsen fühlt, kann mit Konrad Schmidling Kontakt aufnehmen. Unter der Telefonnummer 01515/5164751 steht er Betroffnen und möglichen Helfern zur Verfügung.

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